Im Jemen sind am Donnerstag zehntausende Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die Regierung von Präsident Ali Abdullah Saleh zu demonstrieren. In der Hauptstadt Sanaa versammelten sich rund 20.000 Regime-Gegner zu einem "Tag des Zorns". Ihnen gegenüber standen etwa genauso viele Anhänger Salehs, der das ärmste Land auf der arabischen Halbinsel seit mehr als 30 Jahren im autokratischen Stil führt.
Auch in anderen Landesteilen fanden Kundgebungen statt. In Aden wurden Regierungsgegner von Sicherheitskräften daran gehindert, sich einigen tausend Demonstranten im Zentrum anzuschließen. Berichte über Ausschreitungen gab es zunächst nicht.
Die Opposition vermutet, dass der Staatschef sein Amt an seinen Sohn Ahmed übergeben will. Saleh ist seit 1978 im Jemen an der Macht. 1999 und 2006 wurde bei Wahlen als Staatschef bestätigt. Seine Amtszeit läuft regulär 2013 aus.
Jemen bewegt sich am Rande des Zerfalls
Die Proteste im Jemen orientierten sich an den Demonstrationen in Ägypten, bei denen zuletzt rund eine Million Menschen die Ablösung von Staatschef Husni Mubarak gefordert hatten. Saleh hatte am Mittwoch unter dem Druck der Proteste angekündigt, nicht bei der nächsten Präsidentenwahl 2013 anzutreten und auch seinen Sohn nicht ins Rennen zu schicken.
Ursprünglich hatte die Opposition auf dem zentralen Tahrir-Platz demonstrieren wollen, der den gleichen Namen trägt wie der Ort der Proteste in Ägyptens Hauptstadt Kairo. Nachdem die Regierungsanhänger den Platz aber in den frühen Morgenstunden besetzt hatten, verlegte die Opposition den Ort der Demonstration - offenbar um blutige Zusammenstöße wie in Kairo zu vermeiden. Zu den Kundgebungen wurden im Laufe des Tages hunderttausende Teilnehmer erwartet.
Opposition an verschiedenen Fronten
"Das Volk will einen Regime-Wechsel", riefen Demonstranten in der Nähe der Universität von Sanaa. "Nein zur Korruption, Nein zur Diktatur!" Anhänger von Saleh wurden Augenzeugen zufolge mit Bussen zum Schauplatz der Kundgebung gekarrt. Sie skandierten: "Ja zum Präsidenten, Nein zum Chaos!"
Der Jemen ist seit langem von Instabilität gekennzeichnet. Das Land ist ein wichtiger Verbündeter der USA im Kampf gegen die al Kaida. Das Land muss sich eines Ablegers der Extremistenorganisation erwehren und hat es mit schiitischen Rebellen im Norden sowie separatistischen Bestrebungen im Süden zu tun. Ein Drittel der Bevölkerung sind chronisch unterernährt, 40 Prozent der Jemeniten müssen mit weniger als zwei Dollar den Tag auskommen.