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Skandinavien Diese vier Frauen regieren den Norden Europas

Von links oben nach rechts unten: Sanna Marin, Mette Frederiksen, Erna Solberg, Katrín Jakobsdóttir
Vier Frauen, die in Skandinavien regieren. Von links oben nach rechts unten: Sanna Marin, Mette Frederiksen, Erna Solberg, Katrín Jakobsdóttir
© Leon Neal, Sean Gallup, Kenzo Tribouillard, Alastair Grant / Getty Images / AFP
Mit Sanna Marin hat Finnland eine Ministerpräsidentin bekommen, die zugleich die jüngste amtierende Regierungschefin der Welt ist. In den nordischen Ländern ist sie aber nicht die einzige Frau an der Spitze einer Regierung.

Sanna Marin hat weltweit Schlagzeilen gemacht. Und das nicht nur, weil sie am 10. Dezember zur Ministerpräsidentin Finnlands wurde. Mit dem Tag, an dem sie an die Spitze der finnischen Regierung gelangte, ist sie auch zur aktuell jüngsten amtierenden Regierungschefin der Welt gewählt worden – mit 33 Jahren. Ihr Hintergrund sorgt bei vielen für Aufsehen und Bewunderung: Jung, eine Frau, Mutter eines kleinen Kindes und in ihrer politischen Karriere erfolgreich.

Doch Marin ist nicht die einzige und erste Frau in Skandinavien, dem Norden Europas, die die Geschicke ihres Landes lenkt. Neben ihr regieren aktuell noch in Dänemark, Norwegen und Island Frauen. Und auch in den Jahren und Jahrzehnten zuvor saßen Frauen am Kopf des Kabinettstisches. Nur in Schweden regiert derzeit mit Stefan Löfven ein Mann. Wir stellen Ihnen diese Frauen vor.

Sanna Marin, Ministerpräsidentin Finnlands

Finnlands neue Ministerpräsidentin Sanna Marin
Finnlands neue Ministerpräsidentin Sanna Marin
© Kenzo Tribouillard / AFP

Der Global Gender Gap Index Ranking des Weltwirtschaftsforums (WEF) untersucht Gleichberechtigung und Geschlechtergerechtigkeit weltweit. Finnland gehört dabei zu den besten ist dort auf Platz drei gelandet – eine Verbesserung um einen Platz im Vergleich zum Vorjahr. Deutschland liegt auf Platz zehn und konnte sich somit um vier Plätze verbessern. Zum Vergleich: In 153 Ländern zusammengerechnet sind 25 Prozent der Parlamentssitze und 21 Prozent der Ministerposten von Frauen besetzt. Laut WEF sind in Finnland außerdem 32.8 Prozent der Positionen in der Führungsebene von Frauen besetzt.

Marin ist die jüngste Regierungschefin. Sowohl vom Alter als auch vom Dienstantritt her. Im November 1985 in der Hauptstadt Helsinki geboren, erwarb Marin später den Master of Administrative Sience. Von 2013 bis 2017 war sie Vorsitzende des Stadtrates von Tampere. 2015 wurde sie als Abgeordnete in das finnische Parlament gewählt und 2017 wurde sie zur ersten stellvertretenden Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Finnlands (SDP). 2019 wurde sie Ministerin für Verkehr und Kommunikation im Kabinett von Antti Rinne. Nach seinem Rücktritt wurde sie zur Ministerpräsidentin ernannt.

Seit 2006 engagiert sich Marin in der Politik, wie sie auf der Internetseite der Regierung sagt: "Engagement und Veränderung bedeuten für mich Bürgerrechte. Das Ändern von Dingen erfordert Engagement." Sie lebt in der Nähe der Stadt Tampere mit ihrem Mann und ihrer 2018 geborenen Tochter.

"Gleichheit, Freiheit und globale Solidarität" sind für Marin wichtige Werte. Besonders liegen ihr auch Umwelt und Klima am Herzen: "Der Klimawandel und der Verlust der biologischen Vielfalt gehören zu den größten Problemen unserer Zeit. Ihnen entgegenzutreten, erfordert starken politischen Willen und Entschlossenheit."

Die hohe Gleichberechtigung in Finnland spiegelt sich auch in der Politik wider: Marins Kabinett hat 19 Mitglieder, zwölf davon sind Frauen, Sanna Marin mit eingeschlossen. Die deutsche Bundesregierung hingegen besteht aus 16 Mitgliedern. Davon sind nur sieben Frauen – Angela Merkel mit eingeschlossen. In das finnische Parlament, dem Eduskunta, sind bei der letzten Wahl 2019 von den 200 Abgeordnetensitzen 93 Frauen mit Frauen besetzt worden. Im Deutschen Bundestag sind es 221 Frauen – bei insgesamt 709 Mandaten. Das ist ein Frauenanteil von 31,2 Prozent.

Marin ist nicht die erste Frau, die in Finnland auf den Posten der Ministerpräsidentin innehatte: 2003 wurde Anneli Tuulikki Jäätteenmäki erste Ministerpräsidentin Finnlands. Nach allerdings nur 69 Tagen im Amt trat sie zurück. 2010 wurde Mari Johanna Kiviniemi, die fast genau ein Jahr an der Macht war, die zweite Frau in dieser Position. Und von 2000 bis 2012 war Tarja Kaarina Halonen erste und bislang einzige Präsidentin Finnlands.

Mette Frederiksen, Ministerpräsidentin Dänemarks

Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen
Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen
© Leon Neal / Getty Images

Dänemark steht im Global Gender Gap Index Ranking im weltweiten vergleich auf Platz 14, rund 30,3 Prozent der Mitglieder in dortigen Firmenvorständen sind Frauen. Damit liegt das Land hinter Deutschland, wo der Anteil 31,9 Prozent beträgt. Im dänischen Parlament gibt es 179 Abgeordnete, von denen 55 Frauen sind. An der Spitze des Staates steht in Dänemark Königin Margrethe II.

Eine weitere Frau, die neben Marin die Regierungsmacht in diesem Jahr gewinnen konnte, ist Mette Frederiksen in Dänemark. Sie ist wie ihre Amtskollegin aus Finnland ebenfalls Sozialdemokratin. Am 5. Juni wurde ihre Partei mit ihr als Spitzenkandidatin Siegerin der Parlamentswahl. Seit dem 27. Juni regiert sie alleine mit den Sozialdemokraten in einer Minderheitsregierung. Ihr Kabinett besteht aus 20 Mitgliedern, wovon nur sechs Frauen sind.

Die 42-Jährige wurde in Aalborg geboren, wo sie 2007 auch ihren Bachelor machte. 2009 folgte ein Master in Afrikastudien in Kopenhagen. Frederiksens Karriere begann im Jahr 2000 als Jugendberaterin bei dem Gewerkschaftsverbund LO. Seit dem November 2001 ist sie Mitglied des dänischen Parlamentes, dem Folketing. Seit 2015 ist sie Vorsitzende ihrer Partei. Davor hatte sie schon zwei Ministerposten inne: von 2011 bis 2014 war sie unter Helle Thorning-Schmidt Beschäftigungsministerin, bevor sie Justizministerin wurde. Thorning-Schmidt wurde 2011 zur ersten Ministerpräsidentin – in Dänemark Staatsministerin genannt – Dänemarks gewählt.

Frederiksen sagt über sich selbst auf ihrer eigenen Internetseite: "Ich möchte gerne eine Staatsministerin sein, die diejenigen in unserer Gesellschaft verteidigt, die die am wenigsten haben. Ich glaube daran, dass wir den Herausforderungen der Zukunft begegnen müssen, indem wir das Gesellschaftsmodell stärken, das Generationen vor uns aufgebaut haben. (…) Ich bin der Typ Politiker, der eher an Zusammenarbeit als an Spaltung glaubt. Dies bedeutet, dass wir nicht immer genau das bekommen, was wir wollen. Andererseits denke ich, dass die Ergebnisse länger anhalten." Privat ist Frederiksen mit dem Kameramann und Regisseur Bo Tengberg verlobt und hat zwei Kinder.

Katrín Jakobsdóttir, Ministerpräsidentin Islands

Katrín Jakobsdóttir, Regierungschefin Islands
Katrín Jakobsdóttir, Regierungschefin Islands
© Alastair Grant / AFP

Island ist laut WEF an der Spitze im Global Gender Gap Index Ranking. Hier beträgt der Frauenanteil in Firmenvorständen 43 Prozent. Nur Frankreich ist mit 0,3 Prozent mehr besser. Islands amtierende Regierung hat im Koalitionsvertrag Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen als Priorität festgesetzt. Es wurden zum Beispiel Schritte vereinbart, um geschlechterspezifische Lohndiskriminierung zu beenden.  

Jakobsdóttir, geboren im Februar 1976, ist seit November 2017 Ministerpräsidentin Islands. Sie ist außerdem seit 2013 Vorsitzende ihrer Partei, der Links-Grünen Bewegung. Im Jahr 2007 zog sie in den Althingi, das isländische Parlament ein. Bevor sie Regierungschefin wurde, hatte sie zwei Ministerposten inne: Von 2009 bis 2013 war sie Ministerin für nordische Kooperation sowie für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Jakobsdóttir absolvierte 1999 ein Studium der isländischen und französischen Sprache. 2004 erhielt sie einen Master of Arts in isländischer Literatur. Sie ist verheiratet und hat drei Söhne.

Das Kabinett der isländischen Ministerpräsidentin besteht aus elf Mitgliedern. Fünf davon sind Frauen, einschließlich Jakobsdóttir. Im Parlament sind aktuell 24 Frauen vertreten, was rund 38 Prozent der Abgeordneten ist.

Die 43 Jahre alte Isländerin ist – wie in Finnland und Dänemark – nicht die erste Frau in diesem Amt. Von 2009 bis 2013 war Jóhanna Sigurðardóttir Ministerpräsidentin der Inselrepublik. Die Sozialdemokratin wurde nicht nur Islands erste Ministerpräsidentin, sondern war auch die erste offen homosexuelle Regierungschefin der Welt. Zwischen 1980 und 1996 hatte Island zudem eine Frau als Staatsoberhaupt, als Vigdís Finnbogadóttir das Amt der Präsidentin innehatte. Sie ist damit die erste Frau der Welt, die in einer demokratischen Wahl zum Staatsoberhaupt gewählt wurde.

Erna Solberg, Ministerpräsidentin Norwegens

Die norwegische Regierungschefin Erna Solberg
Die norwegische Regierungschefin Erna Solberg
© Sean Gallup / Getty Images

Auch Norwegen liegt wie Island und Finnland an der Spitze des Global Gender Gap Index Ranking, genau genommen auf Platz zwei. In knapp 42 Prozent der Vorstände in Firmen des Landes sind Frauen vertreten, so das WEF.

Erna Solberg ist die dienstälteste der vier amtierenden Frauen, die in Skandinavien regieren. Sie hat das Amt der Ministerpräsidentin (Staatsministerin) seit Oktober 2013 inne. 2017 wurde sie wiedergewählt. Sie regierte zuerst mit einer Minderheitsregierung bestehend aus ihrer konservativen Partei Høyre und der rechtspopulistischen Fortschrittspartei. 2018 trat die liberale Partei Venstre der Minderheitsregierung bei, 2019 folgte die Christliche Volkspartei.

Solberg wurde im Februar 1961 geboren. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder. 1986 machte sie an der Universität Bergen ihren Magister in Soziologie, vergleichender Politikwissenschaft, Statistik und Sozialwirtschaft. Ihren Mann hatte sie während des Studiums kennengelernt, den sie 1996 "in aller Heimlichkeit" in Paris heiratete, wie sie auf ihrer Webseite schreibt. Ihre Familie sei schon immer das wichtigste in ihrem Leben gewesen: "Ich hätte mir keine bessere Familie wünschen können", schreibt sie.

1980 wurde begann ihre politische Karriere als Vorsitzende in der Jugendorganisation von Høyre in Bergen. Den Jungen ging es laut ihrer Darstellung eher um Steuern, ihr hingegen ging es um Gleichstellung, Hilfe und Frauenbildung in armen Ländern. Seit 1989 ist Solberg Mitglied des Storting genannten Parlamentes in Norwegen. Seit 2004 ist sie Parteichef von Høyre. Von 2001 bis 2005 war sie unter Kjell Magne Bondevik Kommunal- und Regionalministerin. Wie ihre anderen drei Amtskolleginnen ist Solberg ebenfalls nicht die erste Frau in diesem Amt in Norwegen. Vor ihr regierte schon die Sozialdemokratin Gro Harlem Brundtland in den Jahren 1981, 1986 bis 1989 und 1990 bis 1996.

Ihr jetziges Kabinett besteht aus insgesamt 22 Mitgliedern, wovon zehn Frauen sind. Das Storting hat 169 Abgeordnete. Zwischen 2013 und 2017 saßen 67 Frauen im Parlament, was einem Frauenanteil von knapp 40 Prozent entspricht.


Quellen: Der neue Fischer Weltalmanach 2019, Internetauftritte von den Regierungen Finnlands, Islands, Dänemarks und Norwegens, von Sanna Marin, Erna Solberg und Mette Frederiksen, der Parlamente Finnlands, Islands, Dänemarks und Norwegens, des finnischen und isländischen Präsidialamtes, vom Deutschen Bundestag, der Bundesregierung und vom Weltwirtschaftsforum

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