Die grundsätzliche Zustimmung von SPD-Chef Kurt Beck zum Einsatz deutscher Soldaten als Teil einer UN-Friedenstruppe im Libanon stößt in der SPD auf Vorbehalte. "Ein gutes Drittel der Fraktion wird sich mit deutscher militärischer Beteiligung sehr, sehr schwer tun", sagte der stellvertretende Fraktionschef Ludwig Stiegler der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse". Becks Vorstoß sei zwar durch die Beratungen im Präsidium gedeckt. Auch dort habe es jedoch "eine ganze Menge kritische Fragen" gegeben. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Struck hat angekündigt, dass bei einer eventuellen Abstimmung über den Bundeswehreinsatz der Fraktionszwang für die Abgeordneten aufgehoben wird.
Der Sprecher der Parlamentarischen Linken, Ernst Dieter Rossman, sagte, bei dem zu erwartenden robusten Mandat für die Friedenstruppe sei nicht auszuschließen, "dass deutsche Soldaten möglicherweise auf Israelis schießen müssten". Er könne sich daher allenfalls eine "logistische oder Sanitätsunterstützung" durch die deutsche Seite vorstellen.
CSU dagegen, CDU dafür
Unterstützung bekommt Rossmann von unerwarteter Seite. CSU-Chef Edmund Stoiber hat einen Einsatz deutscher Soldaten mit dem Hinweis auf die deutsche Geschichte strikt abgelehnt und kann sich allenfalls die Ausbildung von Sicherheitskräften oder eine Entsendung von Sanitätern vorstellen. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla nannte Becks Positionierung vorschnell.
Dagegen sagte der außenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Eckart von Klaeden, am Montag im Deutschlandradio Kultur, dass Deutschland einen Beitrag zur Lösung des Konflikts leisten müsse, stehe völlig außer Frage. Von Klaeden erklärte, es sei falsch, eine militärische Beteiligung grundsätzlich auszuschließen. Die Regierung müsse nun sondieren, welchen Charakter der deutsche Beitrag zu einer Friedenslösung für den Nahen Osten haben solle, sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung". Er wolle sich aber nicht festlegen, ob es sich um einen militärischen oder nichtmilitärischen Einsatz handeln werde. Auch Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hat sich für eine Einsatz ausgesprochen. Er hatte im ZDF gesagt, Deutschland könne sich nicht verweigern, "wenn alle uns bitten, einen Beitrag zu leisten".
Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte, Deutschland könne bei einem europäischen Einsatz nicht außen vor bleiben. "Wir sagen: Wir wollen uns nicht verweigern. Wir können uns nicht verweigern", erläuterte Schäuble im ZDF-"Morgenmagazin". "Wir haben darüber gesprochen, ob wir bei der Grenzsicherung helfen können", sagte Schäuble. Ein Einsatz deutscher Soldaten sei aber noch keineswegs sicher. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte erklärt, Israel sehe "offenbar in einer deutschen Beteiligung kein Problem". Das müsse bei einer Entscheidung im Kabinett und im Bundestag berücksichtigt werden.
Anders als die Koalitionsparteien ergeben die Oppositionsparteien FDP und Grüne ein einheitliches Bild ab. Sie sind gegen den Bundeswehreinsatz. FDP-Chef Guido Westerwelle sagt der "Saarbrücker Zeitung": Wenn es eine Region in der Welt gibt, wo deutsche Soldaten nichts zu suchen haben, dann im Nahen Osten an der Grenze zu Israel. Schon unsere Geschichte verbietet dies. Und wir müssen nicht bei jedem Einsatz der Vereinten Nationen dabei sein." Westerwelle äußerte vor allem die Sorge, dass in einem möglichen Gefecht ein deutscher Soldat womöglich einen israelischen Soldaten töten müsse. "Eine solche Vorstellung raubt mir den Atem", sagte Westerwelle. Deshalb "appelliere ich an die Bundeskanzlerin, die Debatte durch ein klares Grundsatzwort endlich zu beenden".
Grüne sind gegen Beteiligung
Der Grünen-Sicherheitsexperte Winfried Nachtwei hält eine Beteiligung der Bundeswehr an der UN-Truppe im Libanon für kaum möglich, weil eine Friedenstruppe immer neutral sein müsse. "Eine solch strikt neutrale Rolle könnten Bundeswehr-Soldaten nicht einnehmen. Israelischen Soldaten mit Waffengewalt gegenüber zu treten, ist politisch nicht durchhaltbar", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Es sei auch kaum vorstellbar, deutsche Soldaten dort zu stationieren, wo sie nicht auf Israelis träfen, wie es Beck vorgeschlagen hatte. "Man ist nicht einfach nur ausführendes Organ, sondern auch im Hauptquartier dabei", sagte Nachtwei.
Beck hatte als erster führender Koalitionspolitiker einen Einsatz der Bundeswehr im Nahen Osten in Aussicht gestellt. "Es wird sicher kein ’Nein’ geben", sagte er in einem ARD-Interview. Denkbar seien Hilfen bei der Absicherung vom Meer aus und ein Einsatz der Bundespolizei bei der Grenzsicherung. So werde vermieden, dass ein deutscher Soldat im Konflikt israelischen Truppen gegenüber stehe. Ihm gehe es aber nicht vorrangig um die Entsendung von Soldaten, sondern um eine Gesamtlösung.

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Der Sicherheitsrat der UN will im Libanon nach dem Ende der Kämpfe zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah-Miliz bis zu 15.000 UN-Soldaten stationieren. Kanzlerin Angela Merkel hatte sich in den vergangenen Wochen mit Blick auf die Belastung der Bundeswehr zurückhaltend zu einer deutschen Beteiligung an einer UN-Truppe geäußert und eher zivile Beiträge wie Hilfen bei der Ausbildung von libanesischer Polizei und Armee ins Gespräch gebracht. Israels Ministerpräsident Ehud Olmert bat ausdrücklich um die Entsendung deutscher Soldaten.