Simbabwe Eine Wahl, die keine ist

Simbabwe wählt und Präsident Robert Mugabe zieht die bekannten Register: Um weiter im Amt zu bleiben, setzt der Despot erneut auf Drohungen, Stimmenkauf und Wahlfälschung. Und doch gibt es Chancen für einen Neuanfang in dem südafrikanischen Land.

Eigentlich ist alles wie beim letzten Mal vor sechs Jahren. Simbabwe wählt seinen Präsidenten, wieder stellt sich Amtsinhaber Robert Mugabe zur Wahl, und wieder versucht der mittlerweile 84-Jährige alles, um das Ergebnis vorwegzunehmen.

Mit kostenlosem Mais werden Tausende zu seinen Wahlveranstaltungen gelockt, der alternde Diktator verschenkt Dünger, Kühe, Traktoren und erhöhte zuletzt ebenso handstreichartig massiv die Gehälter für Soldaten, Lehrer und Beamte. Die Wahlkommission ist mit willigen Gefolgsleuten besetzt, eine unabhängige Presse verboten, ebenso westliche Beobachter und Journalisten, die Wahlkreise sind skrupellos auf die Bedürfnisse der Regierungspartei zugeschnitten, es wird gedroht, gefoltert, gemordet, und um trotz allem keinen demokratischen Unfall zu riskieren, orderte man vorsorglich schon einmal drei Millionen Stimmzettel mehr als nötig. Die Armeeführung hat derweil verlauten lassen, man salutiere keinem anderen Präsidenten als Robert Mugabe.

Und doch gibt es tatsächlich Chancen, dass Mugabe trotz Stimmenkauf und Wahlfälschung dieses Mal nicht gewinnt. Denn im 28. Herrschaftsjahr des einstigen Freiheitskämpfers steht das vormals blühende Simbabwe, das "Juwel Afrikas", wie Tansanias verstorbener Präsident Julius Nyerere es einmal nannte, am Abgrund. Seit Mugabe 2000 die meisten weißen Farmer enteignen ließ, ist die Wirtschaft in freiem Fall. 2007 schrumpfte sie um sieben Prozent. Geschätzte 80 Prozent sind arbeitslos, Strom gibt es meist nur noch stundenweise, die Trinkwasserversorgung ist teilweise zusammengebrochen, Hilfsorganisationen registrieren Anzeichen einer Hungersnot und die Lebenserwartung für Frauen ist mit 34 Jahren die niedrigste der Welt.

Die Hyper-Inflation von mehr als 100.000 Prozent macht ein normales Leben unmöglich. Manchmal werden die Preise mehrmals pro Tag erhöht. Wer mit Menschen in Harare oder Bulawayo spricht, hört immer wieder dieselben Klagen. Wie die Schulgebühren der Kinder bezahlen? Wie zur Arbeit kommen, wenn es kein Benzin mehr gibt und kaum noch Busse fahren? Wie das Essen bezahlen? Überhaupt: Wie etwas zu essen finden?

Seit Mugabe im letzten Herbst panikartig den Händlern befahl, ihre Preise zu halbieren, zögern diese, ihre Läden wieder aufzufüllen - selbst wenn sie es könnten. Allerorten leere Regale, dazwischen Menschen, die Plastiktüten voll wertloser Simbabwe-Dollar mit sich herum tragen. Im Januar brachte die Zentralbank eine 10-Millionen-Dollar-Note in Umlauf. Doch für das kastanienbraune Papier mit einem hübschen Staudamm darauf gibt es nicht mal mehr ein Brot.

Einzig die Überweisungen aus dem Ausland halten viele Familien überhaupt noch am Leben. Ein Viertel aller Simbabwer, etwa drei bis vier Millionen, leben mittlerweile außerhalb der Landesgrenzen. Die meisten im Nachbarland Südafrika, ohne festen Job oder Wohnung, jederzeit von Deportation gefährdet. Manchmal sind Kirchen ihr einziger Schutz. In der Johannesburger Central Methodist Church etwa hausen über 1000 Menschen, schlafen in Gängen oder auf Kirchenbänken. In der Luft hängt eine beißende Melange aus Schweiß, Urin und Abfall, es wird gehustet, geschnäuzt, geschrieen, selbst Vergewaltigungen und Morde suchten die elendig zusammengedrängte Gemeinschaft im Hause Gottes schon heim.

Mugabes Macht schwindet

Armut, Inflation, ein beispielloser Exodus - all das rüttelt an Mugabes Macht. Doch erst seit sich im Februar dieses Jahres sein ehemaliger Finanzminister Simba Makoni von ihm lossagte, um als Unabhängiger für die Präsidentschaft zu kandidieren, droht sie auch zusammenzubrechen. Jahrelang war der heute 58-jährige Makoni Teil des Systems Mugabe - heute beteuert er, schon früher versucht zu haben, Mugabe von einer anderen Politik zu überzeugen. "Aber Mugabe nimmt Kritik überhaupt nicht war", sagte er stern.de

Makoni gibt sich als Versöhner. Er will die Beziehungen zum Westen normalisieren. Dabei setzt er auch auf Kontakte aus seiner Zeit als Generalsekretär der regionalen Wirtschaftsgemeinschaft SADC. Eine Rücknahme der Landreform aber plant er genauso wenig wie er die herrschende Zanu-PF verdammt. "Die Regierung ist nicht arm an guten Ideen, sie wurden nur nicht richtig umgesetzt."

Offenbar wird Simba Makoni von hochrangigen Unzufriedenen der Regierungspartei unterstützt - wenn sich bislang auch kaum jemand aus der Deckung wagt. Simbabwes mächtige Vize-Präsidentin Joyce Mujuru und ihr Mann, der pensionierte General Solomon Mujuru, werden dem Makoni-Lager zugerechnet.

Für den zweiten Oppositionskandidaten Morgan Tsvangirai allerdings bleibt Makoni nur "alter Wein in neuen Flaschen". Tsvangirai war als Kandidat des "Movement for Democratic Change" (MDC) schon bei der Wahl 2002 gegen Mugabe angetreten und hatte offiziell 42 Prozent erreicht. Bei einer korrekten Wahl hätte er wohl gewonnen. Im letzten Jahr wurde er verhaftet und zusammengeschlagen. Das Bild seines malträtierten Kopfes machte die Welt wieder einmal auf Simbabwe aufmerksam - und ihn zum Held des Widerstands. Seine Führungskraft aber ist umstritten. Es ist ihm nicht gelungen, eine abtrünnige Fraktion des MDC wieder einzufangen. Deren Führer, Arthur Mutambara, unterstützt nun Simba Makoni. Tsvangirai selbst weigert sich, mit Makoni zusammenzuarbeiten.

So bleibt die Opposition bislang gespalten. Zudem fischen Tsvangirai und Makoni bei denselben Wählern. Während Mugabe noch immer auf einfache Wähler vom Land zählen kann, setzen sowohl Tsvangirai wie auch Makoni auf die gebildeten Städter. Der Despot ist eben angezählt - k.o. aber noch nicht.

Ein zweiter Wahlgang ist wahrscheinlich

Was das alles bedeutet? Wahrscheinlich keinen klaren Sieger, sondern einen zweiten Wahlgang mit Tsvangirai oder Makoni auf der einen Seite, Mugabe auf der anderen. Wahrscheinlich keine größeren Unruhen wie unlängst in Kenia - selbst wenn Mugabe zum Sieger gekürt wird. Zu viele Simbabwer haben der Politik schon frustriert den Rücken gekehrt. Und Simbabwes mächtiger Nachbar Südafrika wird wahrscheinlich auch nur wieder schweigen. Dessen Präsident Thabo Mbeki weigert sich bis heute, Mugabe offen zu kritisieren. Er setzt lieber auf stille Demokratie. Damit ist er bislang kläglich gescheitert.

Wirklich sicher aber ist bei dieser Wahl kaum etwas, außer: Demokratisch wird sie nicht.