Im unions-internen Streit um den Ausbau der Kleinkinder-Betreuung steht nach Informationen der "Passauer Neuen Presse" vor allem Fraktionschef Volker Kauder unter Beschuss. Dessen Erklärungen zur Familienpolitik nach dem Treffen des Koalitionsausschusses am Montagabend würden in der Parteispitze als "klassisches Eigentor" bewertet, meldet die Zeitung unter Berufung auf die CDU-Führung. Die Parteivorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel habe Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) mitgeteilt, sie sei wegen Kauders Äußerungen "stinksauer".
Kauder hatte erklärt, es sei noch gar nicht klar, dass von 2010 an ein zusätzlicher Bedarf an Krippenplätzen bestehe. Von der Leyen will dagegen das Angebot so ausweiten, dass für jedes dritte Kleinkind ein Angebot besteht. Darin ist sie sich zwar mit dem Koalitionspartner SPD, nicht aber mit allen Vertretern ihrer eigenen Partei einig.
"Strategische Dummheit ersten Ranges
Der frühere CDU-Generalsekretär und Bundesfamilienminister Heiner Geißler griff seine Partei deshalb scharf an: "Das ist für die CDU eine strategische Dummheit ersten Ranges", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung" mit Blick auf die Vereinbarung der großen Koalition, zunächst nur 230.000 zusätzliche Krippenplätze für unter Dreijährige zu schaffen und den weiteren Bedarf zu prüfen. "Manche haben einen Rechenschieber statt einer politischen Strategie. Das ist keine strategische Meisterleistung, sondern das Gegenteil."
Merkel erklärte am Mittwoch in den ARD-"Tagesthemen": "Es geht ja nicht darum, den Bedarf zu prüfen. Sondern es geht darum, die Länder zu fragen, wie weit sie bei der Umsetzung der Betreuung von Kinderkrippenplätzen für Kinder unter drei Jahre sind. Wir haben ja Ziele - bis 2010 230.000 Plätze und wir haben das Ziel dann weiterzugehen."
Finanzielle Beteiligung des Bundes am geplanten Krippenausbau fraglich
In der Kritik steht die Union auch beim Städte- und Gemeindebund. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg äußerte in der "Berliner Zeitung" den Verdacht, dass Kanzlerin Merkel eine finanzielle Beteiligung des Bundes am geplanten Krippenausbau nicht in Betracht zieht. "Das Ergebnis des Koalitionsausschusses ist in diesem Punkt enttäuschend." Wenn 500.000 zusätzliche Plätze gewollt seien, müsse die solide Finanzierung sichergestellt werden: "Die Kommunen müssen wissen, in welchem Umfang sich der Bund beteiligt", sagte Landsberg.
Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Elke Ferner kritisierte indes die Praxis von Freizeiteinrichtungen, volle Familienrabatte nur dann zu gewähren, wenn Eltern zu zweit ihre Kinder begleiten. Die Betreiber müssten sich "auch bei der Preisgestaltung endlich an einem Familienbegriff zu orientieren, der der Realität und nicht dem Wunschdenken entspricht", sagte Ferner, die auch Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen ist, der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Ausgerechnet Alleinerziehende, die oft unter der Armutsgrenze lebten, kämen nicht in den Genuss der Familienrabatte vieler Museen, Schwimmbäder, Planetarien oder Zoos.