Der frühere US-Präsident Donald Trump wehrt sich gegen seine vier Anklagen nicht nur juristisch, sondern auch mit Drohungen und Hetze – und seine Anhänger machen es ihm offenbar nach. In Texas ist jetzt eine Frau festgenommen worden, weil sie Bundesrichterin Tanya Chutkan mit dem Tod gedroht haben soll. Die 61-Jährige leitet Trumps Verfahren in Washington wegen seiner Versuche, das Ergebnis der Präsidentschaftswahl 2020 zu kippen, einschließlich der Ereignisse rund um den Angriff auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021.
"Sei vorsichtig, Schlampe"
Abigail S. werde von der Staatsanwaltschaft beschuldigt, zwei Tage nach der Anklageerhebung gegen Trump das Bundesgericht in der US-Hauptstadt angerufen zu haben, wo Chutkan ihr Büro hat, berichten US-Medien unter Berufung auf Gerichtsdokumente. Die 43-Jährige habe dort eine Sprachnachricht hinterlassen, in der sie die aus Jamaika stammende Justizvertreterin eine "dumme schwarze Sklavin" nannte und drohte, Chutkan werde "persönlich, öffentlich, ihre Familie, alles ins Visier genommen".
"Wir haben Dich im Visier, wir wollen Dich töten", soll S. die Richterin gewarnt haben. "Wenn Trump 2024 nicht gewählt wird, werden wir kommen, um Dich zu töten, also sei vorsichtig, Schlampe."
Die Beschuldigte soll auch gedroht haben, die demokratische Abgeordnete Sheila Jackson Lee aus Houston, Texas zu töten, die wie Chutkan afroamerikanischer Abstammung ist. Außerdem soll sie Drohungen gegen weitere ungenannte Mitglieder der Demokratischen Partei sowie gegen die LGBTQ-Gemeinschaft ausgesprochen haben.
S. habe den Anruf gegenüber Agenten der Homeland Securitiy, der Behörde für Innere Sicherheit der Vereinigten Staaten, eingeräumt, heißt es in den Medienberichten. Sie habe aber erklärt, dass sie nicht geplant hatte, nach Washington oder Houston zu reisen, um eine ihrer Drohungen wahr zu machen. Nachdem das Gericht festgestellt habe, dass die Trump-Anhängerin im vergangenen Jahr bereits viermal in ähnlichen Fällen angeklagt wurde, sei die Frau in Texas in Untersuchungshaft genommen.
Jury in Trump-Prozess auf ultrarechten Webseiten bedroht
Auch der in Georgia anstehende Prozess gegen Trump und 18 seiner Unterstützer wegen versuchten Wahlklaus hat mutmaßliche Anhänger des Ex-Präsidenten auf den Plan gerufen. Nur wenige Stunden vor der Festnahme von Abigail S. seien die Namen und Adressen der Geschworenen in dem Verfahren in Georgia auf ultrarechten Internetseiten gepostet worden – inklusive Gewaltandrohungen, meldet das Medienanalysezentrum Media Matters for America.
Trump wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt – diese juristischen Probleme hat er noch am Hals

Die heute 79-jährige Carroll hatte Trump beschuldigt, sie im Frühjahr 1996 in der Umkleidekabine des New Yorker Luxus-Kaufhauses Bergdorf Goodman vergewaltigt zu haben. Öffentlich machte die langjährige Kolumnistin des Magazins "Elle" ihren Vorwurf erst 2019, als Trump Präsident war. Trump bezichtigte Carroll der Lüge und erklärte, sie sei nicht sein "Typ".
Strafrechtlich waren die Vorwürfe verjährt, doch zivilrechtlich konnte Carroll gegen den Milliardär vorgehen, und so verklagte Carroll Trump in New York wegen Verleumdung und im vergangenen November in einer zweiten Klage wegen der mutmaßlichen Vergewaltigung selbst sowie erneut wegen Verleumdung. Sie verlangte Schmerzensgeld und Schadenersatz in nicht genannter Höhe. Weil es sich um einen Zivilprozess und nicht um ein Strafverfahren handelte, drohte Trump keine Gefängnisstrafe.
Für die Geschworenen war der Fall offenbar klar: Nach weniger als dreistündigen Beratungen sprachen sie Carroll fünf Millionen Dollar (rund 4,5 Millionen Euro) zu – zwei Millionen Dollar wegen sexuellen Missbrauchs und drei Millionen Dollar wegen Verleumdung. Ihr Urteil sei für alle Frauen, die ähnliches erlebt hätten, sagte die Autorin nach der Entscheidung. Es gehe ihr nicht um das Geld. Sie habe ihren Namen reinwaschen wollen. Und sie hätte Trump gerne im Zeugenstand vor Gericht gesehen.
Trumps Anwalt Joe Tacopina kündigte an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen. Er verwies unter anderem darauf, dass Carroll Trump stets Vergewaltigung zur Last gelegt habe, die Geschworenen aber lediglich sexuellen Missbrauch anerkannt hätten. Trump selbst reagierte erbost auf den Ausgang des Zivilprozesses. "Dieses Urteil ist eine Schande, eine Fortsetzung der größten Hexenjagd aller Zeiten", wetterte der 76-jährige auf seiner Onlineplattform Truth Social. Mit Blick auf Carroll erklärte Trump: "Ich habe überhaupt keine Ahnung, wer diese Frau ist."
Vor dem Urteil hatte der Ex-Präsident fälschlicherweise behauptet, er habe sich in dem Verfahren nicht "verteidigen" dürfen. Trump war dem Prozess aus eigenen Stücken ferngeblieben, zu einem Erscheinen vor Gericht war er nicht verpflichtet. Trump war während des Prozesses sogar zu einem Golfplatz in Schottland gereist, der ihm gehört.
Anders als in vielen anderen Bundesstaaten sind in Georgia die Identitäten von Geschworenen öffentlich, um Strafverfahren transparent zu halten. In den rechten Foren, darunter ein Message Board, das die Heimat von "Q", der zentralen Figur der QAnon-Verschwörungstheorie sei, hätten Nutzer nun neben den Namen auch die angeblichen Adressen der Jury-Mitglieder und ihre angeblichen Online-Auftritte publiziert, schreibt Media Matters. Und in einem anderen Forum habe ein Nutzer gedroht, "diesen Leuten nach Hause zu folgen und ihre Gesichter zu fotografieren".
Manche User hätten den Geschworenen auch noch deutlicher gedroht. So habe ein Forumsnutzer geschrieben, die Jury-Namen seien eine "Abschussliste", worauf jemand entgegnet habe: "Viel Glück, Anons, Ihr habt alle Scharfschützengewehre der Welt." Ein weiterer User habe die Geschworenen rassistisch und als "verräterische Ficker" beleidigt. Und einer habe gewarnt, dass sie "Wahlbeeinflussung" betrieben und deshalb "wirklich vorsichtig sein sollten".
Darüber hinaus hätten Nutzer die Online-Auftritte der Geschworenen ausgeforscht und Bilder ihrer angeblichen Social-Media-Auftritte als vermeintliche Beweise für ihre Voreingenommenheit gegen Trump veröffentlicht, berichten die Medienanalysten weiter. Zudem hätten Nutzer versucht, die ethnischen und religiösen Hintergründe der Jury-Mitglieder zu ermitteln.

Die Staatsanwaltschaft in Washington hatte schon vor knapp zwei Wochen eine Schutzanordnung bei Gericht eingefordert. Nachdem Trump bei seiner Anhörung am 3. August in seinem Onlinedienst Truth Social in Großbuchstaben gedroht hatte: "Wenn ihr mich verfolgt, werde ich euch verfolgen", reichte Sonderermittler Jack Smith einen Antrag ein, um die Möglichkeiten des Angeklagten zur Preisgabe sensibler Informationen etwa in Bezug auf Zeugen einzuschränken.
Trump hatte sich mit seinem Posting auch über die ausdrückliche Warnung des Gerichts hinweggesetzt, Zeugen einzuschüchtern oder die Justiz zu behindern. Doch seine Liste an Beleidigungen von Staatsanwälten und Richtern, die an Verfahren gegen ihn beteiligt sind, ist noch deutlich länger. So nannte der Ex-Präsident Sonderermittler Smith einen "Wahnsinnigen". Den Bezirksstaatsanwalt von Manhattan, Alvin Bragg, der im Schweigegeldverfahren gegen ihn ermittelt, bezeichnete er als "Tier" und warnte nach der Anklageerhebung in New York vor "potenziellem Tod und Zerstörung".
Für den Fall seines Wahlsieges kündigte Trump ein gründliches Aufräumen im "inzwischen völlig korrupten" Justizministerium an. Die zahlreichen Ermittlungen gegen ihn bezeichnet er als "Hexenjagd" der Regierung des "korrupten" Präsidenten Joe Biden, der die Justiz als "Waffe" gegen ihn zu benutze, um ihn als "führenden Rivalen auszuschalten".
Quellen: Media Matter for America, "Huffington Post", "Dallas News".