In der Eurokrise hat nach der Rede von EZB-Chef Mario Draghi in der vergangenen Woche nun auch ein Interview mit Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker Spekulationen über drastische Eingriffe geschürt. Juncker sagte der "Süddeutschen Zeitung": "Welche Maßnahmen wir ergreifen werden, entscheiden wir in den nächsten Tagen. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren."
Die Bundesregierung will von den ankündigten Maßnahmen allerdings nichts wissen: Ihm sei kein entsprechender Gesprächstermin bekannt, teilte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter mit. Eine Sprecherin des Finanzministeriums verwies darauf, dass das nächste reguläre Eurogruppen-Treffen für September anberaumt sei.
Juncker hatte in dem SZ-Interview eindringlich vor einem Zerfall der gemeinsamen Währungszone gewarnt: "Wir sind an einem entscheidenden Punkt angekommen." Die Euroländer müssten jetzt "mit allen verfügbaren Mitteln" ihre feste Entschlossenheit zeigen, die Finanzstabilität der Währungsgemeinschaft zu garantieren.
Rücktrittsforderungen aus der CSU
Der Eurogruppen-Chef äußerte auch Kritik an Deutschland: "Wieso eigentlich erlaubt sich Deutschland den Luxus, andauernd Innenpolitik in Sachen Eurofragen zu machen? Warum behandelt Deutschland die Eurozone wie eine Filiale?", fragte er in dem Blatt.
Junckers Worte sorgten vor allem in der CSU für Verärgerung. "Das ist so überflüssig gewesen wie nur irgendwas", sagte Parteichef Horst Seehofer (CSU) nach einer Sitzung des Parteivorstands. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt brachte sogar einen Rücktritt Junckers ins Spiel: "Ob man so jemand wirklich in dieser Funktion als Eurogruppenchef behalten kann, (...), da mache ich ein großes Fragezeichen."
Schäuble trifft Geithner auf Sylt
Unterdessen traf sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) an seinem Urlaubsort auf der Nordeeinsel Sylt mit seinem US-Amtskollegen Timothy Geithner zu Gesprächen über die Eurokrise. Beide äußerten sich anschließend zuversichtlich über den Erfolg der Reformanstrengungen in den Euroländern. Deutschland und die USA würden mit ihren Partnern weiter eng zusammenarbeiten, um die Wirtschaft in der Welt und in Europa zu stabilisieren.
Schäuble und Geithner lobten die Fortschritte nahezu aller Euro-Krisenländer. Sie verwiesen auf Irland, dem vergangene Woche die Platzierung längerfristiger Anleihen gelungen ist. Portugal bescheinigten sie einen "anhaltenden Erfolg" bei der Einhaltung der versprochenen Sparanstrengungen.