Erzkonservativer US-Senator Jerry Moran - der Mann, der "Trumpcare" zu Fall brachte

Jerry Moran
Offener Widerstand: Jerry Moran zerreißt in einem seiner Wahlkreise die Pläne der eigenen Regierung
© John Hanna/AP
Jerry Moran ist eigentlich ein treuer Parteisoldat. Einer der treuesten. Und doch gehört er zu den wenigen Republikanern, die die Abschaffung von "Obamacare" verhindert haben. Für die Partei und deren künftige Vorhaben verheißt das nichts Gutes.

Eigentlich wäre die Abstimmung ohnehin ins Wasser gefallen. Denn John McCain ist krank, OP wegen eines Blutgerinnsels. Ohne seine Stimme hätte die Reform der Reform von vornherein keine Chance gehabt, also wurde die Senatssitzung verschoben. Doch am Ende war es nicht der frühere Präsidentschaftskandidat und bekennende Widerborst, an dem Donald Trumps nächstes großes Wahlversprechen gescheitert ist. Gleich vier seiner Kollegen konnten und wollten der Abschaffung und dem Ersatz von "Obamacare" nicht ihren Segen erteilen. Und unter ihnen vor allem einer: Jerry Moran, 63, aus Kansas.

"Obamacare" bleibt wohl doch

"Obamacare hat ernsthafte Probleme, und mein Ziel war und bleibt: es abzuschaffen und zu ersetzen", schreibt Moran in einer Stellungnahme. Nun bleibt den Republikanern wohl nichts anderes mehr übrig, als die ungeliebte Gesundheitsreform von Barack Obama nur noch abzuschaffen. Ersatzlos. Auch nach mehrfachen Anläufen haben es die regierenden Konservativen nicht geschafft, sich auf eine Alternative für die künftige Gesundheitsversorgung zu einigen. Für Präsident Trump ist das eine weitere Niederlage, aber auch eine absehbare. Was an Männern wie Jerry Moran liegt.

Der Senator gehört zu der Republikaner-Fraktion, denen die "Trumpcare" genannte Reform nicht weit genug gegangen wäre. "Medicaid" zum Beispiel, die medizinische Unterstützung für Alte und Arme, hätten sie am liebsten vollständig zusammengekürzt, was ihnen den Vorwurf der Herzlosigkeit eingebracht hat. Moran würde es wohl eher als "aufrechten Konservatismus" bezeichnen. Der 63-Jährige stammt aus einer ländlichen Gegend des ohnehin schon ländlichen Kansas, wo seit 1932 kein Demokrat mehr gewählt worden ist. Eine verlässlichere republikanische Basis gibt es in den ganzen USA nicht. Der unerschütterliche Rückhalt verpflichtet natürlich. Jerry Moran wurde gewählt, um in Washington erzkonservative Positionen zu vertreten. Einerseits.

Jerry Moran paktiert mit der anderen Seite

Andererseits aber nimmt er sich immer wieder überraschende Freiheiten heraus. So unterstützte Moran einst und gegen die Parteilinie den Versuch, die Medikamentenpreise zu senken. Oder paktierte mit den Demokraten, um die Kinderkrankenversicherung zu verbessern. Und nun also der offene Boykott des Präsidenten- wie Parteiwunsches nach Abschaffung und Ersatz von "Obamacare". Trotz dieser gelegentlichen Ausflüge in die Unabhängigkeit aber gilt Moran als Inbegriff der Zuverlässigkeit. "Wenn jemand auf Parteilinie ist, dann jemand wie er", schreibt die US-Politikseite "The Hill". Und: "Wie unpopulär und totgeweiht muss dieses Gesetz sein, wenn es schon jemandem wie Jerry Moran derart auf den Magen schlägt?"

Das Scheitern von "Trumpcare" schon in den eigenen Reihen wirft aber auch einen dunklen Schatten auf die ganze Partei. Denn eigentlich waren und sind sich alle Republikaner einig, dass "Obamacare" weg muss. Nur wie, ist die Frage. Die beiden eilig zusammengeschusterten Vorlagen jedenfalls haben weder die moderaten noch die konservativen Flügel in irgendeiner Form besänftigt. Donald Trump meinte jüngst, die ganze Angelegenheit sei komplizierter als Frieden im Nahen Osten zu schaffen. Weshalb er nun per Twitter mitteilte, man möge das bestehende Gesetz doch bitte erst einmal nur abschaffen. Wozu aber nicht nur die Stimmen aller Republikaner nötig sind, sondern auch noch einige aus dem Lager der Demokraten. Auch die sind nicht rundum zufrieden mit dem Stand der Gesundheitssystems, aber diesem Präsidenten einen Gefallen tun, das wird ihnen sicher nicht in den Sinn kommen.

An dieser Stelle hat unsere Redaktion Inhalte von Twitter / X integriert.
Aufgrund Ihrer Datenschutz-Einstellungen wurden diese Inhalte nicht geladen, um Ihre Privatsphäre zu schützen.

Die unversöhnliche Uneinigkeit im konservativen Lager dürfte die Regierung auch beim nächsten Riesenvorhaben noch einige Nerven kosten: die geplante Steuerreform. Die gilt als noch komplexer als das bereits komplexe Gesundheitssystem. Was auch ein Grund dafür ist, dass sich in den letzten 30 Jahren niemand ernsthaft daran versucht hat. Experten zufolge könnte vor allem die Mittelklasse Opfer der Trump-Pläne werden. Wenn jemand mit Steuererhöhungen rechnen muss, dann sie. Konservative US-Abgeordnete dürften Schwierigkeiten haben, das ihrer Wählerschicht zu verkaufen, vor allem die mit einer weniger stabilen Basis als Jerry Moran. Also sehr viele.