Die Geburtenrate in Russland sinkt seit Jahren – unaufhaltsam und rapide. Am Anfang dieses Jahres verzeichnete die russische Statistikbehörde Rosstat einen Negativrekord. Zwischen Januar und April 2023 wurden 3,1 Prozent weniger Kinder geboren als im Vorjahreszeitraum. Der Krieg in der Ukraine hat zudem zu einem Exodus insbesondere junger Menschen geführt. Die Gesamtbevölkerung Russlands schrumpfte im letzten Jahr um mindestens 524.000 Menschen auf rund 146,4 Millionen. Und das sind nur die offiziellen Daten russischer Behörden, die nach unabhängiger Einschätzung als viel zu niedrig gelten. Allein im Krieg gegen die Ukraine sind nach Schätzungen der "New York Times" mindestens 120.000 russische Soldaten gefallen.
Der Kreml braucht also dringend Nachwuchs. Der russischen Regierung geht schlichtweg das menschliche Material aus – genauso und nicht anders betrachtet das Putin-Regime die eigene Bevölkerung. Die Familienministerin der russischen Republik Baschkortostan hat es nun eindrücklich allen vor Augen geführt.
Im Interview mit einer lokalen Publikation breitete Lenara Iwanowa ihre Ansichten zum Thema Kinderkriegen aus. "Die aus gesundheitlicher Sicht besten und hochwertigsten Kinder werden im Alter von 20 Jahren geboren. Lasst uns doch ehrlich sein", erklärte die Frau, die sich Ministerin für Familie, Arbeit und sozialen Schutz nennen darf. Je später die Kinder geboren würden, desto häufiger seien "Defekte und Risiken", fügte sie hinzu. Nach dem 35. Lebensjahr würden Kinder "einfach nicht mehr gelingen". Der Moderator der Sendung, Razif Abdullin, stimmte ihr vorbehaltlos zu.
"Die besten Kinder werden in Liebe und in der Jugend geboren. Und das ist gut so", schloss die Ministerin ihre Ausführung ab.
Halbherzige Entschuldigung
Der Auftritt blieb nicht unbemerkt. Im Netz hagelte es Kritik. Die Aufregung war so groß, dass Iwanowa sogar zurückrudern musste. Es sei ihr ausgerutscht, erklärte sie. "Der Punkt ist: Je älter die gebärende Frau, desto mehr Kinder haben gesundheitliche Probleme. Das Wichtigste ist aber, dass es im Allgemeinen schwieriger wird, ein Kind zur Welt zu bringen. Aus der Sicht der Gesundheit gibt es hier eine eiserne Logik. Aber es tut mir leid. Wenn es ein Printmedium gewesen wäre, hätte ich es nicht so geschrieben, ich hätte alles abgewogen", so die eigensinnige Erklärung von Iwanowa. Es ist also nur die Wortwahl und nicht der Standpunkt, der sie reut.
Vom eisernen Püppchen bis zur Biber-Fresserin – das sind die Gesichter der Kreml-Propaganda

Solowjow ist einer der glühendsten Verteidiger, Anhänger und Befehlsempfänger von Wladimir Putin. Seine Mission: Botschaften, Ideen und Vorstellungen, die der Kreml platziert sehen will, in die Köpfe seiner Zuschauer zu prügeln. Dem Vater von acht Kindern ist dabei keine Provokation zu reißerisch, keine Beleidigung zu gehässig, keine Lüge zu halsbrecherisch, kein Widerspruch zu groß.
Damit hat sich der Talkmaster den Spitznamen Chamäleon verdient. Er dreht sein Fähnchen in jede Richtung, in der sein Herr im Kreml ihn haben will.
Solowjows Markenzeichen sind aber stets seine hasserfüllten Tiraden, ungehemmte Obszönitäten und Beleidigungen. Mit Schaum vor dem Mund ergeht er sich stundenlang auf seinem eigenen Kanal Solowjow Live. Das Ziel seiner Hetze wechselt je nach Lust und Laune – und den Vorgaben aus dem Kreml. Mal sind es LGBT-Vertreter, mal sind vermeintliche Vaterlandsverräter, mal Oppositionelle. Aber immer der Westen und die Ukraine. Dabei war Solowjow 2014 noch der Meinung, dass "Gott die Rückkehr der Krim zu Russland verbietet". Nach der Annexion änderte er jedoch schnell seine Meinung.
Sein zur Schau getragener Hass gegen den Westen hinderte ihn auch nicht daran, 1990 in die USA zu ziehen und dort an der Alabama State University zu dozieren. Sein Abscheu vor allem "Westlichen" war für Solowjow auch kein Hindernis, sich vier Villen den Ufern des malerischen Comer Sees zuzulegen. Seit er mit Sanktionen belegt wurde, weint er den Luxusimmobilen bitterlicher Tränen hinterher.
Ausbildung und Karriere für Frauen? "Eine völlig bösartige Praxis"
Iwanowa ist aber beileibe nicht die Einzige, die in Russland solch eine Haltung vertritt. Die Sorge um den "Gen-Pool" ist in den letzten Monaten bei fast allen Propagandisten ein Thema gewesen. Die russischen Frauen sollen nach dem Willen des Kremls wieder mehr gebären. Möglichst früh und möglichst viel.
Der russische Gesundheitsminister Michail Muraschko forderte kürzlich, den Russen müsse noch in der Schule erklärt werden, dass Frauen zuerst ein Kind zur Welt bringen und erst dann ihre Ausbildung oder Karriere beginnen sollen. Auf einer Plenarsitzung der Staatsduma erklärte er: "Die Überzeugung, dass eine Frau zuerst eine Berufsausbildung absolvieren, dann eine Karriere machen und sich eine eigene finanzielle Basis sichern soll, bevor sie schließlich im für die Fortpflanzung schwierigen Alter sich um das Kinderkriegen kümmert, ist eine völlig bösartige Praxis, die sich in der Gesellschaft entwickelt hat."
Die Frauen sollen lieber "im Rahmen der physiologischen Empfehlungen des Gesundheitsministeriums so früh wie möglich gebären", um "zusätzliche Probleme in Form von Unfruchtbarkeit und Fehlgeburten" zu vermeiden. Darüber hinaus verkürze sich dadurch die Zeit bis zur Geburt eines dritten und vierten Kindes.
Gebären für Russlands Krieg
Während die Regierungsbeamten die Sorge um die Gesundheit der Kinder für ihre Einlassungen vorschieben, machte ein russischer Geistlicher in einer Sendung des religiösen Senders Spas aus dem Grund für den staatlichen Wunsch nach mehr Kindern kein Geheimnis. Der Erzpriester der Russisch-Orthodoxen Kirche, Michail Wassiljew, forderte die russische Frauen ganz offen dazu auf, mehr Kinder zur Welt zu bringen, damit sie den Nachwuchs leichter in den Krieg schicken könnten.
"Ich verstehe vollkommen, dass der Herr jeder Frau von Natur aus erlaubt hat, viele Kinder zur Welt zu bringen. Wenn eine Frau das Gebot des Herrn 'Sei fruchtbar, vermehre dich' erfüllt und auf Abtreibungsmittel im weitesten Sinne verzichtet, dann wird sie offensichtlich in den meisten Fällen nicht ein Kind haben, sondern mehr. Das bedeutet, dass es für sie nicht so schmerzhaft sein wird, sich von dem Kind zu trennen", erklärte er. Selbst wenn dieses Kind zum "Abschlachten" abkommandiert wird. "Der Teufel ist nicht so schrecklich, wie er dargestellt wird", fügte der Priester hinzu.
Ob seine Worte den Tatsachen entsprechen, wird der Geistliche bereits erfahren haben. Er ist kurz nach diesem Auftritt auf okkupiertem ukrainischem Gebiet getötet worden.