Wüstenstaat im Wandel Neun Dinge, um Saudi-Arabien besser zu verstehen

Straßenszene in Dschidda
Straßenszene in Dschidda: Nach 35 Jahren soll es in Saudi-Arabien erstmals wieder Kinos geben
© Amel Pain / DPA
Saudi-Arabien ist ein ultrakonservatives Königreich. Nach dem Willen von Kronprinz Mohammed bin Salman soll es sich radikal verändern. Diese Fakten helfen Ihnen, das mächtigste Land der arabischen Welt besser zu verstehen.

Auf Saudi-Arabien warten große Umbrüche. Die vom Öl abhängige Wirtschaft des islamisch-konservativen Königreichs muss in den nächsten Jahren umgebaut werden. Kronprinz Mohammed bin Salman dehnt seine Macht immer weiter aus - er gilt jetzt als eigentlicher Herrscher und künftiger König. Im Inneren des Landes strebt er Reformen an. Wichtige Fakten über Saudi-Arabien:

  • ZAHLEN

Fläche: 2,15 Mio. qkm (Deutschland 357.000)

Einwohner: 32,6 Mio. (2017)

Hauptstadt: Riad (5 bis 6 Mio.)

Regierungsform: Absolute Monarchie; Gründung des heutigen Königreichs 1932

Währung: Riyal (10 Riyal = 2,15 Euro)

Lebenserwartung: 76,1 (Frauen), 73,1 (Männer)

Bevölkerung unter 15: 26,1 Prozent (Deutschland 12,8)

Arbeitslosenquote: 5,6 Prozent

Internetnutzer: 738 von 1000 Einwohnern

Exportgüter: Erdöl, Petrochemie, Kunststoffe

Haupthandelspartner: USA, China, Japan, Indien, Deutschland

BIP pro Kopf (2018 geschätzt): gut 17.000 Euro (Deutschland: gut 40.000)

Pressefreiheit: Rang 168 von 180 Staaten (Deutschland: 16)

  • ISLAM

Saudi-Arabien sieht sich als Mutterland des Islam. In dem Wüstenstaat stehen zwei der heiligsten Stätten der Religion: die Große Moschee in Mekka und die Moschee des Propheten Mohammed in Medina. Zur jährlichen Pilgerreise Hadsch kommen Millionen Menschen.

  • DER PAKT

Saudi-Arabiens Aufstieg ist nicht denkbar ohne das Bündnis zwischen der Familie Al Saud und dem Religionsgelehrten Mohammed Ibn Abd al-Wahhab (1703-1792) aus dem 18. Jahrhundert. In den von den Sauds beherrschten Gebieten gilt die ultrakonservative islamische Lesart des Wahhabismus. Er schränkt die Rechte der Frauen stark ein, Vergnügungen sind verboten. Eine Religionspolizei, die das Einhalten der rigiden Regeln überwachte, erlangte viel Macht. Aus dem Wahhabismus speist sich auch die Ideologie von Dschihadisten.

  • IRAN

Der schiitische Iran ist als einflussreiche Regionalmacht der Erzfeind des sunnitischen Saudi-Arabiens. Zentrales Ziel der Außenpolitik Riads ist das Zurückdrängen des iranischen Einflusses. Die Spaltung der Muslime in Schiiten und Sunniten rührt von einem Streit über die Nachfolge des Propheten Mohammed her.

  • 1979 UND DIE KONSERVATIVEN

Das Öl brachte Geld und Ausländer ins Land. Saudi-Arabien liberalisierte sich daraufhin vorsichtig. Bis zwei Ereignisse 1979 wieder den Einfluss der Konservativen stärkten: die Revolution im Iran und der schwere Überfall von Extremisten auf die heilige Stadt Mekka.

  • DIE FAMILIE

Die weit verzweigte Königsfamilie mit Hunderten Prinzen ist das Machtzentrum Saudi-Arabiens. Dort hatte lange der einflussreiche Block der Sudairis das Sagen - also die Nachkommen des Staatsgründers mit seiner Lieblingsfrau Hissa bin Sudairi. Im Sommer 2017 warf König Salman aber Kronprinz Mohammed bin Naif, und damit die Sudairis, aus der Thronfolge.

  • ÖLREICHTUM

Als der kostbare Rohstoff in den 30er-Jahren unter dem saudischen Wüstensand entdeckt wurde, ahnte wohl noch niemand, dass dort einer der größten Erdölschätze der Welt liegt. Die Organisation der Ölexportländer Opec taxiert ihn auf 22 Prozent der weltweiten Vorkommen. Doch das Zeitalter der fossilen Brennstoffe scheint vorbei - und Riad kann sich nicht mehr auf den schwankenden Öl-Preis als Wohlstandsbringer verlassen. 

  • REFORMEN

Kronprinz bin Salman will das Land liberalisieren. "Wir gehen zu dem zurück, wie wir waren: dem moderaten Islam, sagte er im Oktober 2017 in ungewöhnlich klaren Worten. Seither wurden viele strenge Vorschriften aufgeweicht: So durften Frauen Ende letzen Jahres bei der Schach-WM in Riad antreten, ohne die traditionellen Kleidungsvorschriften zu beachten, im Januar konnten sie erstmals ein Fußballspiel besuchen und ab diesem Sommer sollen sie im Königreich Autofahren dürfen. Im März stellte bin Salman die strenge Kleiderordnung für Frauen grundsätzlich in Frage. Nach der islamischen Rechtsprechung sollten sich Frauen zurückhaltend anziehen, sagte er im US-Sender CBS. Dies heiße nicht, dass sie ein schwarzes Gewand oder eine Kopfbedeckung tragen müssten.

Auch die Ächtung jeder Art von Vergnügung bröckelt: Am 18. April soll in Riad von einer US-Firma das erste Kino seit 35 Jahren eröffnet werden. Bis 2030 will Saudi-Arabien über fast 350 Kinos verfügen.

  • VISION 2030

Um die Abhängigkeit vom Öl zu verringern, will Saudi-Arabien seine Wirtschaft umbauen. Privatsektor und Dienstleistung sollen gestärkt werden, ebenso die Rolle als Technologiestandort. Dafür soll die Gesellschaft moderner werden, es braucht flexible Arbeitskräfte - zum Beispiel Frauen, die Auto fahren dürfen.

DPA
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