Wenige Tage vor dem Besuch des neuen chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang in Berlin hat Außenminister Guido Westerwelle (FDP) die Ausreise eines deutschen Kunstspediteurs aus China bekanntgegeben, gegen den die dortigen Behörden wegen Steuerhinterziehung ermitteln. Nils Jennrich habe am Dienstag China verlassen, erklärte Westerwelle in Berlin. Der aus Schleswig-Holstein stammende Mann war Ende März 2012 in China inhaftiert worden.
Westerwelle zeigte sich in einer Mitteilung "erleichtert". Mit Jennrichs Ausreise hätten "viele Monate der Ungewissheit und der Sorge" für dessen Freunde und Familie von Jennrich ein "vorläufiges Ende" gefunden. Angaben zum Aufenthaltsort Jennrichs wollte das Auswärtige Amt auf Nachfrage nicht machen.
Das Verfahren gegen Jennrich, dem Steuerhinterziehung vorgeworfen wird, läuft Westerwelle zufolge noch. Die Bundesregierung und die deutsche Botschaft in Peking würden die strafrechtlichen Ermittlungen "weiterhin sehr aufmerksam beobachten". Details zu dem Verfahren wollte das Auswärtige Amt nicht nennen.
In China könnte Jennrich lebenslange Haft drohen
Jennrich war Ende März 2012 in China inhaftiert worden. Ihm wurde vorgeworfen, den Wert nach China eingeführter Kunstwerke bewusst niedrig angegeben und so Steuern in Höhe von umgerechnet knapp 1,3 Millionen Euro hinterzogen zu haben. Dafür droht als Höchststrafe lebenslange Haft.
Anfang August teilte das Auswärtige Amt mit, Jennrich sei gegen Auflagen vorläufig aus der Haft entlassen worden. Jennrichs in Peking angesiedelte Firma hatte in geringem Umfang Kunstwerke nach China importiert. Die Herabstufung des Werts importierter Kunst ist unter chinesischen Privatsammlern gängige Praxis.
Chinas neuer Regierungschef Li wird am Sonntag in Berlin erwartet. Unter anderem sind Gespräche mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Joachim Gauck geplant. Am Montag will Li Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP), SPD-Chef Sigmar Gabriel und den SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück treffen.