Flugblatt-Affäre "Sache aus meiner Sicht abgeschlossen": Söder hält an Aiwanger fest

Markus Söder bei der kurzfristig einberufenen Pressekonferenz am Sonntagvormittag
Markus Söder bei der kurzfristig einberufenen Pressekonferenz am Sonntagvormittag
© Sven Hoppe / DPA
Im Zuge der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt sorgt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder vorerst für Klarheit: Er will Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger im Amt belassen.

Die Causa Hubert Aiwanger stellte Markus Söder vor ein echtes Dilemma. Nun ist klar: Bayerns Ministerpräsident will seinen Stellvertreter trotz zahlreicher Vorwürfe in der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt aus Schulzeiten aktuell nicht entlassen. Das gab er am Sonntag in einer Pressekonferenz bekannt. Zuvor hatten das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) und die DPA berichtet. 

Söder: Eine Entlassung wäre nicht verhältnismäßig

Eine Entlassung wäre aus seiner Sicht nicht verhältnismäßig, sagte Söder. Vor seiner Entscheidung habe er ein langes Gespräch mit Aiwanger geführt. Aiwangers Krisenmanagement sei zwar "nicht glücklich" gewesen. Dessen Entschuldigung sei aber "nicht zu spät" gekommen. Damit sei die Angelegenheit aus seiner Sicht vom Tisch, erklärte Söder.

Seine Entscheidung begründete Söder mit fünf Punkten. Nach Bewertung "aller vorliegenden Fakten" stelle es sich für ihn am Ende so dar, sagte der CSU-Chef: "Erstens: er hat in seiner Jugend wohl schwere Fehler gemacht, das auch zugestanden. Er hat sich dafür zweitens entschuldigt, davon distanziert und auch Reue gezeigt."

Und weiter: "Drittens: Ein Beweis jedoch, dass er das Flugblatt verfasst oder verbreitet hat, gibt es bis heute nicht, dagegen steht seine ganz klare Erklärung, dass er es nicht war. Viertens: Seit dem Vorfall von damals gibt es nichts Vergleichbares. Fünftens: Das Ganze ist in der Tat 35 Jahre her. Kaum einer von uns ist heute noch so wie er mit 16 war."

Sehen Sie Söders Erklärung im Video: 

Video: Aiwanger bleibt - Söder entscheidet gegen Entlassung in Flugblatt-Affäre
Aiwanger bleibt - Söder entscheidet gegen Entlassung in Flugblatt-Affäre

Der Chef der Freien Wähler hatte zuletzt einen umfangreichen Fragenkatalog Söders zu den Vorwürfen schriftlich beantworten müssen. Danach traf Söder nun – wie angekündigt – seine Entscheidung. CSU und Freie Wähler haben bisher stets erklärt, ihre Koalition nach der Wahl fortsetzen zu wollen.

Aiwanger: Flugblatt-Vorwürfe als "Schmutzkampagne gescheitert"

Aiwanger selbst bezeichnete die Vorwürfe im Zuge der Flugblatt-Affäre fast zeitgleich als gescheiterte politische Kampagne gegen ihn. "Das war ein schmutziges Machwerk", sagte Aiwanger am Sonntag bei einem Wahlkampfauftritt in einem Bierzelt in Grasbrunn (Landkreis München). "Die Freien Wähler sollten geschwächt werden." Doch die Partei sei durch die Vorwürfe "gestärkt worden", sagte Aiwanger. "Wir haben ein sauberes Gewissen." Seine Gegner seien mit ihrer "Schmutzkampagne gescheitert".

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Von dieser "Kampagne" würden sich später noch einige Beteiligte distanzieren müssen, sagte Aiwanger. 

Seit rund einer Woche tobt die Flugblatt-Affäre

Gegen Aiwanger waren seit einer Woche immer neue Vorwürfe laut geworden (die Irrungen und Wirrungen der vergangenen Tage können Sie hier nachlesen). Am Samstag vor einer Woche hatte er zunächst schriftlich zurückgewiesen, zu Schulzeiten ein antisemitisches Flugblatt geschrieben zu haben, über das die "Süddeutsche Zeitung" berichtet hatte. Gleichzeitig räumte er aber ein, es seien "ein oder wenige Exemplare" in seiner Schultasche gefunden worden. Kurz darauf erklärte Aiwangers älterer Bruder, das Pamphlet geschrieben zu haben.

Am Donnerstag entschuldigte sich Aiwanger erstmals öffentlich. In Bezug auf die Vorwürfe blieb er bei bisherigen Darstellungen – insbesondere, dass er das Flugblatt nicht verfasst habe und dass er sich nicht erinnern könne, als Schüler den Hitlergruß gezeigt zu haben. Auf X (ehemals Twitter) wies er zudem den Vorwurf, er habe Hitlers "Mein Kampf" in der Schultasche gehabt, als "Unsinn" zurück. Zu weiteren Vorwürfen äußerte er sich entweder nicht oder sagte, er könne diese aus seiner Erinnerung weder dementieren noch bestätigen.

Gleichzeitig ging der Freie-Wähler-Chef zum Gegenangriff über, beklagte eine politische Kampagne gegen ihn und seine Partei – was ihm sofort neue Vorwürfe etwa des Zentralrats der Juden einbrachte.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel wurde aktualisiert.

DPA
yks