Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat die rockerähnliche Gruppe "Osmanen Germania BC" verboten und ihnen jede Tätigkeit untersagt. "Von dem Verein geht eine schwerwiegende Gefährdung für individuelle Rechtsgüter und die Allgemeinheit aus", erklärte das Ministerium am Dienstag in Berlin. Zudem liefen am Morgen Razzien in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Bayern und Hessen.
In Stuttgart läuft seit März ein Prozess gegen acht mutmaßliche Mitglieder, darunter drei, die zur weltweit höchsten Führungsebene gerechnet werden. Den Männern wird unter anderem versuchter Mord, Erpressung, Drogenhandel, Zwangsprostitution sowie Zuhälterei und Freiheitsberaubung vorgeworfen.
Die Gruppe der "Osmanen Germania BC" wächst schnell
Die türkisch-nationalistische Gruppierung wird von den deutschen Sicherheitsbehörden als rockerähnliche Gruppe eingestuft. In Auftreten und Struktur ähneln sie Rockerorganisationen wie den "Hells Angels", bei ihnen spielen Motorräder aber keine Rolle. Die "Osmanen Germania BC" bezeichnen sich als Boxclub, wollen sich angeblich um Jugendliche kümmern. Tatsächlich sprechen sie mit ihrer Taktik, ihrem Auftreten und dem Thema Kampfsport viele Jugendliche an und generieren darüber eine Vielzahl an Mitgliedern.
Die nach eigenen Angaben erst 2015 gegründete Gruppierung zählt zu den am schnellsten wachsenden Gruppen in Deutschland, die meisten Clubs befinden sich in Nordrhein-Westfalen und Hessen. Der Boxclub expandierte bereits europaweit und zählt inzwischen (laut eigenen Veröffentlichungen) in ihren gut 40 Ortsgruppen 2500 Mitglieder in Deutschland, 3500 weltweit.
Drogen, Geldwäsche und Terrorfinanzierung
Die Osmanen Germania stehen unter Verdacht, illegale Geschäfte und organisierte Kriminalität zu betreiben. Mehrmals wurden bei Razzien Drogen, Schusswaffen, Munition und hohe Summen Bargeld konfisziert und einzelne Mitglieder festgenommen. Zuletzt nahmen Spezialeinheiten der Polizei Clubs in Hessen, Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, im Saarland und in Hamburg ins Visier. "Die Mitglieder, die wir in NRW kennen, haben wir überprüft und festgestellt, dass 70 Prozent von ihnen schon strafrechtlich in Erscheinung getreten sind", sagt Thomas Jungblut vom Landeskriminalamt NRW. "Meistens mit Körperverletzungsdelikten, Betäubungsmittel- und kleineren Eigentumsdelikten, in der Mehrheit türkischer Herkunft."
Die "Osmanen Germania" stehen nach Einschätzung des NRW-Innenministeriums auch in Verbindung zur türkischen Regierungspartei AKP und zum Umfeld des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Darüber hinaus bestünde der Tatverdacht der Geldwäsche und Terrorfinanzierung, sagt Sebastian Fiedler vom BDK. Auch Verbindungen in die Salafisten-Szene werden vermutet.
Eine ausführliche Hintergrundgeschichte zu den "Osmanen Germania" finden Sie diese Woche in der aktuellen Printausgabe des Stern, die am Donnerstag, 12. Juli, erscheint. Die Reporter Barbara Opitz und Jonas Breng recherchierten über Monate hinweg im Rockermilieu und trafen mehrere Aussteiger der "Osmanen Germania" zum Gespräch.
