Irans Präsident "Deutschland und Iran sind Tyrannei ausgesetzt"

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad sieht Parallelen zwischen seinem Land und Deutschland. Beide Staaten seien einer "Tyrannei" ausgesetzt, schreibt er Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat in seinem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel im Juli Parallelen zwischen beiden Ländern gezogen. Sowohl der Iran als auch Deutschland seien einer "Tyrannei" der Sieger des Zweiten Weltkrieges ausgesetzt, hieß es in der englischen Version des Briefes, den die Nachrichtenagentur Reuters von einem Diplomaten erhielt. Die Regierungen in Teheran und Berlin sollten sich daher gemeinsam gegen die aufgezwungene Weltordnung zur Wehr setzen. Bislang waren keine Details des Schreibens bekannt geworden. Merkel hatte den Brief als inakzeptabel bezeichnet und nicht beantwortet.

Seine umstrittene Behauptung, der Massenmord an den Juden durch die Nazis sei ein Märchen, wiederholte Ahmadinedschad in dem Brief nicht direkt. Allerdings betonte der Politiker, der Holocaust sei benutzt worden, um Deutschland nach Kriegsende zu schwächen. "Einige Siegermächte des Zweiten Weltkrieges wollten einen Vorwand schaffen, auf dessen Basis sie die Verlierer des Zweiten Weltkrieges weiter gefügig machen konnten", schrieb Ahmadinedschad. Zugleich schimpfte er über den Zionismus: Die Holocaust-Überlebenden hätten Gebiete im Nahen Osten besiedelt, die zum damaligen Palästina gehört hätten. Außerdem sei heutzutage der zionistische Einfluss überall zu spüren: in der Wirtschaft, in den Medien und in politischen Kreisen.

Atomstreit wird nicht angesprochen

Der Atomstreit mit dem Westen wird in dem Brief nicht angesprochen. Ahmadinedschad kritisiert darin jedoch das mutmaßliche israelische Atomwaffen-Arsenal. "Sollen die Nuklear-Bestände Israels für die Verteidigung der Holocaust-Überlebenden eingesetzt werden oder als permanente Bedrohung für die Nationen der Region (...)?", fragt er.

Die fünf Vetomächte des UN-Sicherheitsrates und Deutschland hatten die Führung in Teheran zuletzt in einem Paket aus Anreizen und angedrohten Strafen dazu aufgefordert, ihre umstrittene Urananreicherung auszusetzen. Diese kann auch für den Bau von Atomwaffen genutzt werden - was der Westen dem Iran vorwirft, das Land aber bestreitet. Die Islamische Republik betrachtet die Urananreicherung als ihr Recht. "Ich glaube, dass wir und Sie beide das Ziel von Tyrannei sind", formulierte Ahmadinedschad vor diesem Hintergrund in dem Brief an Merkel. "Sie respektieren unsere Rechte nicht und wollen, dass auch wir unsere Rechte aufgeben." Zusammenfassend stellt er fest: "Zusammen müssen wir den derzeitigen Anomalien in den internationalen Beziehungen ein Ende machen, (...)."

Wie schon in seinem Brief an US-Präsident George W. Bush auch listet Ahmadinedschad darüber hinaus etliche weitere Probleme der Staatengemeinschaft auf. Sie alle seien entstanden, weil die Politiker keinen göttlichen Lehren folgten, deutete der Politiker an.

Die Beziehungen zwischen Deutschland und dem Iran gelten seit den anti-semitischen Äußerungen Ahmadinedschads als gespannt. Die Leugnung des Holocaust ist in Deutschland eine Straftat. Den USA wiederum steht der Iran feindselig gegenüber. Die Vereinigten Staaten unterhielten bis zur Islamischen Revolution 1979 enge Beziehungen zum Schah, seit der Revolution liegen die diplomatischen Beziehungen allerdings auf Eis.

Angela Merkel hat sich wegen des Atomstreits mit dem Iran und wegen der Nahostkrise mit dem amerikanischen Präsidenten George W. Bush und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin beraten. Dies bestätigte ein Regierungssprecher am Donnerstagabend in Berlin. Themen bei beiden Telefonaten seien die "internationale Lage" und die Situation im Libanon gewesen. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Dana Perino, bestätigte das Telefonat von Bush und Merkel ebenfalls. Sie wollte nicht sagen, ob Bush und Merkel einer Meinung gewesen seien, dass Irans Antwort auf das Angebot im Atomstreit unbefriedigend sei. Perino wollte auch nicht sagen, ob die beiden Partner über die nächsten Schritte übereinstimmten. Mit Putin hatte Merkel bereits am Mittwochabend telefoniert, wie der deutsche Sprecher sagte.

AP · Reuters
Reuters/AP