Der russische Präsident Dmitri Medwedew hat Israel im Konflikt um das iranische Atomprogramm eine "gefährliche Rhetorik" vorgeworfen, die zu einem bewaffneten Konflikt im Nahen Osten führen könne. Bei seinem Besuch in Deutschland sagte Medwedew am Dienstag in Berlin, Israel baue derzeit eine "Drohkulisse" auf. "Die Drohung mit einem Militärschlag kann in einen großen Krieg führen."
Es komme jetzt darauf an, die Lage zu beruhigen, "Luft zu holen und Gespräche zu führen", sagte der russische Präsident bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundespräsident Christian Wulff. Moskau habe den Iran immer wieder aufgefordert, den ausschließlich friedlichen Charakter seines Atomprogramms zu belegen. "Leider gibt es noch keine Bewegung in diese Richtung", sagte Medwedew.
In den vergangenen Tagen wurden wegen des Streits über das iranische Atomprogramm Warnungen vor einem Militärschlag Israels und anderer Staaten laut. Der Westen vermutet seit langem, dass der Iran unter dem Deckmantel eines zivilen Atomprogramms auch Atombomben entwickelt. In Kürze will die Internationale Atomenergie-Behörde IAEA in Wien einen mit Spannung erwarteten Bericht zum iranischen Atomprogramm vorlegen.
22.600 Atomsprengköpfe
Neun Staaten sollen Atomwaffen besitzen. Neben den fünf offiziellen Atommächten USA, Russland, Großbritannien, Frankreich und China gelten inzwischen auch Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea als Besitzer nuklearer Sprengköpfe. Der Iran wird verdächtigt, solche Waffen herzustellen.
Die genaue Zahl der Atomsprengköpfe ist nicht bekannt. Nach Schätzung der Federation of American Scientists (FAS) vom vergangenen Juni sind es weltweit insgesamt mehr als 20.500. Davon gelten rund 4830 als einsatzbereit. Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri geht in seinem im Januar 2011 erschienenen Jahrbuch von 20.600 Sprengköpfen aus, von denen 5027 einsatzbereit sind.
Der Großteil der Nuklearwaffen ist im Besitz Russlands und der USA. Als bisher einziges Atomwaffenland veröffentlichten die Vereinigten Staaten im vergangenen Jahr genaue Zahlen für ihr Nuklear-Arsenal. Laut Pentagon verfügen die USA über 5113 atomare Gefechtsköpfe. Nach FAS-Schätzung sind es dagegen 8500, von denen 1950 (Sipri: 2150) einsatzbereit sein sollen. Ein Teil der US-Atomwaffen soll noch immer in Deutschland sein. Experten gehen davon aus, dass noch 10 bis 20 Sprengköpfe auf dem Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz gelagert werden.
Von 12.000 russischen Sprengköpfen gelten laut Sipri rund 4630 als einsatzbereit. Frankreich hat den Angaben zufolge 300 atomare Sprengköpfe, China 240 und Großbritannien 225. Israel soll insgesamt 80 Waffen haben, Pakistan und Indien jeweils 60 bis 90 und Nordkorea weniger als zehn.