Die israelische Blockade des Gaza-Streifens dauert bereits drei Jahre - und war bei der internationalen Öffentlichkeit fast schon in Vergessenheit geraten. Erst durch den Militäreinsatz gegen Schiffe eines Hilfskonvois richtete sich die Aufmerksamkeit erneut auf die Lebensumstände in dem Palästinensergebiet. Zwei Wochen nach der blutigen Aktion gibt es jetzt erste Anzeichen, dass die Blockade gelockert werden soll.
Der Nahost-Beauftragte Tony Blair sagte am Montag am Rande eines EU-Außenministertreffens in Luxemburg, dass er auf eine Grundsatzeinigung in den kommenden Tagen hoffe. Diese sehe vor, dass Baumaterial und Lebensmittel künftig ohne Genehmigung in den Gazastreifen gelangen können. Die bisherige Positivliste soll durch eine Negativliste mit Waffen und Angriffsmaterialien ersetzt werden, für die die Blockade weiterhin in Kraft bleibe. Das ist eine bedeutende Veränderung", sagte Blair.
Außenminister fordern Öffnung der Grenzübergänge
Israel hatte nach der Machtübernahme der radikalislamischen Hamas vor drei Jahren eine Blockade gegen den Gazastreifen verhängt. Die 1,5 Millionen Bewohner des 45 Kilometer langen Küstenstreifens versorgen sich seitdem weitgehend durch illegale Tunnel an der Grenze zu Ägypten, was das Elend in der Region noch verschlimmert hat. Lebensmittel vergammelten an den geschlossenen Grenzübergängen, und zerstörte Häuser, Schulen oder Sanitäranlagen konnten nicht wieder aufgebaut werden.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte in Luxemburg, die EU habe "erste Signale von Israel", dass auch Hilfslieferungen wieder zugelassen würden. "Ich setze darauf, dass Israel jetzt auch entsprechende Ankündigungen umsetzt", sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle. "Es geht um eine Öffnung der Grenzübergänge. Die EU ist bereit, diese Schritte zu unterstützen." Die EU-Außenminister riefen Israel in einer gemeinsamen Erklärung zur "sofortigen, nachhaltigen und bedingungslosen Öffnung der Grenzübergänge" in den Gazastreifen auf. Neben Hilfsgütern und Waren müssten auch Menschen wieder ungehindert passieren können, forderte die EU.
Blair: "Weg von der Tunnel-Ökonomie"
Vor zwei Wochen hatten die israelischen Streitkräfte einen internationalen Schiffskonvoi mit Hilfsgütern für den Gazastreifen angegriffen und damit abermals massive Kritik an der Blockadepolitik provoziert. Die Außenminister riefen Israel am Montag zu einem "dringenden und fundamentalen Politikwechsel auf", wie aus einem Erklärungsentwurf hervorging. "Wir müssen weg von der Tunnel-Ökonomie hin zu einer normalen Wirtschaft", forderte Blair. Er hat sich in den vergangenen Tagen mehrfach mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu getroffen.
Blair zeigte sich zuversichtlich, dass nun schnell Erleichterung für die Menschen in Gaza komme. "Die Güter, die die Menschen brauchen, werden reinkommen." Zwar werde das Erstellen der Verbotsliste Zeit beanspruchen. Aber es gebe eine Reihe von UN-Wiederaufbauprojekten, die nun "sehr zügig" an die Arbeit gehen könnten. Wie aus Diplomatenkreisen verlautete, könnte Israel in einem ersten Schritt den Kontrollposten Karni oder Kerem Schalom für den Warenverkehr freigeben. Blair sagte, die EU könne auch am Grenzposten Rafah zu Ägypten eine Rolle übernehmen. Einzelheiten über eine etwaige Beteiligung internationaler Soldaten an der Grenzsicherung machte er nicht.