Donald Trump hat Vorwürfe des Untersuchungsausschusses zur Erstürmung des US-Kapitols in einem mehrseitigen Dokument zurückgewiesen. Der ehemalige US-Präsident warf dem Ausschuss vor, die "Justiz zum Gespött" zu machen und entlastende Zeugen ausgeschlossen zu haben. In dem zwölfseitigen Schreiben, das auch etliche Fußnoten enthält, wiederholte das frühere Staatsoberhaupt seine unbelegten Wahlbetrugsbehauptungen und Wahlsiegfantasien. Er warf den Demokraten und US-Präsident Joe Biden vor, das Land zu zerstören. "Die Demokraten tun alles in ihrer Macht Stehende, um mich zu stoppen – aber wir können nicht aufgehalten werden", hieß es darin.
Ex-Vertraute widersprechen Donald Trump
Mehrere hochrangige Personen aus dem Umfeld Trumps hatten bei der zweiten öffentlichen Anhörung des Untersuchungsausschusses am Montag dessen Wahlbetrugsbehauptungen entschieden widersprochen. Frühere Regierungsmitglieder und Wahlkampfberater distanzierten sich klar von Trumps Vorgehen. Ex-Justizminister William Barr und andere bezeichneten Trumps Betrugsvorwürfe als "verrückt". Barr sagte, Trump habe wohl zunehmend "den Kontakt zur Realität verloren".
Trumps damaliger Wahlkampfchef Bill Stepien sagte, er habe dem Amtsinhaber in der Wahlnacht vom 3. November 2020 vergeblich davon abgeraten, sich voreilig zum Sieger auszurufen. "Er hat gedacht, dass ich falsch liege, das hat er mir gesagt, und dass sie in eine andere Richtung gehen würden", sagte Stepien.
Und auch Trumps Tochter und Beraterin Ivanka Trump sagte in ihrer aufgezeichneten Aussage: "Es wurde offensichtlich, dass die Wahl an diesem Abend nicht entschieden werden würde".
Die republikanische Abgeordnete Liz Cheney, die dem U-Ausschuss angehört, sagte, Trump habe in der Wahlnacht nicht auf Stepien gehört, sondern auf seinen "anscheinend betrunkenen" Anwalt Rudy Giuliani, den früheren Bürgermeister von New York. "Trumps Wahlkampf-Rechtsteam wusste, dass es kein legitimes Argument – Betrug oder Unregelmäßigkeiten oder irgendetwas gab – um die Wahl zu kippen."
Demokraten nennen es die "Große Lüge"
Trump hatte sich in der Nacht zum 4. November 2020 zum Sieger der Präsidentschaftswahl gegen den Demokraten Joe Biden erklärt und zugleich Wahlbetrugsvorwürfe erhoben. Schon Monate vorher, im April 2020, hatte der Rechtspopulist erklärt, er könne die Wahl nur durch massiven Wahlbetrug verlieren.
Die Demokraten bezeichnen das als "Big Lie" (Große Lüge), die letztlich zum Angriff radikaler Trump-Anhänger auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 geführt habe. "Donald Trump hat die Wahl verloren - und er wusste, dass er die Wahl verloren hat - und hat wegen dieser Niederlage entschieden, einen Angriff auf unsere Demokratie zu starten", sagte der Vorsitzende des U-Ausschusses, der Demokrat Bennie Thompson.
Über Monate befragte der Untersuchungsausschuss hinter verschlossenen Türen Hunderte Zeugen und sichtete große Mengen an Dokumenten und Beweismaterial. Seit einige Tagen legt das Gremium in einer Serie von öffentlichen Anhörungen seine Erkenntnisse offen. Einige Trump-Vertraute wie der einstige Chefstratege Steve Bannon weigerten sich, mit dem Ausschuss zu kooperieren.
Die leitende Ermittlungsberaterin des Ausschusses, Amanda Wick, sagte, Trumps Mitarbeiter hätten mit den Behauptungen zwischen der Wahlnacht und den Ausschreitungen 250 Millionen Dollar Spenden eingeworben. "Die große Lüge war auch eine große Abzocke."