Gaza-Streifen Mindestens 30 Tote bei Angriff auf UN-Schule

Bei einem israelischen Angriff im Gaza-Streifen ist eine Schule der Vereinten Nationen getroffen worden. Mindestens 30 Menschen wurden getötet. Sie hatten in dem Gebäude Schutz gesucht. Bereits am Morgen hatte es Tote gegeben, als eine erste UN-Schule von Bomben getroffen worden war.

Bei israelischen Luftangriffen im Gazastreifen sind zwei Schulen der Vereinten Nationen getroffen worden. Dabei kamen mindestens 30 Menschen ums Leben, wie ein UN-Sprecher und palästinensische Ärzte am Dienstag mitteilten.

Beim ersten Angriff wurde am Montagabend das Gelände einer Schule in der Siedlung Schati getroffen. Dort hielten sich mehrere hundert Palästinenser auf, die dort aus Gaza Zuflucht gesucht hatten. Drei Männer kamen bei der Explosion ums Leben. Sie hatten zum Zeitpunkt des Luftangriffs gerade den Waschraum der Schule verlassen, wie UN-Mitarbeiter Adnan Abu Hasna am Dienstag mitteilte.

Wenige Stunden später wurde eine weitere Schule der UN-Hilfsorganisation UNRWA (United Nations Relief and Works Agency) in Dschebalija getroffen, einem weiteren Ort im nordöstlichen Gazastreifen. Dort kamen nach palästinensischen Angaben weitere 30 Menschen ums Leben. Auch in diesem Schulgebäude hielten sich Flüchtlinge auf.

UN-Vertreter im Gazastreifen erklärten, sie hätten den israelischen Streitkräften die geografischen Koordinaten ihrer Gebäude im Gazastreifen übermittelt, um zu verhindern, dass sie angegriffen würden. Der Leiter der UN-Vertretung in Gaza, John Ging, sagte jedoch nach dem Luftangriff: "Niemand ist sicher im Gazastreifen. Alle hier sind terrorisiert und traumatisiert." Er warf der internationalen Gemeinschaft vor, nichts gegen die Eskalation der Gewalt zu unternehmen und sagte in einem Krankenhaus in Gaza: "Ich appelliere an die politischen Führer hier und in der Region und in der Welt, zusammenzuwirken und das zu stoppen. Sie sind verantwortlich für diese Todesfälle."

Israel stellt erstmals Bedingungen für Waffenruhe

Unterdessen hat Israel erstmals Bedingungen für eine Waffenruhe genannt. Als eine zentrale Voraussetzung für ein Ende der Kämpfe im Gaza-Streifen fordert Israel, dass eine Wiederbewaffnung der Hamas verhindert wird. Das sei "der Knackpunkt" für jede neue Vereinbarung, sagte Regierungssprecher Mark Regev am Dienstag. Dies habe Ministerpräsident Ehud Olmert am Vortag Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy vermittelt, der sich in Pendeldiplomatie um ein schnelles Ende der seit nunmehr elf Tagen andauernden Kämpfe bemüht. Die Hamas hat seit langem Waffen durch ein weitreichendes Tunnelsystem an der Grenze zu Ägypten in den Gaza-Streifen geschmuggelt.

Die Hamas habe die im Dezember beendete sechsmonatige Waffenruhe genutzt, um die Reichweite ihrer Raketen auf 40 Kilometer zu verdoppeln, sagte Regev weiter. Unter keinen Umständen werde Israel einer neuen Waffenruhe zustimmen, die es der Hamas erlaube, die Reichweite auf 60 Kilometer auszuweiten. "Dann haben wir Raketen, die in den Vororten von Tel Aviv niedergehen", sagte Regev.

Israelische Regierungsvertreter haben jüngst Vorschläge als unzureichend zurückgewiesen, dass internationale Beobachter eine neue Waffenruhe überwachen. Vielmehr will Israel einen internationalen Einsatz direkt an der Grenze zwischen Ägypten und dem Gaza-Streifen, um den Neubau von unterirdischen Geheimgängen für den Waffenschmuggel zu verhindern.

Den ganzen Tag über hat Israel seine Militäroperationen in dem Palästinensergebiet fortgesetzt. Mehrere Panzer rückten Augenzeugen zufolge am frühen Dienstagmorgen erstmals in die Hamas-Hochburg Chan Junis ein. Mit Unterstützung aus der Luft lieferten sich die Truppen in der zweitgrößten Stadt des Gaza-Streifens heftige Feuergefechte mit Hamas-Kämpfern. Ein israelischer Armeesprecher wollte die Berichte zunächst nicht bestätigen.

Auch in der Stadt Gaza gingen die Gefechte weiter. In der Nacht war Geschützfeuer über dem Stadtteil Schedschaija zu sehen, als Kampfhubschrauber Dutzende bewaffnete Hamas-Kämpfer angriffen, wie Bewohner berichteten. Die Stadt und der gesamte nördliche Gaza-Streifen waren ohne Strom.

In der vergangenen Nacht kamen drei israelische Soldaten durch den Beschuss eigener Truppen ums Leben, 24 weitere Soldaten wurden nach Angaben einer Armeesprecherin bei dem Vorfall verletzt.

Israel: Gaza praktisch eingekreist

Israelische Medien berichteten am Dienstag unter Berufung auf Armeeangaben, dass bei den Kämpfen zwischen israelischen Soldaten und der in Gaza herrschenden radikal-islamischen Hamas allein am Montag schätzungsweise 100 Palästinenser getötet worden seien. 80 Palästinenser seien festgenommen worden. Die Armee habe Gaza praktisch eingekreist. Kämpfer der Hamas hätten die vorrückenden Truppen mit Mörser-Granaten beschossen. Auch am Montag feuerten militante Palästinenser nach israelischen Angaben wieder mehr als 40 Raketen aus dem Gaza-Streifen auf Israel ab.

Seit Beginn der Militäroperation am 27. Dezember wurden vier Isarelis durch Raketen getötet. Die Gesundheitsbehörde in Gaza hatte die Zahl der am Montag getöteten Palästinenser am Abend mit mindestens 50 angegeben. Weitere 150 Bewohner des Gaza-Streifens seien verletzt worden. Bei den meisten Opfern handele es sich um Zivilisten, hieß es.

Arabische Liga fordert UN-Resolution

Die arabischen Länder versuchten unterdessen in New York, den Weltsicherheitsrat zu einer Erklärung zu bewegen, in der eine sofortige und nachhaltige Waffenruhe im Gaza-Streifen und deren Überwachung durch internationale Kräfte gefordert wird. In Einzelgesprächen unterbreitete die Arabische Liga UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und Vertretern des höchsten UN-Gremium entsprechende Vorschläge. Am Dienstag wurden Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sowie die Außenminister Frankreichs und Großbritanniens, Bernard Kouchner und David Miliband, zu weiteren Gesprächen am UN-Hauptsitz erwartet.

Die Vorlage der Araber ruft nach Angaben des Liga-Generalsekretärs Amre Mussa auch nach dem Rückzug aller israelischen Truppen aus dem Gaza-Streifen, der Öffnung der Grenzübergänge, humanitärer Hilfe für die Bevölkerung und neuen Verhandlungen über einen Nahost-Frieden. Ban wollte die Vorschläge am Dienstag bei einem Mittagessen mit US-Präsident George W. Bush im Weißen Haus erörtern.

Israel hatte die Offensive am 27. Dezember mit Luftangriffen gestartet. Dabei wurden nach Angaben palästinensischer Ärzte mehr als 540 Palästinenser getötet. Israel begründet den Militäreinsatz gegen die im Gaza-Streifen herrschenden Hamas mit dem anhaltenden Raketenbeschuss durch radikale Palästinenser.

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