Wirtschaftskrise im Inselstaat Sri Lankas Krankenhäuser am Abgrund: "Was soll ich tun? Mein Kind lebt möglicherweise nicht mehr lange"

Szene aus einem Krankenhaus in Sri Lanka
Szene aus einem Krankenhaus in Sri Lanka (Archivbild)
© Shan Xijiangongjituan / Xinhua News Agency / Picture Alliance
Sri Lanka ächzt unter einer schweren Wirtschaftskrise. Ein Bericht aus einem Krankenhaus zeigt jetzt, wie schlimm die Lage für die Menschen in dem Inselstaat im Indischen Ozean ist. 

Die Ausgabe von Benzin und Diesel ist auf 20 Liter je Auto beschränkt, es mangelt an Lebensmitteln, immer wieder fällt der Strom aus und das Land ist zahlungsunfähig: Der Inselstaat Sri Lanka steckt in der schwersten Wirtschaftskrise seit seiner Unabhängigkeit 1948 – die Folgen für die rund 22 Millionen Menschen im Land werden immer dramatischer. Das Rote Kreuz in dem Land befürchtet eine "beispiellose humanitäre Krise".

Bericht aus Krankenhaus in Sri Lanka

Ein Bericht des US-Senders CNN zeigt anhand einer Klinik in der Hauptstadt Colombo, was der Mangel im Land schon jetzt bedeutet. Demnach müssen Ärztinnen und Ärzte teils im Schein ihrer Handy-Taschenlampen operieren, medizinische Geräte wie Tuben für die Beatmung oder Katheter müssen wiederverwendet werden, es fehlt an den nötigsten Medikamenten.

Expertinnen und Experten gingen davon aus, dass die Zahl der Todesfälle durch den Mangel an medizinischer Ausrüstung die Zahl der 16.000 Covid-19-Toten in Sri Lanka übersteigen könnte: "Das ist eine Krise und wir können nicht vorhersagen, wie schlimm sie werden wird", sagte Athula Amarasena von der Staatlichen Apotheken-Vereinigung dem Sender.

Derweil hofften Eltern auf Medikamente, die für ihre Kinder das Überleben bedeuten können. Ein Dreijähriger benötige dringend eine krampflösendes Medikament, eine Siebenjährige brauche ein Mittel für ihre Chemotherapie. Doch die Präparate seien nirgends im Land erhältlich, berichteten die verzweifelten Eltern den CNN-Reporterinnen. "Selbst mit Geld lässt sich nichts machen", sagte ein Vater. Ein anderer: "Was soll ich tun? Mein Kind lebt möglicherweise nicht lange, wenn es die Medikamente nicht erhält."

Der Mangel belaste auch das medizinische Personal. "Wir mussten schwierige Entscheidungen treffen, insbesondere auf der Intensivstation, zum Beispiel wer leben darf und wer nicht", berichtete eine Ärztin dem Sender. "Wir können weiterhin Patienten aufnehmen, haben aber keine Möglichkeit, sie zu behandeln." Unter anderem fehle es an Betäubungsmitteln.

Trotz der Berichte über die drastischen Zustände in den Krankenhäusern des Landes versuchte sich die Regierung lange in Beschwichtigung. Inzwischen werde der Mangel an bestimmten Medikamenten und Geräten jedoch eingestanden. "Ich würde dies eher als Herausforderung und noch nicht als Krise bezeichnen", sagte ein Vertreter des Gesundheitsministeriums CNN und versprach: Der Mangel werde binnen zwei Wochen gelöst.

Zweifel daran sind angebracht. Die Regierung von Sri Lanka erweist sich zurzeit als wenig handlungsfähig. Viele der Einwohnerinnen und Einwohner verlangen inzwischen die Ablösung von Präsident Gotabaya Rajapaksa und Premierminister Mahinda Rajapaksa, dessen Bruder. Dem hoch verschuldeten Staat fehlen die finanziellen Mittel für Importe aus dem Ausland. Nun soll versucht werden, die Schulden umzustrukturieren. In der kommenden Woche soll es dazu in Washington Gespräche mit dem Internationalen Währungsfonds geben. Das Land hofft auch auf weitere finanzielle Hilfen aus China und Indien.

Viele Tote befürchtet

Die Regierung hat außerdem seine im Ausland lebenden Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, Geld in die Heimat zu überweisen. Die Zentralbank garantiere, dass das Geld "ausschließlich für den Import lebenswichtiger Güter wie Lebensmittel, Treibstoff und Medikamente genutzt wird". Das Land werde selbst 200 Millionen Dollar (185 Millionen Euro), die es seit Montag eigentlich an Kreditzinsen hätte zahlen müssen, für solche Importe ausgeben, versicherte der Chef der Zentralbank. Premierminister Rajapaksa warnte sein Land angesichts der Proteste vor der Rückkehr zu Bürgerkriegszeiten.

In einem offenen Brief warnte die Ärztekammer Sri Lankas in des vor etwas anderem. "Ohne dringende Nachschubversorgung muss die Notfallbehandlung möglicherweise auch innerhalb weniger Wochen, wenn nicht Tage, eingestellt werden." Dies werde "zu einer katastrophalen Zahl von Todesfällen führen". Es ist ein Blick in den Abgrund, in den das Gesundheitssystem des Landes zu stürzen droht.

Quellen: CNN, Nachrichtenagenturen AFP und DPA