Iranisches Atomprogramm Klare Worte von Schröder und EU

Bundeskanzler Gerhard Schröder schätzt den Streit um das iranische Atomprogramm als "bedrohlich" ein. Während Schröder Wirtschaftssanktionen in Betracht zieht, droht die EU dem Land mit dem Abbruch der Verhandlungen.

In bislang deutlichster Form hat Bundeskanzler Gerhard Schröder die iranische Führung vor der Wiederaufnahme von Atomplänen gewarnt. "Es ist eine Situation, die ich für bedrohlich halte", sagte Schröder am Dienstag bei einer Preisverleihung in Berlin. Die iranische Führung müsse wissen, dass es ihr nicht gelingen werde, die drei die Verhandlungen führenden EU-Staaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien sowie Russland und die USA zu spalten. Ohne Sanktionen durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen konkret zu nennen, sagte Schröder, es gebe Mittel und Wege, dafür zu sorgen, dass wirtschaftlicher Druck ausgeübt werde, wenn der Iran den Besitz von Atomwaffen anstrebe.

Die Europäer seien zu weitgehenden wirtschaftlichen Zugeständnissen bereit. "Ich hoffe, dass das verstanden wird", sagte der Kanzler. Er hoffe, dass es gelinge, "diese bedrohliche Situation zu deeskalieren". Sie erwarteten aber auch von der Führung in Teheran ein deutliches Entgegenkommen. Der Kanzler sprach von einer "schwierigen und hochsensiblen" Situation. Iran dürfe aber nicht an dem festen Willen des Westens zweifeln, dass das Land nicht in den Besitz von Atomwaffen kommen dürfe.

Frankreich warnte vor einer großen internationalen Krise. Außenminister Philippe Douste-Blazy erklärte, die Europäer wollten so schnell wie möglich eine außerordentliche Sitzung des Gouverneurrats der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) beantragen. Sollte der Iran die dort gefassten Beschlüsse nicht respektieren, müsse die internationale Gemeinschaft den UN-Sicherheitsrat anrufen. Auch Premierminister Dominique de Villepin sagte im Radio Europe-1, wenn Teheran seine Verpflichtungen nicht erfülle, müsse sich der Sicherheitsrat damit befassen.

Europäer drohen mit Verhandlungsabbruch

Die Europäische Union (EU) hat Iran mit dem Abbruch der Verhandlungen über ein umfassendes bilaterales Abkommen gedroht, falls Teheran die Arbeit in der Atomanlage von Isfahan - wie angekündigt - wieder aufnimmt. Die EU werde schon in den nächsten Tagen eine Sondersitzung des Gouverneursrats der UN- Atombehörde IAEO in Wien einberufen, um andere Maßnahmen gegen Iran zu beschließen, heißt es in einem Brief an den iranischen Chefunterhändler Hassan Rowhani. Der Brief ist von den Außenministern Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens sowie dem EU-Beauftragten für Außenpolitik Javier Solana unterzeichnet. Die USA wollen umgehend in Beratungen mit Deutschland, Großbritannien und Frankreich eintreten, sollte der Iran die Aufbereitung von Uran tatsächlich wieder aufnehmen. Auch der IAEO-Gouverneursrat würde in diesem Fall konsultiert, erklärte Außenamtssprecher Tom Casey in Washington.

Iran gibt IAEO zwei Tage Zeit

Zuvor hatte der Iran den zunächst für Montag angekündigten Schritt, die Atomanlage Isfahan wieder in Betrieb zu nehmen, um zwei Tage verschoben. Die Entscheidung sei auf Wunsch der IAEO erfolgt, erklärte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, Ali Agha Mohammadi. IAEO-Chef Mohammed al Baradei wolle Inspektoren in den Iran entsenden, um die Wiedereröffnung der von seiner Behörde versiegelten Anlage zu überwachen. Dafür habe er sich "maximal zwei Tage" Zeit erbeten, sagte Mohammadi. Dagegen erklärte IAEO-Sprecherin Melissa Fleming, man habe gegenüber Teheran klargestellt, dass man mindestens eine Woche brauche, um das notwendige Gerät zur Überwachung der Atomanlage in den Iran zu bringen.

Israel zeigt sich alarmiert über die iranische Ankündigung. Falls der Iran nicht vor den UN-Sicherheitsrat gebracht werde, werde Teheran bald Atomwaffen bauen können, sagte der Vorsitzende des Parlamentsausschusses für Auswärtige Angelegenheiten, Yuval Steinitz. Israelische Kampfflugzeuge hatten 1981 einen im Bau befindlichen Kernreaktor im Irak zerstört, um das irakische Atomprogramm zu stoppen.

In Isfahan soll Roh-Uran zu Uran-Hexafluorid umgewandelt werden. Dieses Gas kann in Zentrifugen in angereichertes Uran umgewandelt werden, das je nach Grad der Bearbeitung zum Bau von Atomwaffen dienen könnte. Deutschland, Großbritannien und Frankreich versuchen im Auftrag der EU, den Iran von diesem Vorhaben abzubringen. Sie wollen in Kürze ein Angebot mit Gegenleistungen in Form von Wirtschaftshilfe für Teheran vorlegen.

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