G20-Gipfel "Zeigen, dass wir Lektion gelernt haben"

Es war ein unruhiger erster Gipfel-Tag in London - und das nicht nur, weil Randalierer noch vor dem offiziellen Start für Gewalt und Chaos sorgten. Auch die Staatschefs der G20-Staaten werden hart um Auswege aus der Krise ringen. Kanzlerin Angela Merkel mahnte: "Was hier nicht verabredet wird, wird auch die nächsten fünf Jahre nicht verabredet."

Als es am Abend mit einem Abendessen offiziell wurde, hatte die britische Hauptstadt schon einen äußerst anstrengenden ersten Gipfteltag hinter sich. Tausende hatten im Londoner Bankenviertel gegen die Politik der Regierungen und das Finanzsystem demonstriert - und längst nicht alle friedlich. Ein Arbeitsessen als offizieller Auftakt des G-20-Gipfels zur Bewältigung der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise mag friedlich klingen, doch auch auf politischer Ebene zeichneten sich vorab mühsame Verhandlungen über schärfere Regeln für die Finanzmärkte ab. Kurz vor Beginn stellten Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy klar, dass sie bindende Beschlüsse anstreben und keine vagen Absichtserklärungen.

Beobachter gingen deshalb davon aus, dass auch das Essen nicht so harmonisch verlaufen werde wie es bei der Anreise der Staatschefs den Eindruck machte. Kanzlerin Merkel, die beim Abendessen - für bilaterale Gespräche hervorragend platziert - direkt neben US-Präsident Barack Obama saß, erklärte: "Wir wollen Ergebnisse, die die Welt verändern." Obama seinerseits rief die G20-Staaten zu Einmütigkeit im Kampf gegen die globale Rezession auf und gab als zentrale Ziele aus, neue Regeln für die Finanzmärkte zu vereinbaren und wieder Wachstum anzuregen. Etwaige Differenzen würden "weit überbewertet".

"Größte Herausforderung seit dem Krieg"

Nach einem Gespräch mit dem britischen Premierminister Gordon Brown sagte er: "Wir können diese Herausforderung nur gemeinsam meistern." Die Staatengemeinschaft dürfe nicht in Protektionismus verfallen, weil dies die Krise nur verschärfe. Die aktuellen Herausforderungen seien die größten seit dem Zweiten Weltkrieg.

Premier Brown betonte die Gemeinsamkeiten. Die Zusammenarbeit sei beispiellos, die Verabschiedung eines Wirtschaftsplans liege nur wenige Stunden entfernt, sagte er. Brown fügte an: "Die Welt will zusammenkommen." Merkel sagte auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Sarkozy, nun beginne "einer der entscheidenden Gipfel für die Zukunft der Welt". Die CDU-Chefin forderte besonders, dass eine schwarze Liste mit Steueroasen aufgestellt wird und dass Ratingagenturen und Hedgefonds einer schärferen Kontrolle unterworfen werden. Der Gipfel müsse den Menschen weltweit zeigen, "dass wir unsere Lektion gelernt haben und dass wir alles daran setzen, dass sich eine solche Krise nicht wiederholt", sagte sie.

Zuversicht und Sorge bei Merkel

Deutschland und Frankreich wollten keine Ergebnisse, die sich in der Praxis nicht auswirkten. Dem Gipfel blicke sie daher mit einer "Mischung aus Zuversicht und Sorge" entgegen. "Was hier nicht verabredet wird, das wird auch die nächsten fünf Jahre nicht verabredet." Deshalb könnten die Beschlüsse nicht "im Vagen und im Ungefähren" bleiben. Ihr Appell könnte besonders an Großbritannien und die USA gerichtet sein. Beide Staaten vertreten traditionell eine liberale Position in Handlungsfragen und standen über Jahre einer strengen Marktregulierung skeptisch gegenüber.

Sarkozy kündigte an, dass Frankreich und Deutschland beim Gipfel mit einer Stimme sprechen werden. "Unsere Ziele sind dieselben", sagte er. "Wir fordern Ergebnisse." Ohne eine bessere Regulierung lasse sich das Vertrauen auf den Finanzmärkten nicht wieder herstellen, und es komme kein Wachstum in Gang. Vor seiner Anreise hatte Sarkozy sogar gedroht, den Gipfel vorzeitig zu verlassen, falls es keine handfesten Ergebnisse gebe.

Merkel erteilte der Forderung aus dem Ausland nach weiteren milliardenschweren Konjunkturprogrammen mit deutscher Beteiligung eine Absage. Deutschland habe bereits einen "Riesenbeitrag" geleistet, sagte Merkel. Die beiden beschlossenen Konjunkturpakete im Volumen von 80 Milliarden Euro müssten nun erstmal umgesetzt werden und wirken können. Die europäischen Staaten müssten sich im übrigen mit ihren Programmen nicht hinter den USA verstecken.

AP
AP/dho