Was passiert derzeit in Venezuela?
Kurz gesagt: ein sehr langsamer, sehr zäher Versuch des Umsturzes. Der amtierende Präsident Nicolás Maduro hat das erdölreiche Land mit seinem linksnationalistischen Kurs an den Rand des Chaos geführt: Die Inflation ist auf Rekordniveau, Lebensmittel gehen aus, Proteste werden gewaltsam unterdrückt. Zuletzt starben an der Grenze zu Brasilien zwei Menschen beim Versuch, Hilfslieferungen ins Land zu bringen. Wegen der sich zuspitzenden Lage erklärte sich der Parlamentspräsident Juan Guaidó Ende Januar zum Interimspräsidenten. Die USA erkannte ihn sofort an, und nach einigem Zögern dann auch die Vertreter Kanadas und der Europäischen Union, wie Deutschland, Spanien, Frankreich und Großbritannien. Der innen- als auch außenpolitisch angeschlagene Maduro hält sich nur noch deswegen an der Macht, weil er den Großteil der oft korrupten Generäle hinter sich weiß. Wie lange das noch sein wird - offen.
Welche Rolle spielen die USA?
Wie so oft, wenn es in Mittel- und Lateinamerika kriselt, versuchen die Vereinigten Staaten mehr oder weniger offensiv ihren Einfluss dort geltend zu machen. Traditionell betrachten die USA die Region als "Hinterhof" und vor allem zwei Staaten stoßen der Regierung in Washington übel auf: Kuba und Venezuela - zwei selbsternannte sozialistische und verbündete Staaten. Auch schon Maduros Vorgänger Hugo Chavez war ein erklärter Gegner der Vereinigten Staaten. Wochen bevor sich Parlamentschef Guaidó zum Übergangspräsidenten erklärt hatte, schlug sich die USA ganz offiziell auf die Seiten der Opposition. Maduro nennt seinen Widersacher eine "Marionette" der USA. Der Ton zwischen den Ländern wurde zuletzt sehr rau, selbst einen Militärschlag will die Regierung von Donald Trump nicht länger ausschließen.

Wie geht es nun weiter?
Mit seiner strikten Weigerung, Hilfsgüter ins Land zu lassen und dafür blutige Zusammenstöße an den Grenzen zu Brasilien und Kolumbien in Kauf zu nehmen, könnte Maduro seinen letzten Kredit verspielt haben. In Kolumbiens Hauptstadt Bogotá trifft sich derzeit der US-Vize-Präsident Mike Pence mit der "Lima-Gruppe", einem Bündnis von Maduro-kritischen Staaten aus der Region. Die 13 Staaten wollen den Druck auf den venezulanischen Staatschef erhöhen und seine Ablösung erzwingen. "Ein Volk, das entschlossen ist, frei zu sein, kann nicht bezwungen werden", twitterte Guaidó vor dem Treffen. Auch Präsident Donald Trump, sein Vize und die Bundesregierung in Berlin betonten, dass es Zeit für ein freies und demokratisches Venezuela sei. US-Außenminister Mike Pompeo aber droht weiter mit dem Militär. "Wir haben gesagt, dass jede Option auf dem Tisch liegt." Der in Mexiko lebende deutsche Soziologe und Ex-Berater von Hugo Chavez, Heinz Dieterich, sagte: "In dem Maße, wie es (den USA) gelingt, Maduro weiter politisch und diplomatisch zu isolieren und ihn finanziell und wirtschaftlich im Würgegriff zu halten, wird die Zeit für ihn immer knapper. Den Militärs ist klar, dass die Überlebenschance für Maduro gleich Null ist."