Joseph Wu im CNN-Interview Taiwans Außenminister: "Wir sind bereit, falls China einen Krieg beginnt"

Taiwans Außenminister Joseph Wu
Taiwans Außenminister Joseph Wu
© Sam Yeh / AFP
Ernstfall statt Übung? Nach den jüngsten Militärmanövern mehrere potenzieller Konfliktparteien bereitet sich China vermutlich auf einen Krieg vor – das sagt zumindest Taiwans Außenminister Joseph Wu in einem CNN-Interview. Was sicher ist: Die Spirale aus Drohungen und Befürchtungen dreht sich weiter.

Der Konflikt zwischen dem Inselstaat Taiwan und der China spitzt sich erneut zu. Nach groß angelegten Militärmanövern vor dem Inselstaat macht sich die Volksrepublik nach Angaben des taiwanesischen Außenministers Joseph Wu offenbar für einen Krieg bereit. "Wenn man sich die Militärübungen und auch ihre Rhetorik ansieht, scheinen sie zu versuchen, sich auf einen Krieg gegen Taiwan vorzubereiten", sagte Wu in einem Interview mit dem US-Sender CNN. 

Besuch der taiwanesischen Präsidentin in den USA entfacht erneut Spannungen

Hochgekocht waren die Gemüter zuletzt nach dem Besuch der taiwanesischen Präsidentin Tsai Ing-wen in den USA, wo sie unter anderem mit dem republikanischen Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, zusammenkam. China, das den Inselstaat weiterhin als Teil der Volksrepublik sieht, wertete Tsais Reise als unverhohlene Provokation. Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: Peking rief die Volksbefreiungsarmee zum Großmanöver. Zu einer ähnlichen diplomatischen Belastungsprobe war es bereits im vergangenen Jahr gekommen, als McCarthys demokratische Vorgängerin Nancy Pelosi ihrerseits Taiwan einen Besuch abstattete und stellvertretend für ihr Land versprach, die USA würden "immer an der Seite Taiwans stehen" und ihre "Verpflichtungen gegenüber Taiwan nicht aufgeben".

"China kann Taiwan nicht vorschreiben, wie Taiwan mit Freunden umgeht. Und China kann nicht vorschreiben, wie Taiwans Freunde ihre Unterstützung zeigen", so Wu im CNN-Interview. Auch Tsai kritisierte Peking. Die Übungen seien "keine verantwortungsbewusste Haltung eines großen Landes". Obwohl das chinesische Manöver am Montag offiziell endete, habe Taiwans Militär am Dienstag Dutzende chinesische Flugzeuge und Kriegsschiffe gesichtet.  

USA und Philippinen starten bislang größtes gemeinsames Militärmanöver 

Ebenfalls am Dienstag starteten die USA und die Philippinen ihre bisher größten gemeinsame Militärübungen – mit insgesamt mehr als 17.000 Soldaten. Bei dem jährlich durchgeführten Balikatan-Manöver (übersetzt etwa: Schulter an Schulter) soll es vorrangig um die See- und Küstenverteidigung gehen.

Die USA bleiben Taiwans wichtigster Verbündeter. Ein formelles Militärbündnis gibt es jedoch nicht. Wie die US-Hilfe im Fall der Fälle aussähe, lässt sich Washington nach seiner Doktrin der "Strategischen Zweideutigkeit" offen. Allerdings hatte sich US-Präsident Joe Biden im vergangenen Jahr klar dazu bekannt, sich im Verteidigungsfall hinter Taiwan zu stellen. Kurz darauf ruderten dessen Mitarbeiter allerdings zurück.

Die USA könnten auf verschiedene Art eingreifen, sollte China den Inselstaat angreifen, meinte Wu im CNN-Interview. Aber was man immer wieder klargestellt habe: "Taiwan zu verteidigen, liegt in unserer eigenen Verantwortung". Allerdings, so fügte Wu hinzu, seien die USA "so engagiert wie nie", wenn es darum geht, China die schwerwiegenden Folgen eines solchen Angriffs zu verdeutlichen. Ob man sich aus taiwanesischer Sicht inzwischen nicht mehr mit dem "Ob", sondern mit dem "Wann" beschäftigt, wenn es um einen Invasionsversuch Chinas ginge, wollte der CNN-Moderator wissen. Zwar sei Peking vieles zuzutrauen, meinte Wu. Die Volksrepublik scheue grundsätzlich nicht vor dem Einsatz militärischer Gewalt. "Manchmal wollen sie ihren Feind zerschmettern, ohne tatsächlich Gewalt anzuwenden". 

US-General sagt 2025 voraus

Erst im Januar hatte ein ranghoher US-General seine Befürchtung zum Ausdruck gebracht, dass in naher Zukunft ein Krieg zwischen den USA und China ausbrechen könnte. "Ich hoffe, ich irre mich, aber mein Gefühl sagt mir, dass wir 2025 kämpfen werden", so Airforce-General Michael Minihan in einem internen Memo. Aus dem seiner Meinung nach künftigen Kriegsgrund machte er kein Geheimnis: Chinas Ambitionen in Richtung Taiwan. Wenig später warnte CIA-Direktor William Burns davor, dass Chinas Präsident Xi Jinping seine Militärs angeordnet habe, sich bis 2027 auf eine Invasion des kleinen Nachbarstaates zumindest vorzubereiten.

Für Wu macht der Zeitpunkt freilich keinen Unterschied: "Egal, ob es 2025, 2027 oder noch später so weit ist: Taiwan muss sich darauf vorbereiten", sagte der Außenminister der unabhängigen Republik China.

Quellen: CNN; DPA