Bei den Gesprächen über ein Ende der seit fünf Wochen andauernden Belagerung der Geburtskirche in Bethlehem ist es nach Angaben aus Palästinenser-Kreisen zu einer Einigung mit Israel gekommen.
Palästinenser-Präsident Jassir Arafat habe einer Regelung zugestimmt, wonach 13 der in der Kirche verschanzten Palästinenser nach Italien ins Exil geschickt würden, verlautete am Dienstagmorgen in Bethlehem. 26 weitere würden in den Gaza-Streifen geschickt. Israelische Truppen stießen derweil nach Angaben der Armee in der Nacht erneut in die palästinensische Ortschaft Tulkarm vor.
Israels Ministerpräsident Ariel Scharon forderte unterdessen vor Gesprächen mit US-Präsident George W. Bush in Washington die Palästinenser-Regierung zu umfassenden Reformen auf. Mit Blick auf Arafat fügte er hinzu, die Regierung dürfe sich auf dem Weg zum Frieden nicht von einem Mann abhängig machen. Die Reform sei Voraussetzung, um einen von Israel erstellten Friedensplan umzusetzen, über den zunächst nur wenige Details bekannt wurden.
Die Unterhändler bemühten sich noch um die Zustimmung Italiens, hieß es in verhandlungsnahen Kreisen in Bethlehem. In der Geburtskirche seien Vertreter der palästinensischen Sicherheitskräfte, um Waffen einzusammeln und letzte Details zu klären, verlautete aus den Palästinenser-Kreisen. Ein israelischer Armeesprecher wollte die Angaben über eine mit den Palästinensern erzielte Einigung zunächst weder bestätigen noch dementieren. Einer der Palästinenser in der Kirche teilte Reuters telefonisch mit, er habe sich mit zwölf weiteren Palästinensern zur Ausreise nach Italien bereIt erklärt. 26 andere würden in den Gaza-Streifen reisen. Unklar blieb zunächst, ob diese von den palästinensischen Behörden in Gaza in Gewahrsam genommen werden sollen.
Die militanten Palästinenser haben sich seit Anfang April in der Geburtskirche verschanzt. In dem Gotteshaus harren zudem zahlreiche Zivilisten aus. Insgesamt seien 123 Menschen in der Kirche, verlautete am Montag aus israelischen Militärkreisen.
Scharon: Terrorismus und Gewalt müssen ein Ende haben
Scharon rief die Palästinenser-Regierung in einer Rede vor einer pro-jüdischen Gruppe in Washington zu strukturellen Reformen auf. Es gehe um Transparenz und Berechenbarkeit. Zudem müssten Gewalt, Terrorismus und die Aufwiegelung gegen Israel ein Ende haben. Scharon hat einen 100 Seiten starken Bericht mit in die USA gebracht, aus dem hervorgehen soll, dass Arafat Millionen ausländischer Hilfsgelder dafür verwendet habe, den Palästinenser-Aufstand und Attacken gegen Israel zu finanzieren. Die Palästinenser-Regierung hat die Dokumente als Fälschungen bezeichnet.
Scharon rief in Washington gleichzeitig erneut zur Einberufung einer regionalen Nahost-Friedenskonferenz auf, in der die nötige Atmosphäre für Fortschritte im Friedensprozess geschaffen werden solle. US-Außenminister Colin Powell hatte zuvor erneut vor zu hohen Erwartungen an die von den USA gemeinsam mit Russland, der EU und der UNO für den Sommer vorgeschlagene Nahost-Friedenskonferenz gewarnt.
Nach separaten Gesprächen mit Scharon, dem jordanischen König Abdullah und dem saudiarabischen Außenminister Saud el Faisal sagte Powell am Montagabend in Washington, die Friedenskonferenz werde »nur ein weiterer Schritt auf dem Weg nach vorn« sein, aber kein Entscheidungstreffen für den Entwurf einer dauerhaften Friedenslösung.
In Washington wollte Scharon nach einem Gespräch mit Verteidigungsminister Donald Rumsfeld am Dienstag auch mit US-Präsident George W. Bush zusammenkommen. Scharon hat nach eigenen Angaben einen sehr ernsthaften Plan im Gepäck, wie Frieden in Nahost zu erreichen sei. Allerdings ist nur wenig bisher darüber bekannt. Aus israelischen politischen Kreisen verlautete, der Plan reflektiere einen früheren Vorschlag für eine langfristige Interimslösung, bei der die umstrittenen jüdischen Siedlungen aber bleiben würden. Außerdem seien darin Pufferzonen im Westjordanland vorgesehen. Die Palästinenser haben diese Ideen bereits als unzureichend zurückgewiesen.