Bei zwei Bombenanschlägen auf eine Uranmine des französischen Atomkonzerns Areva sowie ein nahe gelegenes Militärcamp sind im westafrikanischen Niger mindestens 23 Menschen getötet worden. Zahlreiche Bergleute wurden am Donnerstag zudem verletzt. Die islamistische Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika (MUJAO) bekannte sich am Nachmittag zu den Anschläge und begründete sie mit Frankreichs Militärintervention im benachbarten Mali. Die Gruppe hatte 2012 mit anderen Extremisten die Kontrolle im Norden des Nachbarlandes Mali übernommen.
Ein Sprecher der MUJAO-Bewegung sagte, seine Organisation habe "mit Allahs Hilfe zwei Operationen gegen die Feinde des Islams im Niger" ausgeführt. Ziel seien die Regierungen von Frankreich und des Nigers, die den Militäreinsatz im Krisenstaat Mali unterstützt hätten. Niger ist Teil der afrikanisch geführten AFISMA-Militärmission, die Malis Regierungstruppen dabei helfen soll, den Norden des Landes vor islamistischen Rebellen zu schützen. Bislang haben dort vor allem die französischen Streitkräfte den Einsatz gegen die Aufständischen geführt.
Frankreichs Präsident François Hollande erklärte, sein Land werde "alle Bemühungen Nigers zur Beendigung der Geiselnahme" unterstützen. Dabei gehe es keineswegs "um eine Intervention wie in Mali", sagte Hollande während eines Besuchs in Leipzig. Aber beide Länder verbinde der gemeinsame Wille, "gegen den Terrorismus zu kämpfen". Außenminister Laurent Fabius sicherte seinem nigrischen Amtskollegen die volle Solidarität Frankreichs im Kampf gegen terroristische Gruppen zu. Für eine abschließende Einschätzung der Anschläge sei es noch zu früh, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Paris.
Koordinierter Doppelschlag
Am Morgen war eine Autobombe vor einem Militärcamp in Agadez, der größten Stadt im Norden des Landes, detoniert. In der Stadt brach nach der Explosion Panik aus. Anschließend kam es zu schweren Kämpfen mit dem Militär. Dabei sollen 18 Soldaten, ein Zivilist und vier Attentäter ums Leben gekommen sein, wie das Innenministerium mitteilte. Ein fünfter Attentäter habe mehrere Offiziersanwärter als Geiseln genommen und sich mit ihnen in einem Gebäude der nördlich gelegenen Stadt verschanzt. Verteidigungsminister Mahamadou Karidjo bezeichnete die Angreifer als "Rothäute" - ein abwertender Begriff, mit dem die Tuareg und Beduinen des Landes gemeint sind. Die Situation sei inzwischen "unter Kontrolle", sagte Karidjo, die Angreifer seien "neutralisiert". Nach weiteren Attentätern werde gesucht.
Etwa 30 Minuten nach der ersten Detonation sprengte ein Selbstmordattentäter sein Fahrzeug auf dem Gelände einer französischen Uran-Anlage im 200 Kilometer entfernten Arlit in die Luft. Der Komplex wird seit 1971 von der Areva-Tochtergesellschaft Somaïr betrieben wird. Nach Angaben des Konzerns wurden 13 Bergleute verletzt. Zur Opferbilanz kursierten zunächst unterschiedliche Angaben: Das Innenministerium sprach von 50 Verletzten, von denen bis auf einen Zivilisten alle Sicherheitskräfte seien. Ein Mitarbeiter der Mine sagte, ein "Mann in Militäruniform" habe sich in einem mit Sprengstoff präparierten Geländewagen unter die Somair-Angestellten gemischt und das Fahrzeug vor dem Kraftwerk der Anlage in die Luft gejagt. "Die Firmenmanager sagten uns, der Selbstmordattentäter sei dabei umgekommen", berichtete der Mitarbeiter. Da nur geringfügige Schäden entstanden seien, sei der Betrieb nicht gestoppt worden.
Reaktion auf Frankreichs Mali-Intervention
Frankreich hatte im Januar gemeinsam mit der malischen Armee eine Militäroffensive gegen die Islamisten in Nord-Mali begonnen. Diese hatten im Zuge eines Militärputsches die Macht in der Region an sich gerissen und wollten eine strenge Auslegung der Scharia, des islamischen Rechts, einführen. Es gab Berichte über schwere Menschenrechtsverletzungen. Nachdem französische und malische Soldaten die größten Städte zurückerobern konnten, überquerten viele Dschihadisten die Grenze zu den Nachbarländern in der Sahel-Zone und drohten damit, dort französische Einrichtungen anzugreifen.
Der nigrische Präsident Mahamadou Issoufou sagte dem RFI-Bericht zufolge eine für das Wochenende geplante Reise zur 50-Jahr-Feier der Afrikanischen Union in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba ab.
Frankreich am Urantropf des Niger
Im September 2010 waren vier Franzosen bei der Uranmine Arlit von der al Kaida in Nordafrika (Aqmi) entführt worden. Sie befinden sich seither in der Hand der islamistischen Extremisten.
Der Niger stand 2011 bei der Uranproduktion weltweit an vierter Stelle, wie aus einer Energiestudie 2012 der Deutschen Rohstoffagentur hervorgeht. Frankreich, der größte Atomstromproduzent Europas, ist von dem Rohstoff abhängig. Areva, 2011 der zweitgrößte Uran-Produzent weltweit, beutet über seine Tochtergesellschaft Somaïr seit vier Jahrzehnten die Uranminen im Niger aus. Ende 2014 will das Unternehmen dort eine dritte Mine eröffnen, die nach Unternehmensangaben zur zweitgrößten weltweit werden soll. Neuerdings sichern auch Spezialkräfte der französischen Armee die Areva-Anlagen. Mit den Minen machte der Konzern 2011 einen Umsatz von 1,3 Milliarden Euro.