Olmert trifft Abbas Israel gibt 100 Millionen Dollar an Palästinenser frei

Nach dem überraschenden Treffen zwischen Israels Ministerpräsident Ehud Olmert und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, gibt Israel 100 Millionen Dollar zurückgehaltener Steuereinnahmen frei. Beide Politiker wollen den Friedensprozess wiederbeleben und kündigten weitere Treffen an.

Nach Angaben von Olmerts Büro soll die überraschende Begegnung am Samstagabend in Jerusalem ein "erster Schritt zum Wiederaufbau gegenseitigen Vertrauens und zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit" sein.

Israel will zudem mehrere Kontrollstellen im Westjordanland abbauen, die die Bewegungsfreiheit der Palästinenser eingeschränken. Wie der palästinensische Chefunterhändler Sajeb Erekat erklärte, wollen beide Politiker den festgefahrenen Friedensprozess wiederbeleben. Nach Angaben des bei dem Treffen anwesenden Erekat wird Israel außerdem 8 Millionen Dollar humanitäre Hilfe an Krankenhäuser in Ost-Jerusalem auszahlen.

Olmert kündigt weitere Treffen an

Nach dem überraschenden Treffen mit Mahmud Abbas kündigte Olmert weitere Gespräche mit dem gemäßigten Palästinenserpräsidenten an. Während der wöchentlichen Kabinettssitzung in Jerusalem sagte Olmert, gemeinsam wollten sie sich für die Umsetzung ihrer politischen Pläne einsetzen. Beide Politiker wollen den festgefahrenen Friedensprozess in Nahost wiederbeleben.

Olmert bestätigte vor den Ministern die vereinbarte Freigabe von 100 Millionen Dollar zurückgehaltener Steuereinnahmen. Er sprach von humanitärer Hilfe für die Palästinenser "die unter anderem unter der verfehlten Politik ihrer Regierung leiden, die nicht Teil der anerkannten internationalen Gemeinschaft ist". Es solle sichergestellt werden, dass das Geld an die Bevölkerung und nicht an die radikal-islamische Hamas-Regierung gehe.

Kritik am Treffen in Israel

Das überraschende Treffen zwischen Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert ist in Israel auf Kritik von rechts und links gestoßen. Die Friedensorganisation "Schalom Achschaw" (Frieden Jetzt) erklärte, das Treffen sei "zu wenig und zu spät". Olmert müsse sehr viel mehr tun, um den gemäßigten Abbas zu stützen, erklärte die Organisation nach israelischen Medienberichten vom Sonntag.

Der rechtorientierte israelische Abgeordnete Efraim Eitan kritisierte, Olmert belohne die Palästinenser "unter Feuer" und lade damit neue Gewalt ein. "Während die Waffenruhe nicht eingehalten wird und (der entführte israelische Soldat) Gilad Schalit nicht nach Hause gekommen ist, gibt Olmert Abbas ein Preisgeld für das Nichteinhalten von Abkommen", sagte Eitan nach Angaben der israelischen Zeitung "Maariv". Es war das erste Treffen zwischen Olmert und Abbas seit einem halben Jahr.

Einbehaltene Steuereinnahmen sollen direkt an Abbas gehen

Ferner soll geprüft werden, ob die am 26. November für den Gazastreifen vereinbarte Waffenruhe zwischen beiden Seiten auf das Westjordanland ausgedehnt werden kann. Zudem sollen gemeinsame Ausschüsse für die Behandlung mehrerer Fragen, darunter der Austausch von Gefangenen, gebildet werden. Israel macht die Freilassung des am 25. Juni von radikalen Palästinensern entführten Soldaten Gilad Schalit zur Vorbedingung für die Entlassung zahlreicher Palästinenser aus israelischer Haft.

Die Steuereinnahmen in Höhe einer dreistelligen Millionensumme, die Israel für die palästinensische Autonomiebehörde eingesammelt hatte, hatte Jerusalem als Druckmittel gegen die regierende radikalislamische Hamas einbehalten. Das Geld soll direkt Abbas zur Verfügung gestellt werden und nicht in die Kassen der international weitgehend isolierten Hamas-Regierung von Ministerpräsident Ismail Hanija fließen, die das Existenzrechts Israels nicht anerkennen will.

Olmert habe Abbas deutlich gemacht, dass ein fortgesetzter Beschuss Israels mit Kassam-Raketen die Regierung in Jerusalem zur Aufgabe ihrer Politik der Zurückhaltung zwingen könnte.

Abbas strebt Friedenslösung mit Israel an

Nach Beendigung der zweistündigen Gespräche in der offiziellen Residenz von Olmert sagte der Berater von Abbas, Nabil Abu Rudeineh: "Dies war der Beginn einer Serie von Treffen. Es war ein gutes Treffen. Es gab Einvernehmen in mehreren Fragen."

Israelische Beobachter sagten, die Bedeutung des Treffens habe darin gelegen, dass es überhaupt zu Stande gekommen sei. Das letzte Treffen auf dieser Ebene fand im Februar 2005 zwischen dem palästinensischen Präsidenten und dem damaligen israelischen Regierungschef Ariel Scharon statt.

An die Begegnung, dies erst für die nächsten Tage erwartet wurde, knüpften sich Hoffnungen auf den Beginn neuer Verhandlungen zwischen beiden Seiten über eine Beilegung des israelisch-palästinensischen Konflikts. Abbas und Olmert hatten zuvor mehrfach ihre Verhandlungsbereitschaft betont. Jordanien und Ägypten hatten sich in vermittelnd eingeschaltet.

Abbas erneuerte unterdessen sein Dialogangebot an die Hamas. Zugleich betonte er vor Pressevertretern in Ramallah, er strebe eine endgültige Friedenslösung mit Israel und einen Palästinenserstaat in dauerhaften Grenzen an. Damit reagierte er auf Berichte, nach denen die radikalislamische Hamas bereit sei, einen provisorischen Palästinenserstaat in den Grenzen von 1967 zu akzeptieren und Israel im Gegenzug eine längere Waffenruhe zuzusichern.

Abbas: Hamas-Vorschlag ist "Täuschungsmanöver"

Die Gespräche zwischen Fatah und Hamas sollten sich nach Ansicht von Abbas auf die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit konzentrieren, die die internationale Isolation seit der Regierungsübernahme der Hamas im März beenden könnte. Der Dialog sollte jedoch zeitlich und inhaltlich an das bereits Vereinbarte anknüpfen.

Den Hamas-Vorschlag für einen Staat in vorläufigen Grenzen bezeichnete Abbas als "Täuschungsmanöver". Er befürworte einen umfassenden Dialog mit den Israelis über endgültige Lösungen, "und dann werden wir ein dauerhaftes Friedensabkommen unterzeichnen".

Bei einem Feuerüberfall im südlichen Gazastreifen wurde am Samstag ein hoher Offizier der Fatah-treuen Sicherheitskräfte schwer verletzt. Unbekannte Täter beschossen nach palästinensischen Angaben den Wagen des Offiziers in der Stadt Rafah. Auch sein Leibwächter und ein Mädchen seien verletzt worden, hieß es. Nach heftigen Schießereien zwischen Kämpfern der Hamas und der Fatah gilt seit Dienstag eine brüchige Waffenruhe.

DPA
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