Das EU-Parlament hat ein Regelwerk zur Künstlichen Intelligenz auf den Weg gebracht, das weltweit das erste dieser Art werden soll. Die Abgeordneten verabschiedeten am Mittwochmittag in Straßburg einen Text, der in den kommenden Monaten mit den Mitgliedstaaten und der EU-Kommission weiter verhandelt werden muss. Verboten werden soll nach den Vorstellungen des Parlaments etwa biometrische Gesichtserkennung im öffentlichen Raum.
Die EU will der erste Wirtschaftsraum weltweit werden, der den Einsatz Künstlicher Intelligenz gesetzlich regelt. Anwendungen, die mit hohen Risiken für die Sicherheit von Menschen verbunden sind, sollen verboten oder stark eingeschränkt werden. "Gesichtserkennung zur Überwachung kennen wir aus China, diese Anwendung von Technologie hat in einer liberalen Demokratie nichts zu suchen", erklärte die deutsche EU-Abgeordnete Svenja Hahn (FDP).
KI-Inhalte sollten gekennzeichnet werden
Künstliche Intelligenz breitet sich derzeit immer weiter im öffentlichen Leben aus: Das Textprogramm ChatGPT, das in Sekundenschnelle komplexe Texte erstellt, wird unter anderem für Bewerbungsschreiben oder Hausarbeiten genutzt. Kürzlich erregte in Onlinenetzwerken ein Foto des Papstes in einem weißen Designermantel Aufsehen, das von einem Bildprogramm erstellt worden war. In Zukunft sollen Produkte solcher Anwendungen mit einem Hinweis versehen werden, dass sie mit Hilfe künstlicher Intelligenz erstellt wurden.
Der Verordnungsentwurf des Parlaments sieht unter anderem vor, dass KI-Anwendungen verboten werden sollen, die der Manipulation von Menschen dienen oder sie nach ihrem sozialen Status klassifizieren. Biometrische Gesichtserkennung soll nur nach einer richterlichen Entscheidung und zur Aufklärung schwerer Verbrechen erlaubt sein.
Eine Auswertung biometrischer Daten nach Geschlecht, Volkszugehörigkeit oder Hautfarbe bleibt verboten. Auch das Sammeln biometrischer Daten in Online-Netzwerken oder von Überwachungskameras soll tabu sein.
Zu den Anwendungen, die mit hohem Risiko verbunden sind, zählen nach den Vorstellungen der Abgeordneten auch welche, die Wähler im Wahlkampf beeinflussen sollen. Zudem soll das Recht von EU-Bürgern gestärkt werden, sich gegen KI-Anwendungen auf dem Rechtsweg zu wehren.
Forscher und Industrie warnen vor einem "Übermaß an Regulierung"
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) warnte davor, "neue Verpflichtungen für Handwerksbetriebe durch die Hintertür einzuführen". "EU-Parlament und Rat müssen den Betrieben die Sorge vor unkalkulierbaren Haftungsrisiken nehmen", betonte ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke.
Forscher und Industrie hatten in der Debatte regelmäßig vor zu strengen Auflagen gewarnt. Ein "Übermaß an Regulierung" könne die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz aus Deutschland und Europa vertreiben, hatte der deutsche Branchenverband Bitkom betont. Der deutsche EU-Abgeordnete Axel Voss (CDU) hatte vor einem "angstgetriebenen Umgang" mit den neuen Technologien gewarnt.
Über Künstliche Intelligenz wird derzeit in vielen Ländern diskutiert. Der Technologie-Milliardär Elon Musk und Experten hatten wegen der Risiken sogar einen vorläufigen Entwicklungsstopp gefordert.
Die EU-Kommission legte bereits im April 2021 einen Vorschlag für Regeln zur künstlichen Intelligenz vor. Die Mitgliedsländer hatten sich dann Ende des vergangenen Jahres im Grundsatz auf eine Regulierung Künstlicher Intelligenz verständigt.
Das Votum vom Mittwoch macht nun den Weg für Verhandlungen zwischen den Institutionen frei. EU-Kommissar Thierry Breton zeigte sich hoffnungsvoll, diese in den kommenden Monaten abzuschließen. Die neuen Regeln werden voraussichtlich frühestens 2026 in Kraft treten. Die EU-Kommission will sich aber schon zuvor für freiwillige Verpflichtungen von Unternehmen einsetzen.