Donald Trump vs. Joe Biden Die Kandidaten kommen zur Sache – und beschimpfen sich dann doch

TV-Debatte
Finale TV-Debatte zwischen Donald Trump und Joe Biden.
Sehen Sie im Video: Entscheidende Momente der TV-Debatte zwischen Joe Biden und Donald Trump.




Die Diskussion lief im Vergleich zum ersten TV-Duell Ende September ruhiger ab.
Es war das letzte TV-Duell vor der Wahl in den USA, bei dem US-Präsident Donald Trump auf seinen Herausforderer Joe Biden traf. Die 90-minütige-Übertragen fand am Donnerstag in einem TV-Studio in Nashville im US-Bundesstaat Tennessee statt und lief deutlich disziplinierter ab, als das erste TV-Duell Ende September.
Dank der guten Moderatorin Kristen Welker und geänderter Regel, die zum Beispiel einen Stummschalte-Knopf beinhalteten, damit sich die Kontrahenten nicht unterbrechen konnten. Inhaltlich war ein Schwerpunkt die Diskussion um den Umgang mit der Corona-Pandemie. Biden sagte unter anderem, dass eine Person, die für so viele Tote verantwortlich sei, nicht Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika bleiben dürfe. In den USA sind bisher mehr als 221.000 Menschen in Folge einer Infektion mit dem Virus gestorben. Biden warf Trump vor, die Verantwortung für die rasche Verbreitung des Virus nicht zu übernehmen.
Trump entgegnete: "Ich übernehme die volle Verantwortung. Es ist nicht meine Schuld, dass es herkam, es ist Chinas Schuld."
Er verteidigte seine Politik mit bekannten Argumenten und sagte, das Schlimmste sei überstanden. Als Trump über sein gutes Verhältnis zu Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un sprach, entgegnete Biden:
„Und wir hatten ein gutes Verhältnis zu Hitler, bevor er in Europa einfiel."
Trump hatte sich mehrfach mit dem nordkoreanischen Diktator getroffen, um das Land zur Aufgabe seines Atomwaffenprogramms zu bewegen. Dies ist bislang nicht gelungen.
Weitere Themen des TV-Duells waren die Gesundheitsreform „Obamacare", die Klimapolitik sowie der Umgang mit China und mit einer möglichen Einmischung ausländischer Kräfte in die Präsidentschaftswahl. Genannt wurde hier insbesondere Russland.
Inwiefern die TV Debatte die Wahlentscheidung noch beeinflusst, ist unklar. In den Umfragen liegt Biden zwar klar vorne. Aber auch 2016 hatten sich die Umfragen geirrt. Und vor allem haben bereits fast 50 Millionen Amerikaner ihre Stimme abgegeben. Entweder per Briefwahl oder in den bereits geöffneten Wahllokalen.
Wahltag ist in den USA der 3. November.
Dass es nicht ohne persönliche Angriffe ablaufen würde, war klar. Dennoch duellierten sich die beiden Kontrahenten ums Weiße Haus auch in der Sache. Donald Trump hatte sich besser im Griff als im ersten TV-Duell - wohl auch dank der neuen strengen Regeln.

Donald Trump war schon vor dem Aufeinandertreffen mit Joe Biden in Nashville bedient. Die Umfragen: schlecht. Die Moderatorin: "schlimm". Die Stummschalt-Taste: unfair. Dass es anders als geplant doch nicht in erster Linie um Außenpolitik gehen sollte: äußerst ärgerlich. Alles sah danach aus, dass auch das zweite und letzte TV-Duell zwischen dem US-Präsidenten und seinem demokratischen Herausforderer im Chaos versinken würde. Doch es kam anders.

Diesmal lieferten sich die beiden Kontrahenten ums Weiße Haus eine echte Debatte - mit vielen persönlichen Angriffen zwar, aber es war eine politische Debatte. Und es machte nicht einmal den Eindruck, als ob der zuvor viel diskutierte "Mute Button", mit dem die Gegner stumm geschaltet werden konnten, eine allzu große Rolle spielen musste. Dank der straffen Diskussionsführung durch die Moderatorin, die NBC-Korrespondentin Kristen Welker, entstand tatsächlich so etwas wie ein Austausch der verschiedenen Standpunkte. Wohl selbst erleichtert, dass sie nicht das Schicksal ihres Fox-News-Kollegen Chris Wallace teilen musste, dem das erste TV-Duell aus den Händen geglitten war, dankte sie gar für eine "großartige Debatte".

Die Kontraste nochmals überdeutlich

Das traf allerdings nur so weit zu, als dass die amerikanischen Wähler kurz vor dem Wahltermin noch einmal deutlich vorgeführt bekamen, wer sich da gegenübersteht: ein US-Präsident, der sich als Dealmaker versteht und der die Erfolge seiner Arbeit nahezu ausschließlich daran misst, wie sehr die Wirtschaft floriert - selbst ungeachtet der Gesundheit der Menschen (Corona) oder der Umwelt (Klimawandel). Auf der anderen Seite ein ehemaliger Vize-Präsident, der betont, dass er das Land einen will, sich für soziale Anliegen, für eine bezahlbare Krankenversorgung, für eine saubere Umwelt und gegen den strukturellen Rassismus in der Gesellschaft einsetzen will.

Beide dürften im Wesentlichen für ihre jeweilige Basis geliefert haben. Der schnelle Eindruck: ein weitgehend ausgeglichenes Duell, das in erster Linie Biden helfen dürfte. Denn angesichts der Ausgangslage mit schlechten Umfragewerten hätte Trump einen deutlichen Sieg benötigt, um den zuvor beschworenen "Game Changer", also die Wende, zu erreichen. Laut einer Blitzumfrage von CNN ist das Gegenteil der Fall: 53 Prozent nannten Biden als Sieger, nur 39 Prozent Trump.

Vor TV-Duell: "Es ist Trumps letzte Chance"
Vor TV-Duell: "Es ist Trumps letzte Chance"
TV-Duell Trump vs. Biden: "Es ist Trumps letzte Chance"

Donald Trump oder Joe Biden: Wer ist korrupter?

Ohne persönliche Beschimpfungen ging freilich auch dieses Duell nicht über die Bühne - wohl auch, weil mit zunehmender Zeit die Geduld der beiden allzu sehr auf die Probe gestellt wurde. Besonders hitzig wurde es, als Trump seinem Herausforderer wegen früherer Geschäfte von dessen Sohn Hunter in China und der Ukraine Korruption vorwarf. "Joe, sie nennen dich einen korrupten Politiker", tönte Trump. "Also tu' nicht so, als wärst du ein unschuldiges Baby."

Biden wies die Vorwürfe wiederholt als "unwahr" zurück und konterte unter anderem mit Trumps angeblichen eigenen Geschäften in China und damit, dass der Präsident seit Jahren verspreche, seine Steuererklärung öffentlich zu machen, das aber ebenso lange nicht geschehe: "Was ist da los? Was haben Sie zu verbergen?" Trump entschuldigte sich erneut damit, dass ihn die Steuerbehörden schlecht behandeln würden und wies Medienberichte zurück, er habe nur 750 Dollar Steuern im Jahr gezahlt. Er habe "aber Millionen Dollar Steuern gezahlt, sogar im Voraus", weil er entsprechend veranlagt worden sei. "Früher hat er getönt, wie smart er sei, weil er wisse, wie man das System austrickst", gab Biden zurück.

"Hatten auch gutes Verhältnis zu Hitler"

Trump konnte immer dann punkten, wenn er Joe Biden vorwerfen konnte, dass er schon in den acht Jahren als Vize-Präsident von Barack Obama jene Versprechungen hätte einlösen können, die er nun mache. "Alles nur Gerede, nichts passiert", konstatierte Trump und nutzte die Gelegenheit, sich selbst nach vier Jahren im Weißen Haus als politischer Außenseiter abseits des Washingtoner Establishments darzustellen. "Ich habe mich doch überhaupt nur wegen Obamas und Ihrer schlechten Politik darum beworben, Präsident zu werden", so Trump.

Als der 74-Jährige Obamas Nordkorea-Politik kritisierte, wurde Joe Biden drastisch. Kim Jong Un, der nordkoreanische Machthaber, habe Obama nicht leiden können, gab Trump zu Protokoll. Bei seiner Amtsübernahme sei Nordkorea "das größte Problem unseres Landes" gewesen, "ein Chaos". Er habe immerhin eine Beziehung zu Kim aufgebaut, und das habe einen möglichen Krieg verhindert. Biden darauf: "Und wir hatten auch ein gutes Verhältnis zu Hitler, bevor er in Europa einfiel."

Biden: Zu lange uns nicht dem Rassismus gestellt

Trotz dieser Attacken durfte Biden Stärke zeigen, wenn er Pläne für seine Präsidentschaft vorlegte - nicht zuletzt, weil Trump vor allem kritisierte statt Konzepte zu präsentieren, was ihm sein Herausforderer prompt aufs Butterbrot schmierte. Biden versprach "Bidencare", eine Weiterentwicklung der Krankenversicherung "Obamacare", und dabei die Reduzierung der Kosten. "Krankenversorgung ist kein Privileg, sondern ein Recht". Beim Thema Einwanderung versprach Biden, den Status der sogenannten "Dreamer" - in den USA geborene Kinder illegaler Einwanderer - zu klären und ihnen den Weg zur Staatsbürgerschaft zu ebnen, "denn sie kennen das Land ihrer Eltern ja gar nicht".

Und Biden stellte fest, dass es "institutionellen Rassismus in den USA gibt, das ist Fakt". Und weiter: "Dem haben wir uns viel zu lange nicht gestellt." Das wolle er ändern durch Förderung der Berufs- und Bildungschancen von Schwarzen. Trump stellte zu diesem Thema erneut fest, kein Präsident außer "vielleicht" Abraham Lincoln habe mehr für die Schwarzen getan als er. Er sei die "am wenigsten rassistische Person im Raum". Nach der Black-Lives-Matter-Bewegung gefragt, sagte Trump lediglich, als erster Eindruck sei ihm in Erinnerung, dass sie Polizisten als Schweine bezeichnet hätten.

"Niemand, der für so viele Tote verantwortlich ist, darf Präsident sein"

Besonders deutlich wurde der Kontrast zwischen den Kontrahenten beim Thema Corona, dem wohl entscheidenden in diesem Wahlkampf. Trump sprach erneut davon, dass er früh die Grenzen dicht gemacht habe, nicht er, sondern China für diese "Pest" verantwortlich sei, zu Beginn auch die Fachleute nichts Genaues über das Virus gewusst hätten und ohne sein Vorgehen "bekanntermaßen" 2,2 Millionen Menschen am Virus gestorben wären statt der aktuell 220.000. "Die Lösung darf nicht schlimmer sein als das Problem", so Trump weiter. Man könne nicht das Land komplett runterfahren, die Menschen lernten, mit dem Virus zu leben.

"Die Mensch lernen, mit dem Virus zu sterben", konterte Biden. Er erinnerte daran, dass der Präsident schon im Januar über die Gefährlichkeit des Virus informiert gewesen sei, er das bewusst heruntergespielt habe, wie in Aufnahmen des Journalisten Bob Woodward belegt ist, und er durch die Verweigerung des Maskentragens viele Menschenleben auf dem Gewissen habe. "Niemand, der für so viele Todesfälle verantwortlich ist, darf Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika bleiben", sagte Biden und befürchtete einen "dunklen Winter" wenn Trump Präsident bleibe. Der kündigte wieder einmal einen Impfstoff "in den nächsten Wochen" an, was Moderatorin Kristen Welker trocken kommentierte: "Das ist ja neu für uns."

Eine Frage des Charakters

Kontroversen, die so alles in allem zu erwarten waren. Es war schließlich Joe Biden, der den Kern der Wahlentscheidung, die die Amerikaner derzeit zu treffen haben, auf den Punkt brachte: "Es geht um den Charakter dieses Landes." Es gehe darum, das gespaltene Land zu einen, Menschen mit Würde zu behandeln, Hoffnung statt Angst zu verbreiten und den Rassismus zu vertreiben. Derzeit sieht es so auch, als ob die Mehrheit der Amerikaner diese Ansicht teilen. Am 3. November wird sich zeigen, ob sie dementsprechend gewählt haben.

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