Der Irak hat der Zerstörung seiner Raketen vom Typ Al Samoud 2 "im Prinzip" zugestimmt. Die UN-Waffeninspekteure in Bagdad stehen mit den irakischen Behörden in Verhandlungen über Einzelheiten der Vernichtung aller Raketen mit einer höheren als der erlaubten Reichweite von 150 Kilometern. Das bestätigte die Irak-Inspektionskommission UNMOVIC am Donnerstagabend in New York.
Irakische Taktik?
Für die USA ist die irakische Entscheidung bedeutungslos. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sagte, dies sei alles nur Teil der irakischen Taktik. Bagdad weigere sich bei jedem neuen Fall erst zu kooperieren, zögere dann eine Entscheidung hinaus und handle schließlich unter Druck. Präsident George W. Bush hatte zuvor bereits klar gemacht, dass eine Zerstörung der Raketen keinen Unterschied mache. Er nannte sie am Donnerstagmittag die "Spitze des Eisbergs". Der Irak müsse vollständig abrüsten. Auch Außenminister Colin Powell sagte, dies ändere nichts an der amerikanischen Einschätzung der Situation.
Erste Zerstörungen am Wochenende
Der irakische Präsidentenberater Amir el Saedi habe in einem Schreiben an die UN zugleich die Bereitschaft zur Zerstörung von weiteren "Gegenständen" erklärt, die von der UNMOVIC als verboten eingestuft worden waren. In UN-Expertenkreisen wurde erläutert, man rechne damit, das die Vernichtung am Wochenende beginnen werde. Betroffen seien auch Raketenantriebe, die vom Irak illegal beschafft worden seien. UNMOVIC erklärte, ein Stellvertreter von UN- Chefinspekteur Hans Blix sei bereits in Bagdad, um Einzelheiten zu klären "und um die Zerstörungsmaßnahmen zu beginnen".
Blix werde den UN-Sicherheitsrat in den nächsten Tagen auch darüber informieren, ob und wie die Raketenzerstörung angelaufen sei. Weil das irakische Schreiben erst am Donnerstag in New York übergeben wurde, fand es nach Angaben aus Kreisen der UN-Waffeninspekteure noch nicht Eingang in den jüngsten Quartalsbericht von UNMOVIC. Blix werde das aber in seinen zusätzlichen Erläuterungen vor dem Sicherheitsrat klarstellen.
Ultimatum bis zum 1. März
Blix hatte in der vorigen Woche von Bagdad verlangt, dass bis spätestens zum 1. März mit der Vernichtung der Al-Samoud-Raketen zu beginnen sei. Von der irakischen Zustimmung hatten Mitglieder des Weltsicherheitsrates ihre Haltung zu einer weiteren Irak-Resolution abhängig gemacht, die auf Verlangen der USA, Großbritanniens und Spaniens einen Krieg gegen den Irak autorisieren soll.
Unklarheiten über den Blix-Bericht
Ein UN-Sprecher dementierte Meldungen, dass der UNMOVIC-Bericht bereits am Donnerstag dem Weltsicherheitsrat zugestellt und von diesem erörtert worden sei. UN-Generalsekretär Kofi Annan habe inzwischen die eindeutige Version des Berichtes freigegeben. Sie werde den Mitgliedern Sicherheitsrat an diesem Freitag übergeben.
Zitat
"Meine Haltung zu Saddam Hussein ist, wenn er überhaupt eine Absicht gehabt hätte, abzurüsten, dann würde er abgerüstet haben. Wir sind noch immer ein Schlachtfeld". US-Präsident Bush in einem Interview mit der Zeitung "USA Today".
Wortgefechte im Sicherheitsrat
Das Tauziehen um den Irak-Konflikt führte im Sicherheitsrat zu heftigen Wortgefechten. Im Mittelpunkt stand die Forderung Frankreichs, Deutschlands und Russlands, dass die UN- Waffeninspekteure ein langfristiges Arbeitsprogramm mit klaren Zielstellungen sobald wie möglich dem Rat vorlegen sollten.
Streit um den Antrag von Frankreich, Deutschland und China
Die Vertreter Großbritanniens und der USA lehnten dies mit der Begründung ab, dass die Forderung aus dem Memorandum dieser drei Staaten nicht als offizieller Antrag angesehen werden könne. Daraufhin erklärte der UN-Botschafter Chinas, er stelle diese Forderung als ständiges Ratsmitglied. Die Vertreter Londons und Washingtons erwiderten, sie würden das zunächst an ihre Regierungen weiterleiten müssen.
Nur noch Zeit bis Mitte März
Hintergrund ist, dass die Kriegsbefürworter den Inspekteuren nur noch bis Mitte März Zeit geben wollen. Dagegen verweisen die Verfechter einer friedlichen Lösung in ihrem Memorandum darauf, dass die UN-Resolution 1284 vom November 1999 für die Inspektionen längere Zeiträume vorgesehen habe. Zudem sehe die im Dezember 2002 einstimmig angenommene Resolution 1441 für die Arbeit der Inspekteure kein Endatum vor.
Veto aus Rußland?
Unterdessen wurde bekannt, dass Russland möglicherweise sein Veto gegen die neue Resolution zum Irak im Weltsicherheitsrat einlegen wird. Der russische Außenminister Igor Iwanow sagte am Freitag nach Gesprächen mit der chinesischen Führung vor Journalisten in Peking: "Wenn es nötig ist und um die internationale Stabilität zu wahren, besteht die Möglichkeit, dass Rusland sein Veto einlegt."
"Russland wird keine Resolution unterstützen, die direkt oder indirekt zu einem Militärangriff auf den Irak führt", sagte Iwanow durch einen Übersetzer. Russland sehe nicht die Notwendigkeit für eine neue Resolution. Nur wenn es nötig sei, die laufenden Inspektionen zu unterstützen, wäre Russland bereit, eine neue Entschließung zu erwägen.
Frieden und Stabilität
"Wer sein Veto einlegt, muss die Konsequenzen berücksichtigen", sagte Iwanow. "Es darf nur für den Frieden und die Stabilität der Welt sein." Russland sei aber auch der Ansicht, dass die Mitglieder des Sicherheitsrates, insbesondere die ständigen Mitglieder, sich einig sein sollten. Nur mit dieser Geschlossenheit habe der Sicherheitsrat bisher etwas erreicht.
Einigkeit im Sicherheitsrat gefordert
"In der Irakfrage werden wir in Zukunft auf jeden Fall versuchen, die Einigkeit der Mitglieder des UN-Sicherheitsrates zu wahren." Mit China sei sich Russland einig, dass eine politische Lösung verfolgt und ein Krieg vermieden werden müsse, sagte Iwanow, der am Vortag Präsident Jiang Zemin, den neuen Parteichef Hu Jintao und seinen Kollegen Tang Jiaxuan gesprochen hatte.
Die Vorbereitungen Amerikas auf einen Waffengang im Irak gehen unterdessen mit unvermindertem Aufwand weiter.
Weitere Flugzeuge auf dem Weg
Nach Auskunft eines Sprechers des Luftwaffenstützpunktes Whiteman im US-Bundesstaat Missouri vom Donnerstag wurde den dort stationierten, gegen Radarerfassung gesicherten B-2-Bombern der Entsendebefehl gegeben.
"Türen eintreten"
Wieviele der 21 "Spirit"-Bomber zum Einsatz kommen sollen, von denen jeder einzelne bis zu 20 satellitengesteuerte 900 Kilogramm-Bomben transportieren kann, wurde nicht mitgeteilt. Im Verteidigungsministerium hieß es, es sei davon auszugehen, dass die Bomber in den nächsten Tagen starten würden. Die B-2 gelten im Militär-Jargon als Waffe zum "Türen eintreten" - sie sollen in der ersten Angriffswelle die integrierten Luftabwehr- Einrichtungen des Feindes zerstören, die anderen, weniger radarsicheren Kampfflugzeugen gefährlich werden könnten.
Auf der Insel Diego Garcia im Indischen Ozean und in Großbritannien unterhalten die USA spezielle Hangars für ihre modernsten Bomber, die auch im Kosovo-Krieg sowie in den ersten Tagen des Afghanistan-Feldzugs schon zum Einsatz kamen.
Hunderte von Kampfflugzeugen
Die USA haben zudem bereits ihre Fernbomber vom Typ B-1 sowie die ebenfalls vor Radarerfassung geschützten F-117A- Stealth-Kampfbomber in die Golf-Region entsandt. Hunderte Kampfflugzeuge werden auf mehreren Flugzeugträgern mitgeführt.
Fünf Flugzeugträger stehen bereit
Marinesprecher in Washington teilten mit, der Flugzeugträger "Nimitz" werde routinemäßig die "Abraham Lincoln" im Golf ablösen. Die Fahrt dort hin dauert etwa drei Wochen oder etwas länger. In der Golfregion kreuzen bereits die "Kitty Hawk" und die "Constellation". Im Mittelmeer sind die Flugzeugträger "Theodore Roosevelt" und "Harry Truman" unterwegs.