Iran Deutsche Botschaft angegriffen

Erstmals haben wütende Moslems auch eine deutsche Botschaft aus Protest gegen die Mohammed-Karikaturen angegriffen. Dutzende Studenten warfen Steine und Feuerwerkskörper auf das Gebäude im Zentrum der iranischen Hauptstadt Teheran.

Die Regierung in Berlin verlangte in scharfen Worten einen Schutz deutscher Einrichtungen. In Pakistan kam es zu den heftigsten Protesten seit Beginn der Demonstrationswelle vor mehreren Wochen. Dabei wurden zwei Menschen getötet. Der EU-Außenpolitik-Beauftragte Javier Solana rief in Kairo dazu auf, keine Spaltung zwischen Europa und der moslemischen Welt zuzulassen.

Proteste auch in Islamabad

"Deutschland, ihr seid Faschisten und willfährige Diener des Zionismus", schrien rund 50 Demonstranten vor der deutschen Botschaft in Teheran und forderten ihre Schließung. Auch deutsche Zeitungen hatten die zwölf Karikaturen nachgedruckt, die im September erstmals in Dänemark veröffentlicht worden waren. Palästinenser gingen daraufhin Anfang des Monats gezielt gegen die deutsche Vertretung in Gaza-Stadt vor und demolierten das Gebäude.

Der anti-westliche Protest richtete sich sowohl gegen zunächst in Dänemark veröffentlichte Zeichnungen des Propheten Mohammed als auch gegen eine Karikatur in der Berliner Zeitung "Tagesspiegel", auf der iranische Fußballspieler mit umgeschnallten Bombengürteln zu sehen sind.

Die Polizeikräfte forderten die Studenten schließlich auf, das Botschaftsviertel zu verlassen. Unter starkem Protest zogen die Demonstranten zur britischen Botschaft weiter, die nur 500 Meter von der deutschen Vertretung entfernt liegt. Ernsthafte Schäden an dem Botschaftsgebäude wurden nicht hinterlassen. Viele der Botschaftsmitarbeiter hatten schon vor oder kurz nach Beginn der Demonstration das Gebäude verlassen.

Auch im diplomatischen Viertel der pakistanischen Hauptstadt Islamabad flammten am Dienstag wieder gewaltsame Proteste auf. Hunderte von Menschen zogen vor die Botschaften Großbritanniens und Indiens, warfen Steine und randalierten vor Schnellrestaurants, Hotels und Tankstellen, die von Firmen aus Europa und den USA betrieben wurden. Am Parlament zerfetzten die Demonstranten ein Bild von Präsident Pervez Musharraf, dem sie seine enge Zusammenarbeit mit den USA vorwarfen. Im diplomatischen Viertel von Islamabad setzten Sondereinsatzkräfte der Polizei Tränengas ein. In Lahore erschoss das Sicherheitspersonal einer Bank zwei Demonstranten, die in das Gebäude stürmen wollten.

Auswärtiges Amt: vollständigen Schutz gewährleisten

Die Bundesregierung forderte den Iran dazu auf, seine diplomatischen Pflichten zu erfüllen und einen vollständigen Schutz deutscher Einrichtungen zu gewährleisten. Dies sei der iranischen Seite deutlich gemacht worden, erklärte das Auswärtige Amt in Berlin. Ressortchef Frank-Walter Steinmeier lobte bei einem Besuch in Amman Jordaniens Bemühen um Mäßigung. Im palästinensischen Ramallah hatte er zuvor erklärt, es müsse wieder ein Weg "zurück zum Dialog der Kulturen" gefunden werden.

Diesen Appell richtete auch Solana an beide Seiten des Konflikts: "Unsere Gesellschaften müssen das Gefühl für den Dialog festigen, das Gefühl dafür, dass ihre Beziehungen von Respekt und Anteilnahme geprägt sind und von der gemeinsamen Aufgabe einer Lösung der verschiedenen Probleme", sagte der EU-Beauftragte nach Gesprächen mit dem ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak. Er wolle mit seiner mehrtägigen Reise durch arabische Staaten dazu beitragen, "wieder Brücken zwischen Europa und der moslemischen Welt zu schlagen".

"Tagesspiegel" verteidigt seine Iran-Karikatur

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso erklärte, die EU wolle, dass weder der Islam noch das Christen- oder das Judentum verunglimpft werde. Gewaltsame Ausschreitungen seien aber die falsche Reaktion und kein demokratisches Mittel. Er betonte: "Es sind nicht die Politiker und Behörden, die entscheiden, was veröffentlicht werden sollte und was nicht."

Das Berliner Blatt "Der Tagesspiegel" verteidigte seine jüngste Iran-Karikatur als gedeckt von der Presse- und Meinungsfreiheit. Zahlreiche Karikaturisten aus Deutschland erklärten sich einem Bericht des Blattes zufolge mit dem Autor der Zeichnung solidarisch, die iranische Fußballspieler als Selbstmordattentäter zeigt. Es sei gefährlich, wenn "Tabuzonen der Satire und Meinungsäußerung ausgeweitet würden", hieß es in ihrem Schreiben. Der Iran hatte eine Entschuldigung verlangt und der Karikaturist mehrere Morddrohungen erhalten.

Reuters, DPA