Großbritannien könnte schon im kommenden Jahr mit dem Abzug seiner Truppen aus Afghanistan beginnen. Das sagte der britische Premierminister David Cameron am Dienstag während eines nicht angekündigten Besuchs dort. Auch der amerikanische Verteidigungsminister Robert Gates traf am Dienstag zu einem Besuch in Afghanistan ein. Er wollte den noch knapp 100.000 am Hindukusch stationierten US-Soldaten kurz vor Weihnachten für ihren Einsatz zu danken.
Cameron erklärte auf einer Pressekonferenz mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai in Kabul, die NATO beginne im kommenden Jahr eine Übergangszeit und übergebe Bezirke und Provinzen an die Afghanen. Dieser Prozess solle bis 2014 abgeschlossen sein. Auf die Frage nach einem britischen Abzug erklärte er, dieser sei schon im kommenden Jahr möglich, erklärte Cameron am Montag in der Provinz Helmand.
Cameron und Karsai gingen auch auf Informationen aus den Wikileaks-Veröffentlichungen ein. In einem der Dokumenten vom November 2008 hieß es, die USA und Karsai seien der Meinung, dass "die Briten der Aufgabe der Sicherung von Helmand nicht gewachsen sind". Cameron sagte dazu am Dienstag, Großbritannien habe damals nicht genug Soldaten in Helmand gehabt. Karsai erklärte, die britische Regierung habe Afghanistan und das afghanische Volk stets unterstützt.
Der britische Premierminister forderte außerdem Aufklärung über die Todesumstände eines britischen Soldaten, der während einer Patrouillenfahrt im Bezirk Nad Ali erschossen worden war. Er war der 346. britische Militärangehörige, der seit Beginn des Einsatzes in Afghanistan ums Leben kam. Das britische Verteidigungsministerium hatte mitgeteilt, der Soldat sei möglicherweise von einem US-Flugzeug getötet worden.
Gates zufrieden mit Fortschritten
Gates wollte in Afghanistan Karsai und ranghohe Vertreter der US-Streitkräfte treffen. Seine Eindrücke dürften auch noch in die Bewertung der US-Militärpolitik in Afghanistan einfließen. Die US-Regierung will ein Jahr nach Aufstockung der US-Truppen um 30.000 Mann überprüfen, wie erfolgreich die Strategie im Kampf gegen Aufständische war und ob die Sicherheitslage im Land den für Juli 2011 geplanten stufenweisen Truppenabzug zulässt. Kommende Woche soll der Bericht abgeschlossen und im Anschluss die Ergebnisse bekannt gegeben werden.
Pentagon-Sprecher Geoff Morrell sagte, Gates sei recht zufrieden mit den Fortschritten, die bei der Ausbildung afghanischer Streitkräfte angesichts der bevorstehenden Übergabe der Sicherheitsverantwortung erzielt worden seien. Gates' Besuch ist der zehnte in Afghanistan während seiner Amtszeit.
Erst Ende vergangener Woche hatte Präsident Barack Obama bei einem unangekündigten Besuch auf dem US-Militärstützpunkt Bagram in Afghanistan seinen Truppen Fortschritte im Kampf gegen die Taliban bescheinigt. Wegen des schlechten Wetters konnte Obama nicht wie geplant zu einem Treffen mit Karsai nach Kabul reisen.