Alternativer EU-Währungsfonds Bitte nicht zum IWF!

Die griechische Schuldenkrise beschäftigt die Europäische Union. EU-Diplomaten wollen am morgigen Dienstag über mögliche Vorgehensweisen gegen eine Destabilisierung der Eurozone beraten. Zur Diskussion steht ein EU-Währungsfonds.

Der Schock sitzt tief. Seit Wochen versuchen die Europäer, die griechische Schuldenkrise einzudämmen. Ein erster Erfolg ist erreicht, so brachten die Griechen erfolgreich eine neue, milliardenschwere Staatsanleihe unter.

Jetzt geht es darum, Konsequenzen zu ziehen, eine neue Etappe beginnt. Und damit auch das Nachdenken in Brüssel, wie gefährliche Schockwellen dieser Art künftig vermieden werden können. Keine Krise erschütterte seit 1999 das gemeinsame Euro-Währungsgebiet so wie das Athener Schuldenfiasko.

Gut kam in der Europahauptstadt der Vorstoß von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zu einem Europäischen Währungsfonds an. Der CDU-Politiker will damit "die innere Statik der Euro-Zone" stärken. Bisher galten die Deutschen als die größten Bremser bei Nothilfen für wackelnde Eurostaaten - nun deute sich in der Bundesregierung ein Umdenken an, resümierten EU-Diplomaten.

Wir müssen die Lehren aus der derzeitigen Krise ziehen

Auch der stille EU-Währungskommissar Olli Rehn, der in der vergangenen Woche mit tiefen Sorgenfalten aus Athen zurückkam, freut sich über durchdachte Debattenbeiträge aus den EU-Hauptstädten. "Wir müssen die Lehren aus der derzeitigen Krise ziehen", lautet das Motto des bedächtigen Finnen. Er will - wohl bis zum Sommer - ein neues "Hilfsinstrument" für klamme Eurostaaten vorschlagen.

Ist das der Europäische Währungsfonds? "Es wäre verfrüht, das zu sagen", meint Rehns Sprecher vorsichtig. "Wir sind noch in ersten Diskussionen." Rehn will die übrigen EU-Kommissare am Dienstag in Straßburg über Griechenland informieren. Es ist aber fraglich, ob die mächtige EU-Behörde schon einen neuen Kurs zur Krisenvorbeugung vorgibt.

Zu einem neuen Hilfsmechanismus für Eurostaaten - ob Währungsfonds oder etwas anderes - hält man sich bei der Kommission bisher sehr zurück. Nur eins ist schon deutlich: Eine Unterstützung soll an strikte Bedingungen gebunden werden. Eine könnte lauten: Bitte nicht zum IWF gehen.

Der Aufbau eines Währungsfonds würde sicherlich so lange dauern, dass der akute Fall Griechenland damit nicht gelöst werden könnte. Juristen geben auch zu bedenken, dass für einen Währungsfonds die EU- Verträge geändert werden müssten - ein kompliziertes und zeitraubendes Unterfangen. Völlig ungeklärt ist, wer in den Fonds einzahlen soll und wie viel Mittel er braucht.

Umstritten ist unter Spitzenökonomen überhaupt, ob ein solches Instrument sinnvoll ist. Einige sind der Auffassung, dass der Aufbau einer weiteren Institution mühsam und langwierig ist. Die EU-Staaten sollten lieber für neue Griechenland-Anleihen eine Ausfall-Garantie geben.

Die Idee eines eigenen Währungsfonds ist nicht neu. Die einflussreiche Brüsseler Denkfabrik Centre for European Policy Studies (CEPS) ist schon länger dafür. Nach deren Ansicht ist Handeln notwendig, denn bisher gibt es keinen Mechanismus, um Euro-Staaten mit Zahlungsproblemen aus der Patsche zu helfen.

Nehmen wir an, Griechenland bekommt Geld vom IWF, und das reicht nicht aus ...

Dem Institut geht es vor allem darum, dass die Euro-Länder unabhängig vom Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington werden. "Nehmen wir an, Griechenland bekommt Geld vom IWF, und das reicht nicht aus", gibt CEPS-Leiter Daniel Gros zu bedenken. "Dann kommen die Euro-Länder immer wieder in die Situation, dass sie helfen müssen, weil sonst die Finanzmärkte abstürzen, egal ob es vorher ein IWF-Programm gab oder nicht."

Und dann gibt es noch den Euro-Stabilitätspakt. Er bewahrte das gemeinsame Währungsgebiet nicht vor der griechischen Schuldenkatastrophe. Wird er künftig überflüssig, wenn Eurostaaten auf Finanzspritzen eines eigenen Währungsfonds setzen können? Auch diese Frage bleibt offen. Der Fall Griechenland bewegt nicht nur die Finanzmärkte. Er erschüttert auch das institutionelle Gefüge der noch jungen europäischen Währungsunion.

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Christian Böhmer, DPA