Einbürgerungs-Debatte Stoiber will US-Test

Warum machen wir es nicht wie die Amis? Findet zumindest Edmund Stoiber und bringt so einen neuen Vorschlag in die seit Tagen zwischen der CDU und ihrem Koalitionspartner schwelende Debatte um den Einbürgerungstest ein.

In der Diskussion um Einbürgerungstests für Ausländer hat der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber verpflichtende Bewerbergespräche nach amerikanischem Vorbild vorgeschlagen. "Man könnte das zum Beispiel in Form eines Interviews mit anschließender Prüfung machen - so wie in Amerika oder Kanada", sagte Stoiber der "Bild"-Zeitung. Die CSU werde bis April entsprechende "eigene Vorschläge bei den Innenministern von Bund und Ländern und in der großen Koalition in Berlin einbringen."

Zugleich mahnte der CSU-Vorsitzende die SPD, ihre ablehnende Haltung zu Einbürgerungstests aufzugeben. "Die Ablehnung der SPD ist durch nichts verständlich." Es gehe allein darum, dass der, der "eingebürgert werden will, unsere Grundüberzeugungen kennt und teilt". Es müsse für jeden neuen Deutschen klar sein, "dass bei uns das Gewaltmonopol des Staates gilt und nicht etwa das Gewaltmonopol des türkischen Mannes", sagte Stoiber.

"Einbürgerung ist eine nationale Angelegenheit

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach sich erneut für die Einführung eines bundesweit einheitlichen Tests aus. Merkel sagte in Trier, wer Bürger eines Landes werden wolle, habe die Pflicht, sich mit diesem Land ein Stück weit auseinander zu setzen. Zu diesem Zweck gebe es Integrationskurse: "Danach kann man auch ein paar Fragen beantworten", sagte die CDU-Chefin.

Unionsfraktionschef Kauder versprach eine Lösung bis zur Sommerpause. "Die Einbürgerung ist eine nationale Angelegenheit. Man wird nicht in ein Bundesland, sondern in die Bundesrepublik Deutschland eingebürgert." Er könne sich "nicht vorstellen, dass ein Land sich dem Vorwurf ausgesetzt sehen will, dort gebe es den deutschen Pass quasi zum Nulltarif", sagte der CDU-Politiker der Zeitung "Die Welt".

"Mit der SPD wird es Einbürgerungstests nicht geben"

Widerspruch gab es von Seiten der SPD und der Grünen. Aber auch Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Armin Laschet (CDU) lehnte Tests, wie sie in Hessen geplant und in Baden-Württemberg praktiziert werden, ab. "Die Einbürgerungstests treffen die Falschen - nämlich gerade die Zuwanderer, die sich zur Einbürgerung entschlossen haben und ihre Nationalität aufgeben wollen", sagte er in Köln. "Wir haben nicht zu viele, sondern zu wenige, die sich einbürgern lassen wollen." Die CDU/FDP-Landesregierung in Düsseldorf hält die Rechtslage für ausreichend. Danach kann Deutscher werden, wer acht Jahre in Deutschland lebt sowie Sprachkenntnisse, sicheren Unterhalt und ein Bekenntnis zur Verfassung vorweisen kann.

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Ute Vogt schloss die Einführung eines Einbürgerungstests sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene kategorisch aus. "Mit der SPD wird es beides nicht geben", sagte die SPD-Spitzenkandidatin zur baden-württembergischen Landtagswahl der in Hannover erscheinenden "Neue Presse". Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) forderte die SPD indes zum Einlenken auf.

"Feierliche Formeln erinnern an die DDR"

Die Grünen bekräftigten ihr Nein zu den Tests. Der strittige hessische Fragebogen habe keine Rechtsgrundlage, sagte ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Volker Beck dem Fernsehsender n-tv. Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt lehnte einen von Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) geforderten Eid bei der Einbürgerung ab. "Mich erinnern solche leicht gelernten feierlichen Formeln an die Jugendweihe in der DDR", schrieb die in der DDR aufgewachsene Grünen-Politikerin in der Wochenzeitung "Rheinischer Merkur".

Kauder kündigte einen "Nationalen Aktionsplan Integration" an, mit dem Bund, Länder und Kommunen Maßnahmen zur Integration koordinieren sollen. Es gehe um die Vermittlung von Sprachkompetenz bereits im Elternhaus, damit junge Leute aus Zuwandererfamilien einen Schulabschluss und einen Arbeitsplatz erreichen. Für das Projekt brauche man finanzielle Mittel. "Zum Nulltarif lässt sich eine solche Integrationspolitik nicht umsetzen." Zugleich nahm Kauder die Debatte über eine Leitkultur wieder auf. "Wenn man Leitkultur als Kultur definiert, die unsere Gesellschaft prägt und leitet, bin ich damit sehr einverstanden."

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!

Die FDP-Politiker Gisela Piltz und Sibylle Laurischk nannten die Diskussion über Einbürgerungstests eine Scheindebatte. Aus der begrüßenswerten Debatte über Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft sei ein Wahlkampfgetöse mit Quizshow-Elementen geworden. Der hessische Katalog eigne sich "vielleicht für eine Führerscheinprüfung, aber nicht für die Einbürgerung".

Bei den Bundesbürgern stößt die Forderung nach verpflichtenden Einbürgerungstests auf Zustimmung. Nach einer Forsa-Umfrage für n-tv halten fast zwei Drittel (64 Prozent) der 1001 Befragten (20./21 März) Einbürgerungstests grundsätzlich für sinnvoll. Nein sagen dazu 33 Prozent.

AP · DPA · Reuters
DPA/AP/Reuters