Es sieht aus wie ein Wrack: Rost am Rumpf, Rost am Aufbau, Rost überall. Die weiß-schwarze "57" auf dem militärisch grau angemalten Bug blättert schon ab. Leicht schräg liegt die "BRP Sierra Madre" im Südchinesischen Meer, denn sie ist 1999 absichtlich bei den Spratly-Inseln auf Grund gesetzt worden. Die Flagge der Philippinen weht rund 24 Jahre danach über dem Deck – und das aus gutem Grund. Mit der Aktion wollten und wollen die Philippinen Chinas Ausbreitung im Südchinesischen Meer Einhalt gebieten. Eine Handvoll philippinische Marine-Soldaten ist auf dem vor sich hin rostenden Schiff, das bereits im Zweiten Weltkrieg für die USA im Einsatz war, stationiert. Sie sind auf regelmäßige Versorgungsmissionen angewiesen, um an ihrem abgelegenen Standort zu überleben.
Eine solche Versorgungsfahrt hat am Samstag zu einem Zwischenfall geführt: Ein Schiff der chinesischen Küstenwache hat seine Wasserwerfer auf Boote der philippinischen Marine gerichtet. Die angegriffenen beiden philippinischen Schiffe hätten Lebensmittel, Wasser und Hilfsgüter für philippinische Soldaten gebracht, die dort stationiert seien, hieß es bereits am Sonntag. Nur eines habe die "BRP Sierra Madre" erreicht, das andere habe umkehren müssen. Es war das zweite Mal seit November 2021, dass die chinesische Küstenwache in dem Gebiet Wasserwerfer gegen eine philippinische Versorgungsmission einsetzte. Auf chinesischer Seite seien sechs Schiffe der Küstenwache und zwei Militärschiffe beteiligt gewesen, hieß es von philippinischer Seite.
Mehrere europäische Staaten und die USA hatten nach dem mutmaßlichen Wasserwerfer-Vorfall Pekings Vorgehen kritisiert. Das US-Außenministerium hatte erklärt, China bedrohe unmittelbar den Frieden und die Stabilität in der Region.
Streit zwischen China und den Philippinen
Der chinesische Botschafter sei nach dem Vorfall vom Wochenende ins Außenministerium der Philippinen zitiert worden, hieß es in einer Mitteilung am Montag. Dabei habe das Ministerium darauf gedrungen, dass China seine Schiffe auffordere, ihre "illegalen Handlungen gegen philippinische Schiffe einzustellen und legale philippinische Handlungen nicht zu stören".
Die Chinesen, die verschwanden

China beansprucht praktisch das gesamte Südchinesische Meer für sich. Doch auch Brunei, Indonesien, Malaysia, die Philippinen und Vietnam reklamieren Teile des Seegebiets, das für die Anrainerstaaten strategisch und wirtschaftlich von hoher Bedeutung ist, für sich. Peking heizt den Territorialkonflikt auch dadurch an, dass es in dem Gebiet künstliche Inseln aufschüttet und auf ihnen Militäranlagen errichtet.

Die Philippinen hätten "wiederholt klare Versprechen gegeben, das illegal 'gestrandete' Kriegsschiff abzuschleppen", sagte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums am Dienstag. Nach 24 Jahren habe Manila das Schiff noch immer nicht nur nicht entfernt, sondern "versucht, es zu reparieren und in großem Stil zu befestigen", hieß es weiter.
Kriegsschiff im Südchinesischen Meer
China dränge die Philippinen "einmal mehr dazu, das 'gestrandete' Kriegsschiff sofort vom Ren'ai-Riff abzuschleppen", erklärte das Außenministerium in Peking unter Verwendung des chinesischen Namens für das Atoll Second Thomas Shoal.

Das philippinische Außenministerium ließ hingegen mitteilen, die "dauerhafte Stationierung" von Soldaten auf Second Thomas Shoal sei eine Antwort auf Chinas "illegale Besetzung" des nahegelegenen Mischief-Riffs im Jahr 1995. Das Errichten eines Militärpostens im eigenen Einflussbereich sei ein "immanentes Recht" der Philippinen. "Um eines festzuhalten: wir werden das Ayungin Shoal nie aufgeben", sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der Philippinen, Jonathan Malaya, unter Verwendung des philippinischen Namens für das Atoll.
Das letzte Wort um die Gebietsansprüche im Südchinesischen Meer ist wohl noch lange nicht gesprochen.
Weitere Quelle: "South China Morning Post".