Wer hat die Nord-Stream-Pipelines in die Luft gesprengt? Seit dem Anschlag auf die Gasröhre zwischen Russland und Lubmin im vergangenen September sind gleich eine Reihe von Nationen auf der Suche nach den Verantwortlichen. Die "New York Times" (NYT) berichtet nun mit Verweis auf Geheimdienstberichte, dass eine "pro-ukrainische Gruppe" hinter den Explosionen steckt. Details nennt das US-Blatt aber nicht.
Keine Verbindungen zur Kiewer Regierung
"Offizielle US-Stellen haben keine Beweise dafür, dass es eine Verbindung vom ukrainischen Präsidenten und seinen engen Mitarbeitern zu der Operation gibt. Und auch nicht dafür, dass die Täter im Auftrag der ukrainischen Regierung gehandelt hätten", zitiert die "NYT" nicht weiter genannte US-Beamte. Sie glauben nach Durchsicht der Berichte, dass die Saboteure sehr wahrscheinlich Ukrainer oder Russen seien, oder beides. Amerikanische oder britische Staatsbürger seien wohl nicht involviert.
Die beiden Pipelines in der Ostsee sind rund 1200 Kilometer lang. Während Nord Stream 1 2011 an den Start ging, wurde Nord Stream 2 zwar fertiggebaut, aber wegen der russischen Ukraine-Invasion nie in Betrieb genommen. Bei dem Anschlag wurden drei der vier Röhren in der Nähe der dänischen Insel Bornholm beschädigt. Die Behörden des Landes ermitteln, ebenso wie die Deutschlands und Schwedens – über ihre Erkenntnisse halten sie sich bedeckt. Als gesichert gilt bislang nur, dass die Zerstörung der Röhren keine natürliche Ursache hat.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hatte im Dezember ein Schiff Richtung Unglücksort geschickt, um die Pipelines zu untersuchen. Ein Tauchroboter machte Aufnahmen aus rund 70 Meter Tiefe. Aufgrund des Ausmaßes der Zerstörung schätzt ein Experte, dass mehrere hundert Kilo Sprengstoff für die Detonation nötig waren. Vermutlich wurde die Ladung an mehreren Stellen zeitgleich gezündet. Eine Sprengung von innen sei Fachmann Fritz Pfeiffer zufolge unwahrscheinlich.
Warum sollte Moskau Nord Stream sprengen?
Wer aber hinter der Sabotage steckt, ist weiterhin unklar. Verdächtigt wurde und wird unter anderem Russland selbst – auch wenn unklar ist, warum die Regierung in Moskau Pipelines sprengen sollte, die für den Export von russischem Erdgas bestimmt sind. Als mögliches Motiv wird die Verunsicherung der Gasmärkte genannt. Die russische Regierung hat jegliche Verantwortung von sich gewiesen und mit dem Finger auf Washington gezeigt. Die US-Regierung hatte sich gegen den Bau von Nord Stream 2 gestemmt und das Projekt als geopolitisches Druckmittel des Kreml verurteilt.
Aber auch die Ukraine hat ein Motiv für das Aus von Nord Stream. Denn mit der Gasröhre wird der kostbare Rohstoff an dem Land vorbeigeleitet, wodurch der Regierung in Kiew Durchleitungsgebühren entgehen. Offizielle Stellen und der dortige Geheimdienst weisen jede Verwicklung in dem Anschlag aber zurück.
Laut der "New York Times" haben die nachrichtendienstlichen Erkenntnisse ergeben, dass es sich bei den Saboteuren um Gegner des russischen Präsidenten Wladimir Putin handeln soll. Weitere Informationen dazu gibt es bislang aber nicht. Ebenso wenig darüber, wer die aufwendige Aktion finanziert haben könnte.
US-Marinetaucher hinter Anschlag?
Anfang Februar sorgte der bekannte US-Investigativreporter Seymour Hersh mit einem Bericht für Aufsehen, demzufolge die USA die Pipelines gesprengt haben sollen. US-Marinetaucher hätten im Juni bei einer vom Weißen Haus angeordneten und vom US-Auslandsgeheimdienst CIA geplanten verdeckten Operation mithilfe Norwegens Sprengsätze an den Gaspipelines angebracht. Die Sprengsätze seien dann im September ferngezündet worden. Die US-Regierung hat dies entschieden zurückgewiesen.
Quellen: DPA, "New York Times", "Zeit"