Im Norden Afghanistans sind drei deutsche Soldaten ums Leben gekommen. Nach ersten Darstellungen wurden sie getötet, als sie während eines Gefechtes mit den radikal-islamischen Taliban bei einem Ausweichmanöver mit ihrem Transportpanzer vom Typ "Fuchs" in einen Graben stürzten. Ein Sprecher der Nato-Schutztruppe Isaf sagte dagegen, die deutschen Soldaten seien bei einem Unfall ums Leben gekommen.
Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hatte zuvor den Tod der 21 und 23 Jahre alten Bundeswehrangehörigen bestätigt. Die aus Zweibrücken (Rheinland-Pfalz) und Bad Salzungen (Thüringen) stammenden Soldaten starben laut Jung, nachdem ihr Panzer in einen Wassergraben gerutscht, umgekippt und auf dem Dach liegen geblieben war. Zwei der Soldaten konnten den Panzer offenbar nicht schnell genug verlassen und starben in dem Gefährt, der dritte erlag später auf dem Weg ins Krankenhaus seinen Verletzungen, hieß es in Berlin. Über die genaue Todesursache wurde bisher nichts mitgeteilt. Wiederbelebungsversuche zweier Arzttrupps vor Ort seien erfolglos gewesen. Drei weitere Soldaten seien verletzt worden und würden im Lager Kundus medizinisch behandelt.
Bundeswehr-Opfer in Afghanistan
Mit den jüngsten Opfern hat sich die Zahl der in Afghanistan getöteten Bundeswehr-Soldaten auf 35 erhöht. Eine Chronik:
28. April 2009:
Ein deutscher Soldat wird in einem Hinterhalt nahe Kundus getötet.
20. Oktober 2008:
Bei einem Selbstmordanschlag auf eine Patrouille nahe Kundus durch die Taliban werden zwei Soldaten getötet.
27. August 2008:
Bei einem Anschlag auf eine Patrouille südlich von Kundus wird ein Soldat getötet, drei werden verletzt.
6. August 2008:
Bei einem Selbstmordanschlag in der Nähe von Kundus werden zwei Soldaten schwer, ein weiterer leicht verletzt.
15. August 2007:
Drei deutsche Polizisten sterben, als sie auf dem Weg zu einem Training nahe Kabul auf einen Sprengsatz fahren. Ein weiterer wird verletzt.
19. Mai 2007:
Bei einem Selbstmordanschlag auf einem belebten Markt in Kundus werden drei Soldaten getötet. Fünf weitere und ein afghanischer Übersetzer werden verletzt.
14. November 2005:
Bei einem Sprengstoffanschlag auf ein deutsches Isaf-Fahrzeug in Kabul werden ein Soldat getötet und zwei verletzt.
29. Mai 2003:
Ein Soldat stirbt und ein weiterer wird verletzt, als sie auf eine Mine fahren.
7. Juni 2003:
Ein Selbstmordkommando greift einen Konvoi auf dem Weg zum Flughafen in Kabul an. Vier deutsche Soldaten kommen ums Leben und 29 werden verletzt.
21. Dezember 2002:
Beim Absturz eines Hubschraubers über Kabul kommen sieben deutsche Soldaten ums Leben.
6. März 2002:
Zwei deutsche und drei dänische Soldaten sterben beim Entschärfen einer sowjetischen Flugabwehrrakete in Kabul.
Nachdem sich die radikal-islamischen Taliban offiziell zu dem Angriff bekannt hatten, gingen Politiker und Bundeswehr-Verantwortliche davon aus, dass das unglückliche Ausweichmanöver die direkte Folge des Gefechtes mit den Aufständischen gewesen sei. Doch am frühen Abend teilte die Isaf mit, die deutschen Soldaten seien bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Ein Nato-Sprecher sagte, die drei Soldaten seien zwar vorher in ein Feuergefecht verwickelt gewesen, der tödliche Unfall habe sich aber erst ereignet, nachdem sie den Schauplatz des Gefechts verlassen hätten.
Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid hatte zuvor der Deutschen Presse-Agentur (DPA) in Kabul bestätigt, Aufständische hätten den Konvoi der Deutschen im Distrikt Chardara mit Panzerabwehrraketen attackiert. Dabei seien zwei Militärfahrzeuge zerstört und alle acht Insassen getötet worden. Angaben der Taliban gelten jedoch als übertrieben und haben sich oft als gänzlich falsch herausgestellt.
"Ich muss Ihnen leider Mitteilung machen, dass ich gerade eine traurige Nachricht aus Afghanistan erhalten haben, wo drei unserer Soldaten im Einsatz für den Frieden gefallen sind", sagte Jung in Berlin. Sein Ministerium hatte bereits am Vormittag von dem Vorfall berichtet, der sich rund sechs Kilometer vom Standort des deutschen Wiederaufbauteams (PRT) ereignete. Die deutschen Soldaten seien in einer gemeinsamen Operation mit afghanischen Sicherheitskräften unterwegs gewesen und beschossen worden. Die Soldaten hätten das Feuer erwidert.
Laut "Focus Online" wurden die Getöteten erst kürzlich nach Afghanistan entsandt. Sie hätten zu einem neuen Kontingent gehört und seien noch dabei gewesen, in ihre künftigen Aufgaben eingewiesen zu werden, berichtete das Portal unter Berufung auf Bundeswehrkreise.
Jung: Einsatz in Afghanistan nicht infrage gestellt
Ob nun das Gefecht oder ein bloßer Unfall die Ursache war: Durch den Tod der drei Soldaten wird nach Auffassung von Verteidigungsminister Jung der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan nicht infrage gestellt. Bei einem Zwischenstopp am Dienstag in Hamburg sagte Jung, der Einsatz gehe trotz der Opfer weiter. Er machte aber klar, dass der Afghanistan-Konflikt nicht mit militärischen Mitteln alleine zu lösen sei. Jung sprach den Angehörigen sein Mitgefühl aus.
Die Lage in der Region Kundus ist seit Monaten instabil. Das deutsche PRT sieht sich nach eigenen Angaben zunehmend von den Taliban bedroht. Die Zahl der Angriffe ist deutlich gestiegen. "Wir können nicht ausschließen, dass sich die Lage weiter verschlechtert", hatte Kommandeur Oberst Georg Klein Anfang Juni gesagt.
In der Region sind nach seinen Angaben derzeit 1100 deutsche Soldaten stationiert. Zuletzt war Ende April ein Soldat in der Nähe der Stadt Kundus getötet worden, nachdem er mit seiner Patrouille in einen Hinterhalt geraten war. Insgesamt hat sich die Zahl der in Afghanistan getöteten deutschen Soldaten auf 35 erhöht.