Die US-Republikaner haben den Kontrollausschuss des Repräsentantenhauses mit einigen ihrer extremsten Abgeordneten besetzt. Von den 15 neuen Vertretern der Partei, die in das mächtige "House Oversight Committee" berufen wurden, unterstützten 13 die Lüge vom Wahlbetrug, verbreiteten Verschwörungstheorien oder hätten in der Vergangenheit zu Gewalt aufgerufen, berichten US-Medien.
So hatten die neuen republikanischen Ausschussmitglieder Lisa McClain, Lauren Boebert, Scott Perry, William Timmons, Tim Burchett, Gary Palmer, Marjorie Taylor Greene und Paul Gosar bei der Auszählung der Wahlmännerstimmen nach der Präsidentenwahl 2020 für die Anfechtung des Ergebnisses votiert. Sie meinten, dass Joe Biden und die Demokraten Donald Trump den Sieg durch Betrug gestohlen hätten.
Und die fünf Neulinge im Repräsentantenhaus, die von den Republikanern in den Ausschuss entsandt wurden – Anna Paulina Luna, Russell Fry, Nick Langworthy, Chuck Edwards und Eric Burlison – hätten entweder glatt geleugnet, dass Biden die Wahl gewonnen hat, seinen Sieg infrage gestellt oder sich geweigert, sich dazu zu äußern, berichtet die "Huffington Post". Einzig die Abgeordneten Kelly Armstrong und Mike Turner hätten mit Lügen und Verschwörungstheorien im Zusammenhang mit der Wahl nichts am Hut gehabt.
Republikaner setzen auf rechte Trump-Fans
Greene und Gosar waren 2021 vom demokratisch kontrollierten Parlament von der Ausschussarbeit ausgeschlossen worden, weil sie in den sozialen Medien Gewalt gegen ihre politischen Feinde befürwortet und rassistische oder antisemitische Äußerungen verbreitet hatten. Beide sind auch mit dem weißen Rassisten und Holocaust-Leugner Nick Fuentes aufgetreten.
Greene zweifelt zudem den fairen Umgang mit den Angeklagten im Zusammenhang mit dem Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 an. Erst kürzlich sagte die 48-Jährige, wenn sie den Angriff damals angeführt hätte, "hätten wir gewonnen" und die Menschen wären "bewaffnet" gewesen. Später, behauptete sie, ihre Äußerungen seien lediglich Sarkasmus gewesen. Und Gosar bezeichnete Mitglieder des Mobs, der das Kapitol stürmte, als "friedliche Patrioten".
Doch auch Ausschusskollegen und -kolleginnen von Greene und Gosar sind in der Vergangenheit unangenehm aufgefallen:
- Lauren Boebert hat während des Sturms auf das Kapitol Informationen über den Aufenthalt der damaligen demokratischen Fraktionschefin Nancy Pelosi auf Twitter gepostet. Die US-Regierung nannte die QAnon-Sympathisantin wegen ihrer Corona-Politik "Nadel-Nazis".
- Scott Perry war eine der Schlüsselfiguren bei Trumps Bemühungen, die Anerkennung der Wahlergebnisse von 2020 zu verhindern. Im Rahmen der Ermittlungen dazu hat das Justizministerium Perrys Mobiltelefon durch das FBI beschlagnahmen lassen. Laut "Washington Post" ist der 60-Jährige nicht nur als energischer Trump-Unterstützer bekannt, sondern auch wegen seiner Verbreitung von Verschwörungserzählungen über Themen wie Terrorismus oder das Coronavirus.
- Troy Nehls, ein ehemaliger Polizist, der bereits dem letzten Kontrollausschuss angehörte, wurde nach Angaben der "Huffington Post" 1998 von der Polizei in Richmond im US-Bundesstaat Texas gefeuert, weil er Beweismittel vernichtet hatte. Auch Nehls hatte nach der Präsidentenwahl 2020 im Kongress für die Anfechtung des Ergebnisses gestimmt.
- Lisa McClain behauptete im vergangenen Jahr auf einer Kundgebung, Trump habe Osama bin Laden zur Strecke gebracht, dabei wurde der al-Kaida-Führer 2011 bei einer von Präsident Barack Obama angeordneten Razzia getötet.
- William Timmons sorgte mit einigen besonders wilden Thesen für Aufsehen. Im Januar 2021 behauptete er, reiche Leute hätten kurz vor den Wahlen 2020 mit Liberalen und mit Staats- und Bundesrichtern zusammengearbeitet, um Wahlgesetze in Schlüsselstaaten zu manipulieren. Ihr Ziel sei gewesen, das Wählen zu erleichtern und die Anfechtung der Wahlergebnisse zu erschweren. "Diese Bemühungen waren zahlreich, zielgerichtet und verstießen offen gegen gesetzliche Normen", behauptete Timmons damals. Erschwerend käme hinzu, dass "Big Tech, die Medien und 'Wahlforscher' sich zusammenschlossen", um das Ergebnis der Wahl zu ändern.
Präsident Joe Biden und den Demokraten drohen angesichts der neuen Zusammensetzung des Kontrollausschusses äußerst unruhige Zeiten. Der Vorsitzende des Gremiums, James Comer, hat bereits Untersuchungen zu möglichen Rechtsverstößen von Biden und dessen Familie zur obersten Priorität erklärt. Die Namen der Komiteemitglieder seien der jüngste Beweis dafür, dass die neue republikanische Mehrheit von einer rechtsextremen Fraktion angetrieben werde, die sich an Trumps Vorstellungen orientiere, kommentiert die "New York Times" die Ernennungen. Diese Fraktion zeichne sich dadurch aus, dass sie Trumps "Vorliebe für den Umgang mit aufrührerischen Äußerungen und Fehlinformationen teilt und darauf aus ist, ihre neu gewonnene Macht zu nutzen, um sich an den Demokraten und Präsident Biden zu rächen.
Weißes Haus befürchtet "realitätsferne politische Stunts"
Entsprechend harsch reagierte denn auch das Weiße Haus auf die Namensliste: Die Republikaner übergäben die Macht der Kontrolle an die extremsten Trump-Anhänger der republikanischen Fraktion, "die gewalttätige Rhetorik und gefährliche Verschwörungstheorien fördern", sagte Ian Sams, ein Sprecher des Anwaltsbüros des Weißen Hauses, dem US-Sender CNN. "Da diese Mitglieder dem Kontrollausschuss beitreten, scheint es, dass die Republikaner des Repräsentantenhauses möglicherweise die Bühne für realitätsferne politische Stunts bereiten, anstatt sich an einer überparteilichen Arbeit im Namen des amerikanischen Volkes zu beteiligen."
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Die Anti-Defamation League, eine Nichtregierungsorganisation mit Sitz in New York, die gegen Antisemitismus, Rassismus, religiöse Intoleranz und Hassverbrechen kämpft, verurteilte vor allem die Wiederaufnahme von Greene und Gosar: "Wir sind zutiefst beunruhigt über die Entscheidung, Green und Gosar Ausschüsse zuzuweisen“, twitterte die Gruppe. "Anhänger antidemokratischer Gewaltverschwörungstheorien haben in Führungspositionen nichts zu suchen – und schon gar nicht in Gremien mit entsprechender Zuständigkeit."
Quellen: "New York Times", "Huffington Post", "Washington Post", CNN