Zum Jahrestag des völkerrechtswidrigen Angriffs auf die Ukraine will eine russische Delegation an der Parlamentarischen Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Wien teilnehmen. Österreich versicherte nun, allen Abgeordneten ein Visum zu erteilen und verwies auf seine völkerrechtliche Verpflichtung.
Auch Russland rechnet damit. "Wir beschäftigen uns jetzt mit dem Erhalt des Visums und bereiten uns auf die Reise vor. Ich denke, alles wird normal", sagte der Vizechef des Außenausschusses im Föderationsrat, dem russischen Oberhaus des Parlaments, Wladimir Dschabarow, am Freitag der Tageszeitung "Parlamentarskaja Gaseta".
Am Dienstag war bekannt geworden, dass eine Delegation russischer Abgeordneter für die Versammlung in die österreichische Hauptstadt reisen wolle. Eine Sprecherin von Außenminister Alexander Schallenberg teilte mit, dass man als Amtssitzland der OSZE keinen Ermessensspielaum bei der Visavergabe habe. Kritik äußerten unter anderem die Baltenstaaten.
Mehrere OSZE-Mitglieder wollen Russland nicht in Wien
Zudem forderten 81 Delegtierte der Organisation Österreich dazu auf, Russland die Visa zu verweigern. In einem Brandbrief an die österreichische Regierung und die Präsidentin der OSZE-Versammlung, Margareta Cederfeldt, beriefen sich die Unterzeichner auf die EU-Sanktionen, wonach für russische Politiker ein Einreiseverbot gilt.
Großbritannien und Polen hatten der russischen Delegation die Visa im letzten Jahr verweigert. Deshalb hat Russland zuletzt 2021 an einer Sitzung der OSZE teilgenommen. Damals verließen die Russen die Versammlung aus Protest gegen eine Resolution, die die russische Besetzung der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim verurteilte.
"Wir erwarten, dass Entscheidungen getroffen werden, die ihre Teilnahme verhindern", heißt es nun in dem Brief. Der russische Besuch am Jahrestag des Ukraine-Krieges könnte als "Provokation" aufgefasst werden. Zudem befürchten die Delegierten, dass Russland die Versammlung als Forum für Desinformationen und Hassreden nutzen könnte.
Es sei nicht erkennbar, dass Russland an einer friedlichen Konfliktlösung interessiert sei. Die OSZE solle sich damit beschäftigen, wie Russland für seine Kriegsverbrechen belangt werden könne. Denn das Land habe mit seinem Angriffskrieg gegen die Verpflichtungen der OSZE verstoßen und sich gegen die Staatengemeinschaft gestellt. Es sei ausreichend, dass der Dialog mit Russland über den Permanenten Rat der OSZE geführt. Sollte das ausgeweitet werden, käme das einer Unterstützung der russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine gleich, kritisieren die Unterzeichner des Schreibens.
Russland rechnet mit Gegenwind
Der amtierende Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, Reinhold Lopatka von der ÖVP, bezeichnete den Brief "Minderheitsmeinung". Vertreter aus 20 Ländern hatten gegen die Visavergabe aufbegehrt. Die OSZE zählt 57 Mitgliedstaaten.
Die russische Delegation stellt sich derweil auf ernsthafte Angriffe während der Debatte ein, sagte Vizechef Dschabarow. "Wir verstehen, dass alle 30 Nato-Länder, die gleichzeitig der OSZE angehören, sich gegen unser Land aussprechen werden." Aber die russischen Parlamentarier seien bereit, ihre Position darzulegen.
Die OSZE mit Sitz in Wien ging aus der 1975 etablierten Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) hervor, die die Entspannung zwischen Ost und West voranbrachte. Ihr gehören 57 Staaten aus Europa, Nordamerika und Asien an. Sie versteht sich als größte regionale Sicherheitsorganisation und galt bis zum Ukraine-Krieg als eine wichtige Plattform zwischen Ost und West.
Quellen: "Die Presse", mit Material von DPA