An Henry Kissinger schieden sich bis zuletzt die Geister. Für die einen war der frühere US-Außenminister mit dem fränkisch gefärbten Englisch einer der brillantesten strategischen Köpfe des 20. Jahrhunderts. Die anderen sahen in Kissinger einen zynischen Machttaktiker, der ruchlos US-Interessen durchsetzte und dabei Menschenrechte missachtete. In einem waren sich Bewunderer und Kritiker der am Mittwoch im Alter von 100 Jahren verstorbenen Diplomatie-Legende jedoch einig: Kissinger hatte einen riesigen Einfluss auf die internationale Politik.
Nach seinem Tod melden sich Staats- und Regierungschef aus aller Welt mit Würdigungen und Beileidsbekundungen. Ein Überblick.
Politiker aus aller Welt würdigen Henry Kissinger nach seinem Tod
Einer der ersten, der sich nach dem Tode Kissingers öffentlich zu Wort meldet, ist der frühere US-Präsident George W. Bush. "Mit dem Tod von Henry Kissinger hat Amerika eine der verlässlichsten und unverwechselbarsten Stimmen in Fragen der Außenpolitik verloren", teilte Bush am Mittwoch in Dallas mit. Kissinger habe in den Regierungen zweier US-Präsidenten gearbeitet und viele weitere beraten, schrieb Bush, der ebenfalls von Kissinger beraten wurde. "Ich bin dankbar für diesen Dienst und Rat, aber am dankbarsten bin ich für seine Freundschaft."
Worte des Lobes kommen auch vom früheren US-Außenminister Mike Pompeo. Kissinger habe unauslöschliche Spuren in der amerikanischen und der Weltgeschichte hinterlassen. "Ich werde für seinen freundlichen Rat und seine Hilfe während meiner Zeit als Minister immer dankbar sein", schrieb Pompeo auf X (früher Twitter).

Auch Russlands Präsident Wladimir Putin erinnerte an Kissinger als "herausragenden Diplomaten". "Ein weiser und weitsichtiger Staatsmann, der jahrzehntelang in der ganzen Welt wohlverdientes Ansehen genoss, ist verstorben", schrieb Putin an Kissingers Witwe Nancy in einem Telegramm, das der Kreml veröffentlichte. Kissingers Name stehe für eine "pragmatische außenpolitische Linie" in den 1970er-Jahren, die wichtige amerikanisch-sowjetische Abkommen ermöglicht habe, fügte der Kremlchef hinzu. Er selbst habe oft mit dem früheren Diplomaten gesprochen.
China bezeichnet den verstorbenen ehemaligen US-Außenminister Henry Kissinger als "guten alten Freund des chinesischen Volkes". Er sei ein Pionier und Erbauer der Beziehungen zwischen den USA und China gewesen, sagte Außenamtssprecher Wang Wenbin in Peking. Staats- und Parteichef Xi Jinping schickte US-Präsident Joe Biden demnach ein Beileidsschreiben. "Er wird in den Herzen der Menschen in China immer als geschätzter alter Freund lebendig bleiben", schrieb Chinas Botschafter in den USA, Xie Feng, auf X.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb auf X: "Henry Kissingers diplomatische Strategie und Exzellenz haben die Weltpolitik im gesamten 20. Jahrhundert geprägt. Sein Einfluss und sein Vermächtnis werden bis weit ins 21. Jahrhundert hinein nachwirken."
Der britische Außenminister David Cameron äußerte sich ebenfalls zur Todesnachricht. Erst vor ein paar Monaten habe er mit Kissinger noch über den russischen Krieg gegen die Ukraine, den Iran sowie neue Herausforderungen durch Russland und China gesprochen, schrieb der frühere Premierminister auf X. "Selbst mit 100 strahlten seine Weisheit und Nachdenklichkeit durch." Er werde auf der Weltbühne vermisst werden.
Worte des Lobes auch aus Deutschland
Bundeskanzler Olaf Scholz hob insbesondere Kissingers Bedeutung für die Beziehungen zwischen Deutschland und den USA hervor. "Henry Kissinger prägte die amerikanische Außenpolitik wie nur wenige andere", schrieb der SPD-Politiker auf X. "Sein Einsatz für die transatlantische Freundschaft zwischen den USA und Deutschland war bedeutend." Kissinger, der 1923 in Franken geboren worden war, sei seiner deutschen Heimat stets verbunden geblieben, fügte Scholz hinzu. "Die Welt verliert einen besonderen Diplomaten."
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte Kissingers Verdienst auf der Weltbühne der Nachkriegszeit. "Wir verlieren mit Henry Kissinger einen beeindruckenden Mann mit einer unglaublichen Lebensgeschichte: den Zeitzeugen eines Jahrhunderts, die treibende geistige Kraft der US-Außenpolitik vieler Jahrzehnte, den Hüter der transatlantischen Beziehungen", schrieb Steinmeier in einer Pressemitteilung und würdigte unter anderem Kissingers klare Sprache und unerschrockene Diplomatie. Der Deutschamerikaner habe mit seiner Entspannungs- und Abrüstungspolitik "den Grundstein für das Ende des Kalten Krieges und für den demokratischen Wandel im Osten Europas" gelegt. Steinmeier nannte es eine ganz besondere Ehre, Kissinger einen Freund zu nennen. "Mit Ihrem Mann verlieren wir einen großen Kämpfer für Freiheit und Demokratie", schrieb der Bundespräsident an Kissingers Frau, Nancy Sharon Kissinger, und deren Familie gerichtet.
Außenministerin Annalena Baerbock würdigte den ehemaligen US-Außenminister als "Jahrhundertgestalt der internationalen Politik". "Für viele war er Vorbild. Andere haben sich auch an ihm gerieben", schrieb die Grünen-Politikerin auf X. "Was über allem bleiben wird, ist seine Größe, unserem Land nach dem Zweiten Weltkrieg die Hand auszustrecken und bis zuletzt in Freundschaft verbunden zu sein", fügte Baerbock hinzu.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schrieb auf X, Bayern trauere um Kissinger, einen bedeutenden Staatsmann, "der mit Weitsicht und großem analytischen Scharfsinn die Menschen überzeugen konnte". Kissinger sei einer der einflussreichsten außenpolitischen Beobachter und Denker gewesen. "Nicht alle seiner Positionen waren unumstritten. Aber er war einer der wichtigsten und klügsten Außenpolitiker des vergangenen Jahrhunderts." Zudem unterstrich Söder die bayerische Herkunft des früheren Politikers: "Er war Bayer, Franke, Fürther und seiner alten Heimat und dem jüdischen Leben bis zuletzt verbunden." Er freue sich, einige Male die Gelegenheit gehabt zu haben, "diese beeindruckende Persönlichkeit aus nächster Nähe zu erleben". Zuletzt seien sie einander im Sommer dieses Jahres anlässlich des 100. Geburtstages von Kissinger begegnet.
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Weitere Quellen: Twitter, mit AP