Seit dem Überfall auf Kuwait im August 1990 ist der Irak eines der größten Sorgenkinder der Vereinten Nationen. Der seit 1996 amtierende UN-Generalsekretär Kofi Annan will den Konflikt um irakische Massenvernichtungswaffen auf diplomatischem Wege lösen. Doch die USA zweifeln an der Wirksamkeit von UN-Resolutionen und drohen Bagdad mit einem Militärschlag für den Fall, dass es nicht endlich seinen Verpflichtungen nach internationalem Recht nachkommt.
Die Geschichte des Konfliktes vom Einmarsch des Iraks im Nachbarland Kuwait im August 1990 bis zu den Ende 2002 durchgesetzten neuen Waffeninspektionen ist gespickt mit Dutzenden von Resolutionen des Weltsicherheitsrates. Schwerpunkte der rund 70 zum Thema Irak gefassten Entschließungen sind ein schon nach der Besetzung Kuwaits verhängtes totales Handelsembargo für den Irak, die im Waffenstillstandsabkommen vom April 1991 verlangte Vernichtung der Massenvernichtungswaffen sowie Hilfsprogramme für die unter den Kriegsfolgen und Sanktionen leidende irakische Bevölkerung. Dazu gehört vor allem das seit 1996 umgesetzte Programm Öl für Lebensmittel, das Bagdad den Ölexport zur Beschaffung von humanitären Gütern gestattet.
Saddams Katz-und-Maus-Spiel
Der irakische Machthaber Saddam Hussein, der in dem Vorgehen der UNO eine Verletzung der irakischen Souveränität sieht, versuchte immer wieder, die Waffeninspektionen zu unterlaufen. Nach jahrelangem Katz-und-Maus-Spiel gipfelten die Auseinandersetzungen um die Inspektionen der UN-Abrüstungskommission UNSCOM im Dezember 1998 schließlich in der amerikanisch-britischen Bomben-«Operation Wüstenfuchs». Annan hatte zehn Monate zuvor mit einer spektakulären Reise nach Bagdad und einer Inspektionsvereinbarung den angedrohten Militärschlag zunächst noch abwenden können.
Ende 1999 forderte die UNO den Irak erneut auf, Waffenkontrollen durch die neue UNMOVIC-Inspektionsgruppe zuzulassen - ohne Erfolg. Am 12. September 2002 erklärte US-Präsident George W. Bush vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen, sein Land werde notfalls allein gegen den Irak vorgehen, falls dieser nicht freiwillig abrüste. Nach achtwöchigem diplomatischem Tauziehen gelang es Washington, den Weltsicherheitsrat auf seine Seite zu bringen.
Die von den USA geschriebene Resolution 1441 wurde am 8. November 2002 einstimmig verabschiedet. Sie verhinderte vorerst den Alleingang der USA und brachte den Irak dazu, erstmals nach vier Jahren wieder UN-Waffeninspekteure ins Land zu lassen. Die USA hatten sich auf ein von der UNO generell anerkanntes Selbstverteidigungsrecht berufen, das ihr jedoch im Fall Irak bestritten wurde.
Waffeninspektionen
Bereits in seinen Resolutionen 707 und 715 von 1991 und zuletzt in der Resolution 1441 vom November 2002 hat der Weltsicherheitsrat «unbedingten und uneingeschränkten Zugang» zu verdächtigen Einrichtungen und umfassende Informationen seiner Inspekteure verlangt. Während UNMOVIC-Chef Hans Blix dem Irak mangelnde Kooperation und Passivität vorwirft, sprechen die USA und Großbritannien von «Sabotage» der Inspektionen, «Betrug, Verheimlichung und Täuschung». Als der Irak 1998 monatelang die Zusammenarbeit verweigerte und die Inspekteure abzogen, befahl US- Präsident Bill Clinton vier Tage dauernde Luftangriffe.
Massenvernichtungswaffen
Schon die immer wieder bekräftigten Resolutionen 687 und 700 von 1991 verboten dem Irak den Besitz und die Entwicklung von chemischen, biologischen sowie atomaren Waffen. Zerstört werden müssten auch Raketen mit größerer Reichweite. Entgegen dem 12 000-Seiten-Bericht des Iraks vom Dezember 2002 schließt Blix nicht aus, dass das Land noch größere Mengen verbotener Waffen versteckt hält, etwa 6500 Chemiebombensprengköpfe. Dies gilt auch für Giftgase wie Senfgas, Tabun und VX sowie Milzbrand-, Botulin- und andere Krankheitserreger. Zudem habe der Irak Raketen mit unzulässiger Reichweite entwickelt und dafür verbotswidrig Material importiert. Für eine Fortsetzung des irakischen Nuklearwaffenprogramms hat IAEO-Direktor Mohammed el Baradei zwar keine Beweise, kann aber auch nicht dessen Einstellung bestätigen. Die USA und Großbritannien schließen aus Geheimdienstberichten etwa über Uran-Käufe, dass der Irak bald im Besitz von Atombomben sein könnte.
Illegaler Handel
Die Beschaffung von waffentauglichem Material verstößt gegen die bereits im August 1990 beschlossene Resolution 661. Von 1996 an wurden die Handelsbeschränkungen in einem Programm «Öl für Nahrungsmittel» (Resolution 986 von 1995) gelockert. Die britische Regierung hat in einem Dossier vom September vergangenen Jahres behauptet, Bagdad finanziere seine heimliche Aufrüstung «mit illegalen» Exporteinnahmen von bislang mehr als drei Milliarden Euro aus dem Programm.
Die Irak-Resolution 1441
In der Irak-Resolution 1441 des Weltsicherheitsrates vom 8. November 2002 wird Bagdad zur Abrüstung verpflichtet. Der Rat stellt darin fest, dass der Irak «schwerwiegende Verstöße» gegen seine Verpflichtungen begangen hat und weiter begeht. Er verlangt von Bagdad, die Inspekteure der Vereinten Nationen und der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEO) bei ihrer Arbeit voll zu unterstützen.
Dem Irak wird in der Entschließung eine letzte Möglichkeit zur Erfüllung seiner Abrüstungspflichten gewährt. Die Rede ist von verschärften Inspektionsauflagen mit dem Ziel einer vollständigen und verifizierten Beendigung des Abrüstungsprozesses.
Der Weltsicherheitsrat verlangt von Bagdad, dem Rat spätestens 30 Tage nach Verabschiedung dieser Resolution eine aktuelle, genaue und vollständige Aufstellung seiner Waffenprogramme vorzulegen. Falsche Angaben oder Auslassungen würden einen weiteren «schwer wiegenden Verstoß» gegen die Pflichten des Irak darstellen.
"Ungehinderter, bedingungsloser und unbeschränkter Zugang"
Der Entscheidung des Rates gemäß muss Bagdad den Waffeninspekteuren einen sofortigen, ungehinderten, bedingungslosen und unbeschränkten Zugang gewähren. Die Inspektionen sollen nicht später als 45 Tagen nach der Annahme dieser Resolution wieder aufgenommen werden. Nach weiteren 60 Tagen ist der Sicherheitsrat über den neuesten Stand zu informieren. Jegliche Behinderung der Inspektionen durch den Irak oder mangelnde Befolgung der Abrüstungsauflagen ist sofort an den Sicherheitsrat zu melden.
Auszüge aus der Irak-Resolution 1441
"Der Sicherheitsrat (...) - stellt fest, dass der Irak "schwerwiegende Verstöße" gegen seine Verpflichtungen begangen hat und weiter begeht, die in relevanten Resolutionen festgeschrieben sind, unter anderem in Resolution 687 (von 1991), und insbesondere wegen seiner Verweigerung seiner Kooperation mit Inspekteuren der Vereinten Nationen und der IAEA (Internationalen Atomenergie-Agentur) (...)
- entscheidet, dem Irak eine letzte Möglichkeit zur Erfüllung seiner Abrüstungspflichten zu gewähren (...) und dafür ein verstärktes Inspektionsregime mit dem Ziel der vollständigen und verifizierten Beendigung des Abrüstungsprozesses einzusetzen (...)
- ruft in diesem Zusammenhang in Erinnerung, dass der Sicherheitsrat den Irak wiederholt gewarnt hat, dass er im Ergebnis seiner fortgesetzten Verletzungen dieser Pflichten mit ernsten Konsequenzen zu rechnen hat..."
Bei Erhalt einer solchen Meldung kommt der Rat sofort zusammen, um die Situation und die Notwendigkeit uneingeschränkter Erfüllung der entscheidenden Resolutionen zu überprüfen, um den internationalen Frieden und die Sicherheit zu gewährleisten. Der Rat erinnert daran, dass er den Irak wiederholt gewarnt hat, dass Bagdad im Ergebnis seiner fortgesetzten Verletzungen dieser Pflichten mit ernsten Konsequenzen zu rechnen hat.