Nahost-Konflikt Debatten über Friedenstruppe

Während die Gewalt im Nahen Osten eskaliert, denkt Europa darüber nach, ob es der Entsendung einer UN-Friedenstruppe zustimmen soll. Die Bundesregierung bleibt abwartend, der spanische Außenminister wirft der Weltgemeinschaft Halbherzigkeit vor.

Die Bundesregierung steht einer UN- Friedenstruppe zur Eindämmung der Gewalt im Süden Libanons abwartend gegenüber. Außenminister Frank-Walter Steinmeier sprach am Dienstag zwar von einer grundsätzlichen Bereitschaft der EU zur Beteiligung. Er sah eine solche Mission aber noch längst nicht als beschlossene Sache an, weil die Konfliktparteien ebenfalls damit einverstanden sein müssten.

Es existiere lediglich die Idee zu einer solchen Friedenstruppe, aber kein Vorschlag, sagte Steinmeier im ZDF-Morgenmagazin. "Wenn ein solcher Vorschlag sinnvoll ist, dann wird sich die Europäische Union dem wohl nicht völlig entziehen können." Gleichzeitig müssten sich Israel und der Libanon mit einer UN-Truppe "anfreunden können und sich über ein Paket drumherum verständigen", sagte der Außenminister.

Steinmeier verlangte vom Iran, Schritte zur Deeskalation zu unternehmen. Signale aus Teheran, sich an der Lösung des Konflikts zu beteiligen, hätten aber schon in der Vergangenheit kommen können, merkte der Außenamtschef an. Teheran habe stattdessen die radikal- islamische Hisbollah stark gemacht. Für die iranische Regierung gebe es derzeit viele Möglichkeiten zur Eindämmung der Gewalt, sagte Steinmeier.

EU diskutiert Friedenstruppe

Am Dienstag wollte der EU-Außenbeauftragte Javier Solana mit UN- Generalsekretär Kofi Annan in Brüssel über die Schaffung einer UN- Friedenstruppe sprechen. Annan hatte dies beim G8-Treffen in St. Petersburg vorgeschlagen.

Der Grünen-Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit schlug den früheren Bundesaußenminister Joschka Fischer als Sonderbeauftragten der G8 zur Vermittlung in Nahost vor. Fischer werde noch heute in Israel und Palästina hoch geschätzt, sagte Cohn- Bendit der "Bild"-Zeitung.

Der Vorsitzende der deutsch-israelische Parlamentariergruppe, Jerzy Montag (Grüne) verlangte hingegen ein stärkeres Engagement von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Er hoffe sehr, dass die Kanzlerin "in dieser Frage endlich aus der Deckung geht und offensiv, aber ohne Schuldzuweisungen, sondern mit vernünftigen, praktischen Vorschlägen sich in die Auseinandersetzung einschaltet." Merkel hatte sich am Wochenende beim G8-Gipfeltreffen in St. Petersburg mit den anderen Staats- und Regierungschef die Lage erörtert.

Russland will sich für Frieden einsetzen

Russland will noch am Dienstag einen Vertreter des Außenministeriums in den Nahen Osten entsenden und sich damit aktiv in die diplomatischen Bemühungen für eine Entspannung der Lage einschalten. Vize-Außenminister Alexander Saltanow wird nach offiziellen Angaben bei seinem Besuch auch für die vorgeschlagene multinationale Einsatztruppe werben, die den Süden des Libanon absichern soll. Genaue Angaben zu den Orten, die Saltanow besuchen will, machte das Ministerium nicht.

Chirac verlangt humanitäre Hilfe

Der französische Staatspräsident Jacques Chirac hat zu einem "Höchstmaß" an humanitärer Hilfe für den Libanon aufgerufen. Der Libanon benötige diese Unterstützung dringend angesichts der kriegerischen Auseinandersetzung mit Israel, sagte Chirac. Frankreich müsse dieses "Maximum" zusammen mit seinen Partnern leisten. Die Erklärung des jüngsten G8-Gipfels zu dem Konflikt sei "Grundlage für eine internationale Mobilisierung gegen die Eskalation und für einen Stopp der Gewalt", sagte Chirac. Nach einem Blitzbesuch in Beirut hatte Premierminister Dominique de Villepin dem Staatschef die Lage im Libanon als "äußerst ernst" geschildert.

Spanien sieht Friedenstruppe als "mögliche Lösung"

Spanien hält eine internationale Friedenstruppe für "eine der möglichen Lösungen" zur Beendigung des Konfliktes im Libanon. Madrid werde jegliche Art von internationaler Mission aber nur mit voller Rückendeckung durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen unterstützen. Das betonte Außenminister Miguel Angel Moratinos im Radiosender "Cadena Ser". Der Minister, ein früherer EU-Vermittler im Nahen Osten, warf der Weltgemeinschaft Halbherzigkeit und fehlenden politischen Willen vor, um den Konflikt zu beenden. Spanien habe einen "gewissen Einfluss" bei den Gegnern und werde weiter an einer Lösung arbeiten.

DPA · Reuters
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