Britischer TV-Wahlkampf Cameron wirkt schon wie ein Premier

Eine Woche vor der britischen Parlaments-Wahl hat Premierminister Gordon Brown das Vertrauen seiner Wähler verloren. Und er hat nur noch sieben Tage Zeit, daran etwas zu ändern. David Cameron, Kandidat der Konservativen wirkte im dritten TV-Duell dagegen erstmals wie der kommende Premier.

Frau Duffy lag wie ein böser Schatten über dem britischen Premier an diesem Abend der dritten und letzten Fernsehdebatte. "Es ist ein schwerer Job, und ich mache wirklich nicht alles richtig", war sein erster Satz, den er direkt durch die Kamera an sein Wahlvolk schickte. Dabei sah er müde aus, noch müder als in den Tagen zuvor. An der Oberlippe schien der Schatten eines Bartes zu stehen, seine Lippen waren rau.

Gordon Brown ist seit Mittwoch durch die Hölle gegangen, wenn man seiner Frau glauben darf. An diesem Tag hat er eine Witwe, die ihn auf der Straße des Ortes Rochdale bei Manchester nach den Staatsschulden und osteuropäischen Einwanderern fragte, intolerant genannt und sein Treffen mit ihr "eine Katastrophe". Als diese Worte fielen, dachte der Premier, er sei allein mit seinem Team. Er hatte ein Mikrofon vergessen, das an seinem Revers weiter jedes Wort übertrug.

Brown konnte nichts mehr retten

Frau Duffy, eine Tochter, zwei Enkelkinder, Labourwählerin, wollte eigentlich nur ein Toastbrot holen an diesem Tag. Nun war sie mitten in die größte politische Soap-Opera hineingestolpert, die Großbritannien gerade zu bieten hat. Es geht um den wahren Gordon Brown, den die Journalisten herauszukitzeln suchen. Den Mann hinter dem Titel des Regierungschefs, der mal als Stalinist verschrien wird, mal als Mister Bean. An diesem Mittwoch auf der Straße in Rochdale hat er gleich beide Seiten zur gleichen Zeit unfreiwillig zur Schau gestellt, den politischen Tolpatsch und den ungeduldigen Despoten, der um sich schlägt.

Den Rest des Tages versuchte Brown zu retten, was kaum noch zu retten war, und bat, den Kopf in den Händen vergraben, live im Radio um Abbitte. Frau Duffy, so heißt es, hat ihre Version der Geschichte gleich an zwei Sonntagszeitungen verkauft. Es scheint, als hörten die Schläge nicht auf, die auf Brown hineinprasseln werden.

Die dritte Fernsehdebatte am gestrigen Abend hätte eigentlich Browns großer Triumphzug werden sollen. Es ging um das Thema Wirtschaft, das Steckenpferd des ehemaligen Schatzkanzlers. Brown sagt, er habe Großbritannien vor dem Versinken in die Rezession bewahrt. Er sagt, dass er mit seinen Ideen das Bankensystem der Welt gerettet habe. Seinen Gegnern, dem Konservativen David Cameron und dem Liberalen Nick Clegg, fällt es schwer, angesichts dieser Argumente allein Gordon Brown die Schuld für den großen Schuldenberg Großbritanniens zuzuschieben - obwohl Großbritannien unter Browns Ägide schon lange vor der großen Wirtschaftskrise Schulden angehäuft hat.

Brown auf Abruf, Cameron souverän

Doch Brown konnte in der Debatte um sein Thema nicht punkten. Anstelle seine Gegner – wie schon so oft zuvor – als unerfahrene Jünglinge zu schulmeistern, warf er mit Zahlen um sich. Seine Angriffe gegen die Erbschaftssteuer wirkten müde. Er wirkte fahrig, unsicher und das erste Mal wie ein Premierminister auf Abruf. Nicht wenige werden sich gefragt haben, warum Brown sich das alles überhaupt noch antut.

Dagegen wirkte David Cameron, der Premierminister-Kandidat der Konservativen, wie befreit. Er griff den dritten im Bunde an, den Liberalen Nick Clegg, den bisherigen Überraschungssieger der Fernsehübertragungen. Cameron ließ ihn geschickt auflaufen, nach seinen Fragen verhedderte sich Clegg in eigenen Widersprüchen zum Euro und seiner Einwanderungspolitik.

David Cameron wirkte an diesem Abend das erste Mal wie ein möglicher Premierminister, fast präsidial, mit festem Griff am Rednerpult. Der Umschwung kommt gerade noch zur rechten Zeit. Noch genau sieben Tage haben die Kandidaten Zeit, um die große Masse an Wählern zu erreichen, die noch nicht entschieden haben, wem sie ihre Stimme geben sollen. Nick Clegg hat seine Position an zweiter Stelle hinter David Cameron behaupten können. Gordon Brown konnte keinen von beiden einholen.

Tony Blair soll nochmal helfen

Die Tageszeitung "Guardian" meldet, dass die Labour-Partei nun ihre Geheimwaffe heraushole: Tony Blair solle in Wahlkreisen im Südwesten des Landes und in London auftreten. Sie müssen wirklich verzweifelt sein, wenn die einzige Hoffnung für die Zukunft ein Griff zurück in die Vergangenheit bleibt.