Nach der Ankündigung einer neuen Militäroperation gegen die Kurden im Nordwesten Syriens hat die Türkei weitere Truppen an die Grenze verlegt. Syriens Führung drohte im Gegenzug mit dem Abschuss türkischer Jets, sollten diese syrisches Gebiet bombardieren. Vize-Außenminister Faisal al-Mikdad erklärte nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Sana, die türkische Luftwaffe solle einen Angriff nicht als "Spaziergang" betrachten.
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Sonntag einen Militäreinsatz auf die Region Afrin im Nordwesten Syriens angekündigt, die von der Kurdenmiliz YPG kontrolliert wird. Ziel sei es, die "südliche Grenze vom Terror zu säubern", sagte Erdogan. Die Türkei sieht in der Miliz den syrischen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Die YPG ist zugleich ein Verbündeter des Westens im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS).
Türkei schickt Panzer an die Grenze
Die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu meldete am Donnerstag, weitere Panzer sollten die Einheiten in der Grenzprovinz Hatay verstärken. Die Truppen seien in "höchster Bereitschaft". Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, türkische Artillerie habe am Morgen erneut Afrin beschossen.
Ein Kurden-Sprecher aus Afrin erklärte, alle Kräften in der Region seien in Alarmbereitschaft, um einen möglichen Angriff abzuwehren. "Wir mögen kein Blutvergießen, aber wenn es einen Angriff gegen uns gibt, sind wir gezwungen, dagegen vorzugehen", sagte Dschafar Sulaiman, Leiter des Ausschusses für Auswärtige Beziehungen in Afrin.
Ein Angriff auf die Region ist auch deshalb heikel, weil Russland im vergangenen Jahr Militärbeobachter nach Afrin entsandt hatte. Moskau unterstützt im syrischen Bürgerkrieg die Regierung, will aber Ende dieses Monats zusammen mit der Türkei und dem Iran im russischen Badeort Sotschi eine Syrien-Konferenz veranstalten.
US-Ankündigung stiftet Verwirrung
Die US-geführte internationale Koalition wies zugleich Meldungen über den geplanten Aufbau einer neuen Grenztruppe in den Kurdengebieten Nordsyriens zurück, zu der auch die YPG gehören würde. Die Koalition bilde in Syrien weiterhin lokale Sicherheitskräfte aus, erklärte das Bündnis. US-Außenminister Rex Tillerson bemühte sich, die Wogen zu glätten. Einige Beteiligte hätten sich bei der Vorstellung der Pläne "schlecht ausgedrückt". Er habe Verständnis für die Reaktion Ankaras, betonte Tillerson: "Wir schulden ihnen eine Erklärung." Es handele sich lediglich um ein verstärktes Training für die örtlichen Truppen, um ein Wiedererstarken des IS zu verhindern, versicherte Tillerson: "Nichts hat sich geändert." Es gehe nicht um eine neue Armee oder konventionelle Grenztruppe.
Unter anderem die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu hatte aus einer ihr vorliegenden Mitteilung der Koalition zitiert, wonach das Bündnis in Nordsyrien eine 30.000 Mann starke Grenztruppe aufbauen wolle. Teil davon sollen die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) sein, die von der YPG dominiert werden. Außer der Enklave Afrin kontrollieren diese Truppen noch weitere große Gebiete in Nordsyrien.
Erdogan hatte der Grenztruppe vor einigen Tagen den Kampf angesagt. Ministerpräsident Binali Yildirim erklärte am Donnerstag, die Entschlossenheit der Türkei sei klar und deutlich. "Es kann keine Rede davon sein, dass wir jemals die Bildung einer Terrorarmee direkt südlich unserer Grenzen akzeptieren", sagte er in Ankara.