USA Prima Klima mit Merkel

  • von Katja Gloger
Mit überbordender Freundlichkeit - ein Abendessen im "private dining room" inklusive - empfing US-Präsident Bush seine deutsche Kollegin Merkel. Gemeinsam bekundeten sie viele gute Absichten: zum Beispiel jene, das Nahost-Quartett wiederzubeleben und den Klimaschutz zum Thema des G8-Gipfels zu machen.

Ein Date mit "Angela"

George W. Bush hat wirklich ziemlich viel zu tun in diesen Tagen. Drüben, im US-Kongress, da hat die Opposition gerade jubelnd die Mehrheit übernommen und ihm den Kampf angesagt. In wenigen Wochen schon steht die jährliche Grundsatzrede "State of the Union" an, da muss er seinem Volk schon was bieten. Doch vor allem erwartet sein Land die lang angekündigte neue Strategie für den Irak. Die Strategie, die Amerika nun endlich zum Sieg führen soll. Zwei anstrengende Stunden musste er darüber gestern per Videokonferenz mit dem irakischen Premierminister Maliki konfererien.

Eigentlich hat Präsident Bush in diesen Tagen wenig Zeit für Staatsgäste, zumal, wenn sie ihm auch noch all die anderen Krisen auftischen, die er lösen soll: Der Nahe Osten, Iran, Afghanistan, Darfur, Klimawandel, die gescheiterte Doha-Freihandelsrunde. Bei solchen Themen würde er am liebsten die Flucht ergreifen. Doch für "Angela" schaufelte er noch einen Termin frei.

Zitat

"Ich habe Angela Merkel viel zugehört. Sie hat sehr viel Weisheit. Ich weiß nicht, ob es ihr hilft oder ihr schadet, wenn ich das sage."

George W. Bush über seine Beratungen mit Angela Merkel

Talks mit Cheney, Rice und Laura Bush

Und so eilte die Bundeskanzlerin in ihrer Eigenschaft als Chefeuropäerin und G-8 Vorsteherin zu einer insgesamt vierstündigen Minivisite nach Washington, gemeinsame Pressekonferenz und Abendessen im "private dining room" des Weißen Hauses inklusive. Sie wolle dem Präsidenten die Agenda der EU- sowie der G-8-Präsidentschaft vorstellen, hatte sie gesagt und dabei wieder einmal auf das persönliche Gespräch gesetzt, auf ihre bodenständige Überzeugungskraft, mit der sie George W. Bush zu einem ihrer größten Fans gemacht hatte. Und der bot auf, was er nur konnte. Stellte der Kanzlerin das "Blair House" zur Verfügung, jenes plüschigen Gästehaus gleich gegenüber vom Weißen Haus, in dem eigentlich nur ausgewählte Gäste auf höchstoffiziellem Staatsbesuch übernachten dürfen. Hatte Vizepräsident Dick Cheney und Außenministerin Rice dabei, brachte zu den Gesprächen überraschend gar Finanzminister Hank Paulsen und Handelsministerin Susan Schwab mit, und zum Abendessen kam auch First Lady Laura Bush dazu.

Klima wird Thema bei G8-Gipfel

Vier Stunden, viele Themen, wenig Konkretes. Man wolle das Verhandlungs-Quartett für den Nahen Osten wiederbeleben, die UN, die EU, Russland und die USA. Bush stimmte zu, will seine Außenministerin bereits nächste Woche in die Region entsenden – wieder einmal, denn bislang waren ihre Missionen glücklos. Man forderte konkrete Signale zur Zusammenarbeit von Syrien, streifte das Grauen im Irak, sprach über den Iran, die endlich verabschiedeten UN-Finanzsanktionen, die Merkel als außerordentlichen Erfolg der Weltgemeinschaft betrachtet. Auch vom Völkermord in Darfur, von Afghanistan und den Qualen des "Nation building" war die Rede, ebenso vom Wunsch nach einer Wiederbelebung des Doha-Freihandelsprozesses, der vor allem an den USA gescheitert war. Vor allem aber habe man den Amerikanern abgerungen, dass der Klimawandel zum zentralen Thema des geplanten G-8 Gipfels in Heiligendamm werde, hieß es in der deutschen Delegation. Auch im Weißen Haus spüre man mittlerweile einen Bewusstseinswandel. Die Chancen technologischer Zusammenarbeit werden nun, ja, in einer Arbeitsgruppe erörtert.

Bush dankt für "gute Ratschläge"

Eine weitere Arbeitsgruppe soll sich mit dem neuen Lieblingsprojekt der Bundeskanzlerin beschäftigen – der transatlantischen "Wirtschaftspartnerschaft", von anderen auch "Freihandelszone" genannt. Übereinkünfte etwa beim Patentrecht, technischen Standards, Zulassungsverfahren oder Finanzmarktaufsicht. Es soll ein ehrgeiziges, gemeinsames Projekt der Europäer mit den USA werden, Basis neuer Zusammenarbeit, vielleicht über Jahrzehnte. Auch das gestand der US-Präsident seiner deutschen Freundin zu, was soll's, es kann nicht schaden. "Die Vereinigten Staaten müssen gute Freunde haben, vor allem in Europa". Schwärmte über "Angelas ambitionierte Agenda", ihre "guten Ratschläge", ihre Weisheit, ihr "Barbecue". Er höre ihr immer gut zu, sagte er. Kann man mehr verlangen von George W. Bush? Soll man mehr verlangen von Angela Merkel?

Im Frühling kommt sie wieder nach Washington, zum Gipfeltreffen zwischen der EU und den USA.