Die Festnahme Saddam Husseins hat dem Präsidentenwahlkampf in den USA eine deutliche Wendung gegeben. Amtsinhaber George W. Bush darf auf steigende Umfragewerte hoffen. Der erklärte Favorit aus dem neunköpfigen demokratischen Herausforderfeld und Gegner des Irak-Krieges, Howard Dean, hingegen könnte in Erklärungsnot geraten. Dean sieht sich bereits im Visier jener vier Gegenkandidaten, die sich ihrerseits für ihr Ja zum Irak-Krieg harscher Kritik ausgesetzt sahen.
Sticheleien von Parteikollegen
"Falls es nach Howard Dean ginge, wäre Saddam Hussein noch heute an der Macht und nicht im Gefängnis, und die Welt wäre ein viel gefährlicherer Ort", stichelte jüngst der demokratische Senator Joseph Lieberman aus Connecticut. Mit Spannung wurde daher am Montag eine Rede Deans in Los Angeles erwartet, mit der sich der Ex-Gouverneur von Vermont rund einen Monat vor der ersten demokratischen Vorwahl in Iowa außenpolitisch in Stellung bringen dürfte.
Dean hatte die Nachricht von der Ergreifung des irakischen Ex-Machthabers im Wahlkampf in Florida erreicht. Flugs gratulierte er den Truppen, die Saddam gefasst hatten und entwarf eine Zukunftsvision: Der Fahndungserfolg solle den Weg für eine Internationalisierung des Wiederaufbaus im Irak frei machen und es den USA erlauben, Truppen nach Hause zu schicken.
Strohfeuer oder dauerhafter Aufschwung?
Die neun demokratischen Kandidaten hatten bislang die Nachkriegswirren und fast täglichen Anschläge auf US-Soldaten im Irak zum Anlass genommen, Bush wegen dessen Besatzungspolitik in dem Golfstaat zu geißeln. Dabei wurde immer wieder ins Feld geführt, der Präsident habe sich zu wenig um internationale Kooperation beim Wiederaufbau bemüht und die Besatzungsherrschaft unzureichend vorbereitet. Nach dem Fahndungserfolg im Irak dürfte die Popularitätskurve Bushs jetzt wieder nach oben zeigen, meint Jennifer Duffy vom "Cook Report". "Aber wichtiger ist, ob es anhalten wird oder nur ein Strohfeuer ist." Letztlich beantwortet wird die Frage erst in elf Monaten, wenn die USA einen neuen Präsidenten wählen. Viel wird davon abhängen, ob mit der Festnahme Saddams die Gewalt - vor allem gegen die US-Truppen- zurückgehen wird.
Neben Lieberman hatten sich im demokratischen Kandidatenfeld auch die Senatoren John Kerry und John Edwards sowie der Kongress-Abgeordnete Richard Gephardt lange Zeit wegen ihrer Unterstützung für den Irak-Krieg Kritik anhören müssen. Das könnten sie nun hinter sich lassen, meint Donna Brazile, die frühere Wahlkampfmanagerin von Ex-Vizepräsident Al Gore. Dennoch glaube sie nicht, dass Deans Chancen langfristig Schaden nähmen. "Jetzt fragen sich die Leute doch, wo Osama (bin Laden) ist."