"Anne Will" zur US-Wahl Trump abwählen allein, reicht nicht!

Von Mark Stöhr
Die Runde bei "Anne Will" war vor allem eines: erleichtert, dass die Amtszeit von Donald Trump endet
Die Runde bei "Anne Will" war vor allem eines: erleichtert, dass die Amtszeit von Donald Trump endet
© Wolfgang Borrs/NDR / stern
Heiko Maas und Armin Laschet diskutieren bei "Anne Will" über den Ausgang der US-Wahl und zeigen sich vor allem: erfreut und erleichtert. Ein Parteifreund Trumps ist da schon weiter und zeichnet ein weitaus differenzierteres Bild der Lage.

"Herr Maas, wir hören Sie ganz schlecht." Der Außenminister saß im Homeoffice in Brandenburg und hatte mieses Netz. Das war ein gutes Sinnbild für seine bisherige Amtszeit, die ja nicht gerade von Hörbarkeit und durchschlagenden Initiativen geprägt ist. Ob er und die Regierung mit ihrer unverhohlenen Freude über den Wahlausgang nicht 71 Millionen Trump-Wählern auf die Füße treten und den Versöhnungsprozess damit erschweren würden, fragte Anne Will. "Ach", schepperte es aus der glasfaserlosen Provinz, "machen Sie uns mal nicht wichtiger, als wir sind."

Zu Gast bei "Anne Will" waren:

  • Klaus Brinkbäumer, Journalist, Buchautor und ehemaliger US-Korrespondent
  • Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen
  • Heiko Maas (SPD) Bundesaußenminister
  • Hedwig Richter, Professorin für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität der Bundeswehr München
  • Peter Rough, US-Politikberater am Hudson Institute Washington D.C. und Mitglied der Republikanischen Partei
  • Al Sharpton, US-Bürgerrechtler und Pastor
  • Lora Anne Viola, US-Professorin am John-F.-Kennedy-Institut für Nordamerikastudien an der Freien Universität Berlin

"Wir werden einen geordneten Übergang erleben"

Zwei Fragen standen im Zentrum des Sonntagabend-Talks: Können Joe Biden und Kamala Harris eine bis ins Mark zerrissene und polarisierte US-Gesellschaft wieder zusammenbringen? Und, klar: Wie kriegt man Trump aus dem Weißen Haus?

Wie bei Nixon 1974, sagte der Journalist und USA-Insider Klaus Brinkbäumer, müsste eine Delegation hochrangiger Republikaner beim Präsidenten vorstellig werden und ihm klar machen: Es ist vorbei. Peter Rough, ehemaliger Berater von George W. Bush und selbst Mitglied der Republikanischen Partei, entgegnete, das werde nicht nötig sein. Wichtige Partei-Player wie Senatsführer Mitch McConnell hätten das Wahlergebnis bereits anerkannt. Man gäbe Trump noch Zeit, vor Gericht zu ziehen, aber irgendwann sei dieser Prozess abgewickelt. Rough zuversichtlich: "Wir werden am 20. Januar einen friedlichen, geordneten Übergang erleben."

Armin Lachet, der als Regionalpolitiker wenig internationale Expertise in das Gespräch einbringen konnte, feierte Biden als Mann der Mitte. "Damit ist die These widerlegt, dass sich überall auf der Welt Leute wie Trump oder Bolsonaro durchsetzen." Doch das Wahlergebnis ist komplexer, als es die politische Öffentlichkeit diesseits des Atlantiks in ihrer momentanen Erleichterung vielleicht wahrhaben will. Denn die Konservativen haben trotz ihrer Niederlage ordentlich abgeräumt, auch in Wählerschichten, die nicht zu ihrer traditionellen Klientel gehören. "Die Republikaner", so Peter Rough, "entwickeln sich zu einer multi-ethnischen Arbeiterpartei – und inszenieren sich als Bollwerk gegen nicht demokratisch legitimierte Machtkonzentrationen wie Hollywood, das Silicon Valley, Universitäten, die Finanzwelt und die großen Medienhäuser."

Medien als Brandbeschleuniger

Eben jenen Medien maß Klaus Brinkbäumer eine große Verantwortung für die Polarisierung zu, die bereits in den 1960er Jahren eingesetzt habe. Vor allem die "Ein-Personen-Shows" zur Primetime, in denen der politische Gegner vor allem denunziert werde, vergifteten das Klima. "Hass verkauft sich blendend" – und das gelte für konservative wie liberale Medien gleichermaßen. Brinkbäumer: "Hören die damit jetzt auf? Sagen die, jetzt werden wir milder, etwas faktengetreuer – ich habe da meine Zweifel."

Auf Biden und Harris kommt also eine "Herkulesaufgabe" zu, wie Heiko Maas aus seinem Brandenburger Funkloch morste. Doch der künftige Präsident sei so erfahren, dass er ihm eine solche Versöhnung zutraue. Für den Republikaner Rough ist dafür entscheidend, dass Biden einen gemäßigten Kurs fährt, der auch das konservative Lager mitnehme. "Das war keine Pro-Biden-, sondern eine Anti-Trump-Wahl."