CDU und SPD Zankapfel Gesundheitsreform

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt beharrt in einem Brief an die Koalitionsabgeordneten auf der Umsetzung der Eckpunkte zur Gesundheitsreform. Doch es regt sich Widerstand in der CDU.

Bei der Begrenzung der geplanten Zusatzprämie für Kassenpatienten gebe es keine von den Eckpunkten abweichende Verabredung, schrieb die Ministerin zu anders "lautenden Presseberichten. Entsprechende Forderungen hatten unionsregierte Länder aufgestellt. Deren Gesundheitsminister wollen ihre Position an diesem Sonntag bei einem Sondertreffen in Berlin abstimmen.

PKV kündigt Widerstand an

Nach den gesetzlichen Krankenkassen droht jetzt auch die private Krankenversicherung mit massiven Aktionen gegen die geplante Gesundheitsreform. "Wenn diese Reform so kommen sollte, wie sie sich abzeichnet, werden wir unsere Versicherten informieren und aufklären" sagte der Direktor des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (PKV), Volker Leienbach, der "Welt am Sonntag". Die mit der Reform einhergehenden "politisch gewollten" Beitragssatzsteigerungen bezifferte Leienbach auf "bis zu 50 Prozent". Der PKV-Geschäftsführer bezog sich hierbei auf die Koalitionsabsprache, in der privaten Krankenversicherung einen einheitlichen Basistarif zu schaffen, den einzelnen Kassen die Ablehnung von Antragstellern nicht mehr zu gestatten und abwandernden Versicherten bei einem Kassenwechsel die Altersrückstellungen mitzugeben. Leienbach sagte, die Branche sei durch diese Pläne "in allerhöchstem Maße alarmiert". Sollte die Reform tatsächlich so kommen, sei dies das Ende eines erfolgreichen Geschäftsmodells. Insbesondere die CDU/CSU verliere ihre eigenen Grundsätze der sozialen Marktwirtschaft, wenn sie die PKV zusammen mit der SPD faktisch abschaffe.

Müntefering: Abstimmung mit Ländern nicht um jeden Preis

Schmidt bat die Parlamentarier von Union und SPD in ihrem am Samstag veröffentlichten Brief, die "Darstellungen als das zu nehmen, was sie sind: Zeitungsenten. Die im Juli vereinbarten Eckpunkte gelten. Sie werden umgesetzt".

Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) stellte indes klar, dass die Abstimmung mit den Ländern nicht um jeden Preis vor Beginn der parlamentarischen Beratungen über die Gesundheitsreform stattfinden müsse: "Wir können uns nicht im Vorhinein in einer Endlosschleife zu jedem Detail die Genehmigung des Bundesrates holen", sagte der Arbeits- und Sozialminister der "Berliner Zeitung" (Samstag). "Wenn dann zu viele Ministerpräsidenten blockieren, dann landen wir halt im Vermittlungsausschuss." In diesem Gremium suchen Vertreter beider Kammern eine Einigung in Streitfällen zwischen Bundestag und Bundesrat.

Laumann droht mit Nein zur Gesundheitsreform

Der nordrhein-westfälische Sozialminister Karl-Josef Laumann hat offen mit einer Ablehnung der Gesundheitsreform gedroht. "Ich werde am Ende keiner Gesundheitsreform zustimmen, die unsinnig ist", sagte der CDU-Politiker der "Bild am Sonntag". "Union und SPD müssen die Probleme überwinden, sonst macht das keinen Sinn."

Unmittelbar vor dem Treffen der Gesundheitsminister der Union am Sonntag in Berlin forderte Laumann dem Blatt zufolge tiefgreifende Änderungen am Reformkonzept. Beim Gesundheitsfonds müsse man "verhindern, dass eine Mammutbürokratie aufgebaut wird", sagte der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales. "Ich bin der Meinung, dass die Beiträge weiterhin von den Krankenkassen eingezogen werden sollten." Die vorgesehenen Kürzungen bei den Krankenhäusern halte er "überhaupt nicht für machbar", kritisierte Laumann. Außerdem bleibe die geplante Zusatzprämie "ohne Wirkung", wenn der Zusatzbeitrag auf ein Prozent des Haushaltseinkommens begrenzt werde.

Laumann, der auch Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) ist, warnte vor einem Scheitern der Koalition und einer Beschädigung der Regierungsparteien. Sollte die Gesundheitsreform nicht gelingen, "wäre klar, dass die große Koalition auf einem zentralen Politikfeld nicht handlungsfähig ist", sagte Laumann. "Das würde nicht nur den Fortbestand von Schwarz-Rot gefährden, das wäre für beide Volksparteien ein großer Schaden." Der CDU-Politiker bekräftigte: "Bei der Finanzierung des Gesundheitswesens sind CDU und SPD am weitesten auseinander. Das geht an die Substanz der Koalition, keine Frage."

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Kanzleramtsminister besteht auf Eckpunkten zur Gesundheitsreform

Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU), hat klargestellt, dass die Koalition auf der Einführung des umstrittenen Gesundheitsfonds bestehen werde. Zugleich appellierte der Vertraute von Bundeskanzlerin Angela Merkel an CDU, CSU und SPD, "einmal vereinbarte Eckpunkte auch durchzutragen, auch gegen Widerstände". In einem Interview mit der "Leipziger Volkszeitung" wies er zugleich Vermutungen zurück, die Kanzlerin und die Union hielten mittlerweile nur noch deshalb am Gesundheitsfonds fest, weil andernfalls die Machtbasis der Regierungschefin bröckeln würde. "Die These ist Unsinn", zitierte das Blatt de Maizière. "Wir bestehen nicht darauf, weil das irgendjemand besonders will, sondern weil es vereinbart ist in den Eckpunkten zur Gesundheitsreform. Der Gesundheitsfonds - sauber konstruiert - ist gut und richtig, um Wettbewerb in das System zu bringen, um die bisherigen Unübersichtlichkeiten aufzulösen", sagte der Kanzleramtsminister.

AP · DPA
DPA/AP