Schuldenstreit Drohende Zahlungsunfähigkeit der USA: Joe Biden verkürzt seine Reise – trotz ersten Fortschritten

Präsident Joe Biden will eine drohende Zahlungsunfähigkeit der USA, der größten Volkswirtschaft der Welt, unbedingt vermeiden
Präsident Joe Biden will eine drohende Zahlungsunfähigkeit der USA, der größten Volkswirtschaft der Welt, unbedingt vermeiden
© OLIVIER DOULIERY / AFP
Es gibt wohl Fortschritte, doch ein Scheitern der Gespräche im US-Schuldenstreit wäre zu gefährlich: Präsident Joe Biden verkürzt nun seine nächste Reise – und streicht die Besuche in Australien und Papua-Neuguinea.

Nach neuen Gesprächen über den Schuldenstreit und den drohenden Zahlungsausfall der USA keimt Hoffnung auf eine Einigung. Das Weiße Haus erklärte am Dienstag, US-Präsident Joe Biden sei "optimistisch", dass beide Parteien eine "verantwortungsvolle" Haushaltslösung finden könnten. Der Republikaner Kevin McCarthy deutete ebenfalls an, er rechne letztlich mit einer Einigung. Ungeachtet dessen sagte Biden wegen des Schuldenstreits geplante Besuche in Australien und Papua-Neuguinea ab. 

Die neue Gesprächen des Präsidenten mit Spitzenvertretern der oppositionellen Republikaner endeten mit einer vorsichtigen Annäherung zwischen beiden Seiten, aber keinem Durchbruch. Das Weiße Haus teilte mit, Biden habe seine Mitarbeiter angewiesen, "sich weiter täglich zu treffen", um offen Fragen zu beraten. Biden werde sich nach seiner Rückkehr vom G7-Gipfel mit den führenden Republikanern treffen. 

Biden wird zwar wie geplant diese Woche am G7-Gipfel im japanischen Hiroshima teilnehmen. Wie das Weiße Haus mitteilte, streicht er aber im Anschluss an den Gipfel geplante Reisen nach Australien und Papua-Neuguinea, um am Sonntag in die USA zurückzukehren.

Republikaner und Demokraten sprechen von positiven Zeichen

Der Republikaner Kevin McCarthy deutete einen positiven Ausgang der Verhandlungen an. "Amerika ist die Wirtschaft Nummer eins in der Welt. Und wenn wir mit diesen Verhandlungen durch sind, wird Amerikas Wirtschaft noch stärker sein", sagte McCarthy.

Der bei dem Treffen ebenfalls anwesende Anführer von Bidens Demokraten im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, sprach von einem "positiven Treffen", bei dem sich alle einig gewesen seien, dass es auf keinen Fall einen Zahlungsausfall geben dürfe. Senatsmehrheitsführer Chuck Schumer sprach von einem "respektvollen" Gespräch. Ein Treffen im Weißen Haus hatte vor einer Woche keine Annäherung zwischen Demokraten und Republikanern gebracht.

Als Zeichen zunehmender Nervosität wegen der möglichen Folgen eines Zahlungsausfalls schrieben mehr als 140 US-Unternehmenschefs einen Brief an Biden und die Kongressspitzen, um die Notwendigkeit einer Einigung zu unterstreichen. "Wir dringen mit Nachdruck auf eine schnelle Einigung, damit das Land dieses potenziell verheerende Szenario verhindern kann", hieß in dem Brief, den unter anderem die Chefs von Pfizer und Morgan Stanley unterzeichneten.

Biden fordert schon seit Monaten von den Republikanern, einer Anhebung oder Aussetzung der gesetzlich festgelegten Schuldenobergrenze zuzustimmen. US-Finanzministerin Janet Yellen hatte zuletzt gewarnt, ein möglicher Zahlungsausfall der weltgrößten Volkswirtschaft könnte bereits am 1. Juni eintreten. Dies könnte eine globale Finanzkrise und einen starken wirtschaftlichen Abschwung auslösen. Die USA wären dann nicht mehr in der Lage, einen Großteil ihrer Rechnungen zu begleichen – Millionen Menschen könnten in der Folge ihre Jobs verlieren. Im Jahr 2011 hatte eine republikanische Mehrheit im Kongress eine Anhebung der Schuldengrenze hinauszögert. Damals wurde die Kreditwürdigkeit der USA zum bisher einzigen Mal in der Geschichte herabgestuft

USA haben das Schuldenlimit bereits erreicht

Die USA hatten das Schuldenlimit von knapp 31,4 Billionen Dollar (knapp 29 Billionen Euro) schon im Januar erreicht. Seitdem verhindert die US-Regierung mit "außergewöhnlichen Maßnahmen" eine Zahlungsunfähigkeit, die Möglichkeiten dafür sind aber bald ausgeschöpft.

Die oppositionellen Republikaner wollen eine Anhebung der Schuldenobergrenze nur im Gegenzug für milliardenschwere Kürzungen der Staatsausgaben billigen. Sie wollen dabei zentrale Elemente von Bidens Reformpolitik zurücknehmen, unter anderem milliardenschwere Subventionen für erneuerbare Energien und einen Erlass bestimmter Schulden aus Studiengebühren. Ein entsprechendes Gesetz passierte Ende April das von den Republikanern kontrollierte Repräsentantenhaus

Biden lehnt das ab und verlangt von den Republikanern, einer Anhebung der Schuldenobergrenze ohne Vorbedingungen zuzustimmen. Der Präsident wirft der Opposition vor, die Wirtschaft des Landes mit dem drohenden Zahlungsausfall in "Geiselhaft" zu nehmen, um ihre politische Agenda durchzusetzen.

Das US-Schuldenlimit war in den vergangenen Jahrzehnten unter Präsidenten beider Parteien dutzende Male ausgesetzt oder angehoben worden – und das mit parteiübergreifenden Mehrheiten. Die Republikaner lassen in diesem Jahr aber mit ihrer neuen Mehrheit im Repräsentantenhaus die Muskeln spielen.

US-Präsident Joe Biden lädt wegen abgesagter Reise zu Staatsbesuch ein

Angesichts der geänderten Reisepläne habe Biden den australischen Premierminister Anthony Albanese zu einem offiziellen Staatsbesuch zu einem späteren Zeitpunkt eingeladen, hieß es vom Weißen Haus am Dienstag weiter. Die Regierung setzte sich eigenen Angaben zufolge auch mit dem Büro des Premierministers von Papua-Neuguinea, James Marape, in Verbindung, um diesen über die Änderungen zu informieren.

An dem G7-Treffen der führenden Industrienationen im japanischen Hiroshima wird Biden jedoch wie geplant teilnehmen. Zu den G7-Staaten gehören neben den USA auch Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien, Japan und Kanada sowie zusätzlich Vertreter der Europäischen Union. Die Staats- und Regierungschefs kommen von Freitag bis Sonntag (19. bis 21. Mai) für den Gipfel zusammen. Neben dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine und den Problemen der Weltwirtschaft dürfte es auch um die Rolle Chinas gehen.

Im Anschluss hatte Biden eigentlich Besuche im Inselstaat Papua-Neuguinea und Australien geplant. In Sydney hätte er am 24. Mai zusammen mit den Regierungschefs von Japan, Indien und Australien am Treffen des sogenannten Quad-Bündnisses teilnehmen sollen.

DPA · AFP
mkb