Nach den jüngsten Hinrichtungen im Iran hat die Europäische Union ihre Sanktionen gegen die Islamische Republik weiter verschärft. Nach Diplomatenangaben setzten die EU-Außenminister am Montag in Brüssel insgesamt 37 weitere iranische Verantwortliche und Organisationen auf die Sanktionsliste. Keinen Beschluss gab es zur Einstufung der iranischen Revolutionsgarden als "terroristisch". Teheran hatte die EU vor einem solchen Schritt gewarnt.
"Die EU verurteilt nachdrücklich die brutale und unverhältnismäßige Anwendung von Gewalt durch die iranischen Behörden gegen friedliche Demonstranten", erklärte Schwedens Außenminister Tobias Billström, dessen Land derzeit den EU-Ratsvorsitz innehat. Das von den Außenministern gebilligte vierte Sanktionspaket sieht laut Diplomaten Einreise- und Vermögenssperren gegen 18 Verantwortliche und 19 Organisationen vor. Insgesamt stehen damit fast hundert Namen auf der EU-Sanktionsliste, darunter Mitglieder der Revolutionsgarden.
Vier weitere Hinrichtungen im Iran
"Die Revolutionsgarden terrorisieren ihre eigene Bevölkerung Tag für Tag", sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in Brüssel. Die EU reagiert damit laut Diplomaten auch auf die Vollstreckung von vier Todesurteilen, die im Zusammenhang mit den regierungskritischen Protesten stehen.
Vorsichtig äußerte sich Baerbock zur Forderung des Europaparlaments und aus ihrer Grünen-Partei, die iranischen Revolutionsgarden auf die EU-Liste der Terrororganisationen zu setzen. Dies sei ein "mehr als komplexes" Unterfangen, betonte die Grünen-Politikerin, die den Schritt anfangs selbst gefordert hatte. Die mit der islamischen Revolution 1979 im Iran aufgestellten Revolutionsgarden gelten als Eliteeinheit innerhalb der iranischen Streitkräfte.
Revolutionsgarden als Terrororganisation?
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sieht hohe juristische Hürden für eine Einstufung als Terrororganisation. In mindestens einem Mitgliedsland müsse ein Gericht die Gruppierung wegen Terrorismus verurteilen, sagte der Spanier. "Dann können wir auf europäischer Ebene unsere Arbeit tun, aber die Gerichtsentscheidung muss an erster Stelle stehen."
Die iranische Opposition wirft der EU eine zu große Rücksichtnahme auf Teheran vor. Vermutet wird, Borrell wolle damit die Tür für weitere Verhandlungen über das Atomabkommen mit dem Iran offenhalten.
Frankreich und Belgien riefen die EU auf, den Druck auf Teheran zu erhöhen. Der Iran nehme europäische Bürger als "Geiseln", sagte die französische Außenministerin Catherine Colonna. Die Regierungen in Paris und Brüssel fordern die Freilassung eigener Staatsbürger, die seit Monaten im Iran festgehalten werden.
Großbritannien sanktioniert Basidsch-Miliz
Großbritannien dagegen hat weitere Sanktionen gegen das Land beschlossen. Man habe die paramilitärische Basidsch-Miliz und mehrere Amtsträger der iranischen Führung sanktioniert, teilte das britische Außenministerium am Montag mit.
"Die, die heute sanktioniert werden (...), stehen im Mittelpunkt der brutalen Unterdrückung des iranischen Volkes durch das Regime", sagte Außenminister James Cleverly einer Mitteilung zufolge. Großbritannien und seine internationalen Partner wollten mit den Sanktionen die klare Botschaft senden, dass es "kein Versteck für diejenigen geben wird, die sich der schlimmsten Menschenrechtsverletzungen schuldig gemacht haben".
Zentrale Rolle bei der Unterdrückung von Protesten
Die Basidsch-e Mostasafin (Mobilisierte der Unterdrückten) ist eine paramilitärische Einheit im Iran. Gegründet nach der Islamischen Revolution 1979 und rekrutiert aus jungen Teilen der Gesellschaft, spielt die Miliz eine zentrale Rolle bei der Unterdrückung von Protesten im Land. Die Miliz ist Teil der Revolutionsgarden, ihr sollen mehrere Hunderttausend systemtreue Anhänger angehören.
Neben der Miliz steht unter anderem auch Kiumars Heydari auf der britischen Sanktionsliste - er ist Kommandeur der iranischen Bodenstreitkräfte. Auch die EU hat ihn sowie die Basidsch-Miliz bereits mit Sanktionen belegt.