Israel hat Deutschland und die Europäische Union aufgefordert, bei der Freilassung der israelischen Soldaten zu helfen, deren Geiselnahme den gegenwärtigen Nahostkonflikt ausgelöst hat. Der Sprecher des israelischen Außenministeriums Jigal Palmor sagte im ZDF: "Deutschland spielt eine zentrale Rolle. Die Offiziellen aus Deutschland haben bereits eine konstruktive Rolle gespielt bei der Lösung von Geiselnahmen, bei einzelnen Vorfällen, wo Soldaten entführt wurden. Es ist jetzt die Zeit, wo die gleichen Funktionäre aus Deutschland wieder tätig werden könnten."
Die Bundesregierung hatte zuletzt vor zweieinhalb Jahren einen Gefangenenaustausch zwischen der radikal-islamistischen libanesischen Hisbollah und Israel vermittelt. Damals waren mehr als 400 palästinensische Häftlinge freigekommen sowie die Leichen von etwa 60 Hisbollah-Kämpfern übergeben worden. Im Gegenzug ließ die Hisbollah einen israelischen Geschäftsmann frei und übergab die sterblichen Überreste dreier israelischer Soldaten. Eine zentrale Rolle spielte damals der jetzige Chef des Bundesnachrichtendienstes, Ernst Uhrlau.
Wann die Waffenruhe kommt bleibt unklar
Ob Israel zu einer Waffenruhe bereit wäre, wenn die Soldaten freigelassen würden, ließ Palmor offen. "Natürlich möchten wir, dass die Soldaten freikommen. Aber wir möchten sicher sein, dass es keine Entführungen mehr gibt, weder einen Monat, oder ein Jahr danach." Es müsse "eine neue Lage vor Ort geschaffen" werden, sagte der Sprecher des israelischen Außenministeriums.
Ein Hilferuf erreicht die internationale Gemeinschaft auch aus Beirut. Der libanesische Ministerpräsident Fuad Siniora hat dazu aufgerufen, sein Land bei der Entwaffnung der Hisbollah-Miliz zu unterstützen. "Die ganze Welt muss uns helfen, die Hisbollah zu entwaffnen", sagte Siniora der italienischen Zeitung "Corriere della Sera". Zuvor sei es aber unbedingt nötig, einen Waffenstillstand zu erzielen.
Die Hisbollah sei zu einem Staat im Staat geworden, sagte der Ministerpräsident weiter. "Wir wissen das. Und es ist ein großes Problem." Zudem sei es kein Geheimnis, dass die Hisbollah sich "nach den politischen Vorstellungen aus Teheran und Damaskus richten". Der Libanon sei jedoch keine Geisel Syriens: "Aber die Syrer sind in unserem Land und wir sind noch zu schwach, um uns zu verteidigen", sagte Siniora weiter.
Überhaupt wirkt der libanesische Premier in diesen Tagen ziemlich allein gelassen. Seit Ende des libanesischen Bürgerkriegs 1990 arbeitet Siniora daran, das geschundene Land wieder aufzubauen. "Stück für Stück wird unser Land zerstört", sagt er nun und fürchtet dabei nicht nur um die Infrastruktur. Auch der zerbrechliche politische Zusammenhalt zwischen den verschiedenen Parteien und Konfessionsgruppen ist in Gefahr, wenn die israelischen Angriffe und die Hisbollah-Attacken auf Ziele in Israel noch länger andauern sollten.
Dazu kommt, dass er weder zu Syrien noch dem Iran, den wichtigsten Partnern der Hisbollah, einen guten Draht hätte. "Wir, die libanesische Regierung, sind für die Entführung der Soldaten nicht verantwortlich", sagt der Regierungschef. Immerhin ist das Verhältnis zu Washington noch intakt. Erst vor wenigen Monaten hatte US-Präsident George W. Bush ihn, der zwar Hisbollah- Minister in seinem Kabinett hat, aber trotzdem immer Distanz zu der Schiiten-Bewegung wahrte, im Weißen Haus empfangen.
Erste libanesische Regierung seit dem Abzug Syriens
Siniora, der im Juli 2005 die erste libanesische Regierung nach dem Abzug der syrischen Truppen gebildet hat, war auch schon vor seiner Ernennung zum Ministerpräsidenten einer der wichtigsten Politiker der anti-syrischen Koalition gewesen. Im vergangenen Jahr sah man ihn oft zusammen mit Hariris Sohn Saad, der für kurze Zeit als möglicher Nachfolger seines Vaters an der Spitze der Regierung gehandelt worden war. Doch auch Saad Hariri hilft dem verzweifelten Siniora jetzt in Beirut nicht. Der junge Hariri gibt zwar den arabischen Fernsehsendern Interviews, allerdings aus Europa.